Fundi-Debatte
Theologische Beiträge zur Phänomen ologie und Hermeneutik des christlichen Fundamentalismus
Copyright Thomas Plaßmann
Die Beiträge von werkstattgespräche-fundamentalismus.de beleuchten das Spektrum des christlichen Fundamentalismus, beginnend mit progressiven bis hin zu konservativen Perspektiven. > Literaturverzeichnis
"In der Öffentlichkeit redet man vom Fundamentalismus erst seit etwa Ende der siebziger Jahre. … Ursprünglich wurde der Begriff »Fundamentalismus« im bejahenden Sinne von Leuten verwandt, die sich selber Fundamentalisten nannten. Sie prägten das Wort im Jahre 1910 in den USA, um damit ihre eigene Form von christlicher Gläubigkeit zu kennzeichnen.
Der polemische Gebrauch des Wortes »Fundamentalismus« wiederum hatte ursprünglich nichts mit dem zu tun, was man heute unter »Fundamentalismus« versteht; er bezog sich nicht auf die beiden Bereiche, in denen man ihn heute meist ansiedelt: auf Religion und Politik, sondern auf die Wissenschaftstheorie und geht auf Hans Albert zurück, einen Vertreter der philosophischen Schule des Kritischen Rationalismus.
Albert verstand unter Fundamentalisten Philosophen, die seinen radikalen Skeptizismus in Bezug auf endgültige Wahrheitserkenntnis nicht teilten und die im Gegensatz zu ihm behaupteten, es dürfe für jeden Erkenntnisbereich nur eine wahre Theorie geben.
Inzwischen hat sich das negative Vorzeichen für das Wort »Fundamentalismus« weitgehend durchgesetzt. Heute benutzt man den Begriff hauptsächlich als (aggressiv oder ironisch gehandhabte) geistige Keule, die man seinen Gegnern um die Ohren schlägt, entweder um sie wegen ihrer vermeintlichen Rückständigkeit lächerlich zu machen oder um ihre angebliche Gefährlichkeit zu kennzeichnen.
Dabei operiert man oftmals mit bloßen äußerlichen Analogien. Auf diese Weise ist zum Beispiel der Begriff »islamischer Fundamentalismus« in die Welt gesetzt worden, wobei man von gewissen angeblichen Gemeinsamkeiten zum amerikanischen Fundamentalismus ausging, obwohl dem sorgfältigen Beobachter eher die Unterschiede ins Auge springen. …
Angesichts der Tatsache, dass man inzwischen bereits vom christlichen, islamischen, zionistischen, hinduistischen, marxistischen, ökologischen und nationalistischen Fundamentalismus spricht, wobei sich diese Aufzählung ohne Schwierigkeit noch weiter vervollständigen ließe, fragte auch er [Thomas Meyer, Politikwissenschaftler] sich, ob diese verschiedenartigen Richtungen mit völlig unterschiedlichen Lebensformen, Zielsetzungen und inneren Gewissheiten, »Junge und Alte, Bauern, verelendete Slumbewohner, Intellektuelle und prosperierende Bürgerkinder, die nichts zu verbinden scheint als die äußere Zeit ihres Lebens, Gebildete und Ungebildete in den entlegensten Orten der Erde«, wirklich ein gemeinsames Fundament besitzen, das es rechtfertigt, auf sie alle den einen Oberbegriff »Fundamentalismus« anzuwenden.
Dass Meyer dennoch an der These von einer inneren Gemeinsamkeit aller Fundamentalisten festhält, hängt damit zusammen, dass er hinter allen diesen unterschiedlichen Formen dennoch eine sie verbindende Grundlage zu sehen meinte: einen antiaufklärerischen Impuls im Sinne eines Antimodernismus.
Tatsächlich spielt dieser bei der Entstehung des Fundamentalismus eine wesentliche Rolle, ja er ist sogar ein Angelpunkt des Problems. Aber er geht darin nicht auf. Auch Gandhi war zum Beispiel ein Antimodernist, ohne dass man ihn deswegen als Fundamentalisten bezeichnen könnte. …
Daher ist es präziser zu sagen, Fundamentalismus ist nicht nur Kampf gegen die Moderne, sondern zugleich eines ihrer typischen Gesichter: Beide stehen sich durch die Entwurzelung ihrer Vertreter und durch deren Verdrängung ihrer Zweifel und durch ihre Hilflosigkeit gegenüber scheinbar unlösbaren Problemen sehr viel näher, als das die einen und die anderen wahrhaben wollen."
Dr. Werner Huth, Facharzt für Psychiatrie u. Neurologie, Psychoanalytiker, 1973-1991 Lehrbeauftragter an der Münchner Hochschule für Philosophie.
(Huth, W., 1995. Flucht in die Gewissheit: Fundamentalismus und Moderne, S. 26–27, 33–34. Claudius-Verlag)
"Der Begriff Fundamentalismus diente ursprünglich als Selbstbezeichnung einer Bewegung, die sich in den 70er Jahren des 19. Jh. als Zusammenschluss prot.-konservativer Gruppen in den USA formierte und sich 1919 zur »World’s Christian Fundamentals Association« vereinigte.
Von Fundamentalismus ist schriftlich zum ersten Mal die Rede im Titel einer Schriftenreihe, die von 1909-1915 in den USA unter dem Titel »The Fundamentals - A Testimony to the Truth« erschien.
Unter Berufung auf die Verbalinspiration und absolute Irrtumslosigkeit der Hl. Schrift verstanden sich diese nordamerikanischen-protestantische Fundamentalisten als offensive Gegenbewegung zu Liberalismus und Modernisierung, die auch die prot.-christliche Welt ergriffen hatten. … Seine Lehren, »die fünf Fundamente«
Irrtumslosigkeit der Bibel, -
Jungfrauengeburt, Gottheit Jesu Christi,
stellvertretendes Sühneopfer und
leibliche Auferstehung und
Wiederkunft Christi [Parusie],
werden - insbesondere, weil sie biblischen Vorstellungs- und Darstellungsformen wörtlich entsprechen - aus der traditionellen Lehrbildung herausgegriffen, ohne dass der theologische Zusammenhang beachtet wird …
Eine genaue Beschreibung des Fundamentalismus in den prot. Kirchen wird dadurch erschwert, dass die Zuordnungen dabei durcheinandergehen. Häufig wird »fundamentalistisch« mit den Bezeichnungen »evangelikal«, »pietistisch«, »biblizistisch«, »bibeltreu« oder »konservativ« gleichgesetzt. Wenigstens eine grobe Abgrenzung wäre hier vonnöten.
Unbestreitbar gibt es zw. Fundamentalisten, Evangelikalen und Pietisten einige Gemeinsamkeiten: v.a. die grundlegende Bedeutung der Schrift und die persönliche Frömmigkeit.
Gemeinsam ist allen drei Gruppierungen bis heute der Kampf gegen liberale theologischen Strömungen. Hier spielt bes. die Auseinandersetzung mit der seit der Aufklärung in der protestantischen Theologie vorherrschenden historisch-kritische Exegese eine entscheidende Rolle:
Es wird die buchstäbliche Irrtumslosigkeit der Schrift behauptet (Verbalinspiration), mit Ausnahme der Textkritik die wissenschaftlichen Methoden der Auslegung der Schrift verworfen, die Forderung nach Hermeneutik im Umgang mit einem geschichtlichen Text verneint.
Das wohl bekannteste Ergebnis dieses fundamentalistischen Schriftlesens ist der sogenannte »Kreationismus«: das unbedingte und wortwörtliche Festhalten an der biblischen Schöpfungsgeschichte und zugleich das strikte Ablehnen jeder Form einer Theorie der Evolution, sei es im Sinne Ch. R. Darwins oder einer seiner Nachdenker."
Religion in Geschichte und Gegenwart - RGG 4 | Prof. Dr. Gottfried Küenzlen | PD Dr. Joachim Zehner | Katinka Lutze M.A. | Prof. Dr. Bernhard Dressler.
(Küenzlen, G., Zehner, J., Lutze, K., & Dressler, B., 2000. Fundamentalismus. In H. D. Betz, D. S. Browning, B. Janowski, & E. Jüngel, Hrsg., Religion in Geschichte und Gegenwart: Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, 4. Aufl., Bd. 3, S. 414-425. Mohr Siebeck)
Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG 4)
"„Fundamentalismus“ ist eine der großen Herausforderungen der modernen Welt und zugleich einer der am häufigsten missbrauchten Begriffe der Gegenwart.
Ein schillerndes Phänomen, aber alles andere als eine bloße Schimäre. Höchst real in Geist und Motivation rücksichtsloser Kollektive, die im Namen ihrer selbsterkorenen Gewissheiten strafen, unterwerfen, herrschen und töten, nicht selten aber auch von den jeweiligen Benutzern des Begriffs nach Belieben zur vernichtenden Etikettierung missliebiger Ideen, Personen oder Gruppen verwandt.
Der Begriff ist also mit Vorsicht zu genießen. Er klärt oder rüttelt auf, wo er am Platze ist, aber vernebelt und verwirrt, wo er als bloße Diffamierungswaffe eingesetzt wird. Folglich kann er, um Missbrauch zu vermeiden, nicht einfach zu den Akten gelegt werden. ...
Fundamentalismus, im wohlverstandenen Sinne, ist im Grunde ein Paradox. Er will in der modernen Welt mit den Mitteln der modernen Kultur, Wissenschaft, Technologie und Waffenarsenale, sowie Massenorganisation und -kommunikation, die Normen und Orientierungen, die der modernen Kultur und all diesen Errungenschaften zugrunde liegen, radikal aus der Welt schaffen.
Sein Auftreten in den öffentlichen Arenen der Welt lässt sein Hauptkennzeichen deutlich werden. Es handelt sich bei ihm gerade nicht primär um eine religiöse Lebensform, sondern um eine politische Ideologie, die auf die Rechtfertigung eigener Macht und Herrschaft im öffentlichen Raum gerichtet ist.
Der Bezug des Fundamentalismus zur Religion besteht vor allem darin, dass er sich ihrer nach Belieben zur Rechtfertigung seiner Vormachtsansprüche über die Lebenswelt und das Gemeinschaftsleben bedient. ... (S. 7)
Er ist aber, um dieses verbreitete Missverständnis von vornherein zu zerstreuen, keineswegs identisch mit der Rückkehr des Bedürfnisses nach Religion ins private und öffentliche Leben überhaupt, denn dieses kann viele, vor allem auch rechtsstaatlich-demokratische Formen annehmen. Er ist vielmehr eine sehr spezielle Form ins öffentliche Leben gewendeter absoluter Heilsgewissheit. (S. 9)
Tatsächlich hat sich auch gezeigt, dass fundamentalistische Strömungen unter geeigneten Bedingungen in allen Kulturen der Welt entstehen und mächtige politische Energien freisetzen können.
Den protestantischen Fundamentalismus in den USA, den Hindu-Fundamentalismus in Indien, den evangelikalen Fundamentalismus im ehedem katholischen Guatemala, den jüdischen Siedler-Fundamentalismus in Israel, den buddhistischen Fundamentalismus in Sri Lanka, den islamischen Fundamentalismus im Iran oder in Algerien, den konfuzianischen Fundamentalismus in Südasien, den römisch-katholischen Fundamentalismus in Europa und den USA, um mit den maßgeblichsten Fällen die unbegrenzte kulturelle Bandbreite sichtbar zu machen (S. 16)
In der Sache hat es Fundamentalismus seit dem Beginn der kulturellen Modernisierung als deren immanenten Gegenimpuls schon immer gegeben.
Das Wort trat zuerst im Zusammenhang mit einer religiösen Schriftenreihe in Erscheinung, die in den Jahren 1910 bis 1915 in den USA unter dem Titel „The Fundamentals“ erschien. Sie trug den kennzeichnenden Titel „A Testimony to Truth“ - Ein Zeugnis der Wahrheit .
1919 gründeten die protestantischen Christen, die die Reihe herausgegeben hatten, eine weltweit tätige Organisation, die „World's Christian Fundamentals Association“. Damit war die Bezeichnung „Fundamentalismus“ für diese Art christlicher Glaubensüberzeugung geprägt und hat sich zunächst für sie im allgemeinen und im wissenschaftlichen Sprachgebrauch durchgesetzt.
Allmählich wurde sie auch auf andere Ideologien und Bewegungen zunächst im Katholizismus und dann in anderen Kulturbereichen bezogen, wenn sie die charakteristischen Merkmale teilten. (S. 17)
Dieses Gründungsdokument des modernen protestantischen Fundamentalismus war vor allem gegen die historisch-kritische Bibelauslegung gerichtet, die sich seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Europa und Amerika ausbreitete." (S. 18)
Prof. Dr. Thomas Meyer, Prof. em. für Politikwissenschaft, Technische Universität Dortmund.
(Meyer, T., 2011, Juli 15. Was ist Fundamentalismus? Eine Einführung, S. 7, 9, 16–18. VS Verlag für Sozialwissenschaften)
Julian Nida-Rümelin. Thomas Meyer. Gert Heidenreich. Frankfurter Buchmesse (Oktober 2009)
"Soweit man von einer fundamentalistischen Theologie sprechen kann, handelt es sich in den Grundzügen um die Behauptung reformatorischer Tradition in ihrer altprotestantischorthodoxen Gestalt.
Dabei treten allerdings in weiten Bereichen vor allem des angelsächsischen Fundamentalismus die innerprotestantischen konfessionellen Unterscheidungen zurück; soweit der Fundamentalismus von der Erweckungsbewegung her bestimmt ist, hat er keinen betont konfessionalistischen Charakter, verhält sich allerdings der ökumenischen Bewegung gegenüber ablehnend.
Alles Gewicht fällt auf einige Brennpunkte, die als elementare Glaubenswahrheiten verstanden werden und in deren unbedingter Bejahung der Prüfstein echten Glaubens gesehen wird. Die fundamentalistische Bewegung hat eine Reihe von Erklärungen hervorgebracht, in denen solche „Essentials“ aufgezählt werden, an ihrer Spitze das sog. Niagara Creed von 1878, eine ziemlich ausführliche bekenntnisartige Formulierung, in der die Niagara Conference (USA) sich über ihre Basis verständigte (abgedruckt bei Sandeen im Appendix).
Solche Erklärungen stimmen nicht in allen Einzelheiten überein (das Niagara Creed z. B. enthält einen eschatologischen Artikel mit einer chiliastischen Färbung, die nicht zum Allgemeingut des Fundamentalismus gehört). … Gemeinsam ist aber die Nennung etwa folgender unabdingbarer Glaubenswahrheiten:
die Trinität; die wahre Gottheit Jesu Christi; seine jungfräuliche Geburt;
die Versöhnung durch sein Blut;
seine leibliche Auferstehung;
seine ebenso leibhaftig zu erwartende Wiederkunft auf diese Erde zum Gericht"
Theologische Realenzyklopädie (TRE) | Prof. Dr. Wilfried Joest, 1956-1981 Prof. für Systematische Theologie an der Universität Erlangen-Nürnberg.
(Joest, W., 1983, Oktober. Fundamentalismus. 3. Zur Theologie. In Theologische Realenzyklopädie TRE, Band 11, S. 732 ff. Berlin, New York: Walter de Gruyter. TRE Online, 2010)
Theologische Realenzyklopädie (TRE)
"Um von Fundamentalismus im engeren Sinn des Wortes sprechen zu können, reicht das Motiv der Verbalinspiriertheit und Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift als Definitionskriterium noch nicht aus.
Es müssen weitere Motive hinzukommen: die konservative politische Gesinnung und der Wille, religiös begründete Überzeugungen auch politisch durchsetzen zu wollen, also die Verbindung von Politik und Religion.
Der christliche Fundamentalismus in diesem engeren Sinn ist in Europa kein politisch einflussreicher Faktor. Hier stellen sich fundamentalistische Strömungen in ihren protestantischen oder katholischen Spielarten vor allem als kirchenpolitische, seelsorgerliche und ökumenische Herausforderung dar. …
Der Bibelfundamentalismus meint dem Streit um die rechte Auslegung der Bibel entfliehen zu können, indem er die Bibel gleichsam ins Credo mit aufnimmt und sagt: „Wir glauben an die Bibel als das von Gott gegebene ,irrtumslose' und unfehlbare' Wort Gottes." …
Die Bibel wird missverstanden, wenn ihr Charakter als Glaubenszeugnis verleugnet wird. In ihr lässt sich kein Vorrat unfehlbarer Fakten finden: zur Welterschaffung, zum Endzeitablauf, zur Strategie, Krankheiten schnell und wirksam zu heilen.
Fundamentalistische Strömungen verleugnen christliche Freiheit und sind von der Angst bestimmt, das Fundament christlicher Glaubensgewissheit könnte durch die Offenheit gegenüber moderner Wissenschaft und die Einsicht in die Geschichtlichkeit der christlichen Wahrheitsgewissheit ins Wanken geraten
Man kann sich bemühen, den Fundamentalismus als Antwortversuch auf die Vergewisserungssehnsucht des Menschen in komplexen, unübersichtlichen Lebenskontexten zu verstehen. Dieser Versuch ist jedoch erfolglos. Glaubensgewissheit ist ein unverdientes Geschenk und menschlicher Verfügung entzogen."
Dr. Reinhard Hempelmann, 1999-2019 Leiter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW), ab 2003 Lehrbeauftragter Theologische Fakultät d. Uni Leipzig.
(Hempelmann, R., 2011, Oktober. Neue christliche Religiosität – Protestantischer Fundamentalismus. In R. Hempelmann u. a., Hrsg., Quellentexte zur neuen Religiosität, EZW-Texte 215, S. 88–90. Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen)
Dr. Reinhard Hempelmann (2012)
"Religionen können Gewalt hervorrufen und legitimieren. Und sie können vor Gewalt warnen. Dazu sind alle Religionen in der Lage. Dazu ist der Islam in der Lage, aber das Christentum auch. Der große Bernhard von Clairvaux hat im zwölften Jahrhundert zu Kreuzzügen aufgerufen, und er hat seine Gefolgsleute angestachelt mit der Parole: Gott will es! Das hat es auch bei bedeutenden Christen gegeben.
Nur, eines muss ich sagen: Wir haben unsere Lektion gelernt. Die furchtbaren Gewaltausbrüche im Mittelalter haben dazu geführt, dass wir gesagt haben, Gewalt und Religion gehen nicht zusammen, und da kam es in unserem Land am Ende zur Trennung von Staat und Kirche, damit die Kirchen nicht mehr die staatliche Gewalt zur Durchsetzung ihrer Interessen nutzen können. Die Lektion haben wir gelernt.
Das ist in islamischen Ländern anders. Eine christliche Republik Deutschland wäre undenkbar. Eine islamische Republik Iran gibt es aber! Da sind die Entwicklungen sehr unterschiedlich verlaufen.
Da, wo ein Glaube fundamentalistisch verstanden und gelebt wird, hat er eine Tendenz zur Gewalt, Weil es in allen heiligen Büchern, auch in der Bibel, Passagen gibt, die Gewalt legitimieren. Und die werden von Fundamentalisten als Selbstermächtigung genutzt, um andere mit Gewalt zu überziehen."
Dr. h.c. Nikolaus Schneider, 2010-2014 Ratsvorsitzender der EKD, 2003-2013 Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland.
(Schneider, N., 2010, Oktober 17. „Tacheles“ - die Talkshow der evangelischen Kirche: Marktkirche Hannover, Streit über Religion und Gewalt: Von Diskriminierung und Fundamentalismus. Phoenix. Abgerufen 2010, von tacheles.tv/streit-um-religion-und-gewalt.php)
Evangelische Kirche d. Pfalz | Protestantische Landeskirche
"Die Protestation zu Speyer von 1529
Geburtsstunde des Protestantismus"
"Sie ist protestantisch und ganz besonders stolz darauf: Die «Evangelische Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche)» ist die einzige evangelische Landeskirche in Deutschland, die in Erinnerung an die Protestation auf dem Speyerer Reichstag von 1529 das Prädikat «protestantisch» im Namen trägt.
Am 19. April 1529 erhob eine evangelische Minderheit von sechs deutschen Fürsten und 14 Reichsstädten Einspruch gegen einen Mehrheitsbeschluss des Reichstags, der die Reformation zum Stillstand bringen wollte. Mit zahlreichen Veranstaltungen feiert die pfälzische Landeskirche in diesem Jahr das 475. Protestationsjubiläum."
Dr. Alexander Lang, Redakteur Evangelischer Pressedienst (epd), Speyer.
(Lang, A. | epd., 2004, April 16. Die Protestation zu Speyer von 1529: Geburtsstunde des Protestantismus. epd. Abgerufen 2004, von ekd.de/news_archiv_2004/die-protestation-zu-speyer-1529.php)
"Der Zweite Reichstag zu Speyer 1529 [Protestation zu Speyer] ist ein Meilenstein auf dem Wege zu neuzeitlicher Gewissensfreiheit. Er ist auch eine Wegmarke in der Geschichte der Intoleranz gegenüber Andersgläubigen und Nonkonformisten, sofern diese ohne politischen Schutz und Rückhalt waren.
Auf der einen Seite steht die mutige Protestation der neunzehn evangelischen Reichsstände, die sich ihr religiöses Gewissen politisch nicht binden ließen, und auf der anderen Seite steht das Mandat, das die Todesstrafe gegen die Täufer reichsrechtlich verfügte. …
Das Wiedertäufermandat wurde vielmehr einmütig zum Reichsgesetz erhoben und dem Reichsabschied einverleibt. Der Speyerer Reichstag ist die Geburtsstunde des Protestantismus genannt worden.
Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass mit diesem Reichstag auch die Sterbestunde des Täufertums eingeläutet wurde. Einige Gruppen konnten die schweren Verfolgungen zwar überstehen, der vitale Schwung des Aufbruchs wurde aber gebrochen und verflüchtigte sich zu Kümmerformen täuferischer Gemeindebildungen.
Das Wiedertäufermandat von Speyer
Der Inhalt des Wiedertäufermandats, genauer der »Konstitution«, die dem Reichsabschied beigefügt wurde, ist schnell zusammengefasst:
1. Wer wiedertauft oder sich der Wiedertaufe unterzogen hat, ob Mann oder Frau, ist mit dem Tode zu bestrafen, ohne dass vorher noch ein geistliches Inquisitionsgericht tätig zu werden braucht.
2. Wer sein Bekenntnis zu den Wiedertäufern widerruft und bereit ist, für seinen Irrtum zu sühnen, soll begnadigt werden. Er darf jedoch nicht Gelegenheit erhalten, sich durch Ausweisung in ein anderes Territorium einer ständigen Aufsicht zu entziehen und eventuell rückfällig zu werden. Die hartnäckig auf der täuferischen Lehre beharren, werden mit dem Tode bestraft.
3. Wer die Wiedertäufer anführt oder ihre Ausbreitung vorantreibt (Fürprediger, Hauptsacher, Landlauffer und die aufrührerischen Aufwiegler), soll »keines wegs«, also auch bei Widerruf nicht, begnadigt werden.
4. Wer nach einem ersten Widerruf rückfällig geworden ist und abermals widerruft, soll nicht mehr begnadigt werden. Ihn trifft die volle Strafe.
5. Wer die Taufe für seine neugeborenen Kinder verweigert, fällt ebenfalls unter die Strafe, die auf Wiedertaufe steht.
6. Wer von den Täufern in ein anderes Territorium entwichen ist, soll dort verfolgt und der Bestrafung zugeführt werden.
7. Wer von den Amtspersonen nicht bereit ist, nach diesen Anordnungen streng zu verfahren, muss mit kaiserlicher Ungnade und schwerer Strafe rechnen.
(Kühn, J. (Bearb.). (1963). Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V. (VII. Band, 2. Halbband). Vandenhoeck & Ruprecht, S. 1325 ff.)
Mit der Wiedertaufe ist ein Strafbestand so eindeutig gegeben, dass ohne Umschweife und Verzögerung zur Bestrafung geschritten werden kann. Eindeutigkeit und schnelles Aburteilen sollen langwierige und laxe Gerichtsverfahren gegen die Täufer gar nicht erst weiter einreißen lassen. Was noch alles hinzukommen, zur Entlastung oder Milderung der Strafe beigebracht werden mag, Wiedertaufe ist ein eindeutiger und ausreichender Strafbestand. Sie ist Ketzerei und wird mit dem Tode bestraft."
Prof. Dr. Hans-Jürgen Goertz, mennonitischer Theologe u. Historiker, bis 2002 Prof. für Sozial-
und Wirtschaftsgeschichte, Universität Hamburg.
(Goertz, H.-J., 1980. Die Täufer: Geschichte und Deutung, 2. erw. Aufl., S. 121 f. C. H. Beck Verlag, 1988)
"Die rechtliche Grundlage der Täuferverfolgung im 16. und 17. Jahrhundert bildete das sogenannte Wiedertäufermandat, das 1529 auf dem Reichstag zu Speyer [Protestation zu Speyer] beschlossen worden war.
Auch das nach wie vor gültige Augsburger Bekenntnis der lutherischen Kirchen legitimierte die Verfolgungen, indem es die Täufer ausdrücklich verdammte. An den Verfolgungen waren die jeweiligen Landesherren und gleichermaßen die Römisch-katholische Kirche, die lutherische und reformierte Geistlichkeit beteiligt."
(Wikipedia. 2024. Märtyrer der Täuferbewegung. In Wikipedia. Abgerufen am 15. August 2024, von de.wikipedia.org/wiki/Märtyrer_der_Täuferbewegung)
"Etwa 1000 namentlich erfasste Täufer ließen im 16. und 17. Jahrhundert aufgrund ihrer Glaubensüberzeugungen ihr Leben. Davon finden sich etwa 800 Namen allein im mennonitischen Märtyrerspiegel. … Die Täuferforschung geht davon aus, dass die dokumentierte Opferzahl mindestens verdoppelt werden muss. …
An den Verfolgungen waren neben den staatlichen Behörden die römisch-katholische Kirche, die lutherische und die reformierte Geistlichkeit beteiligt. … Nahezu 25 Prozent der Hinrichtungen in protestantischen Territorien des Reiches fanden in Kursachsen statt. Hier hatte sich bereits 1531 Philipp Melanchthon in einem Gutachten für die Todesstrafe für aufrührerische Täufer ausgesprochen.
Im Erzbistum Salzburg wurde am 23. April 1523 bekannt, dass sich in Salzburg neben den Anhängern Luthers auch Wiedertäufer befänden. … Man spürte eine Versammlung von 32 Täufern auf. Von ihnen wurden drei verbrannt, fünf durch das Schwert hingerichtet, eine Frau und ein sechzehnjähriges Mädchen ertränkt. Vier Tage später wurden wieder vier Täufer zum Scheiterhaufen geführt, vier Widerrufende enthauptet und fünf mitsamt dem Versammlungshaus verbrannt, darunter ein Geistlicher. …
Der Täuferforscher Wolfgang Krauß spricht im Blick auf das Ausmaß des Martyriums, das die Täufer durchlitten haben, von einem „Ekklesiozid“."
(Wikipedia. 2024. Täufer, Ausmaß der Verfolgung. In Wikipedia. Abgerufen am 15. August 2024, von de.wikipedia.org/wiki/Täufer
"Für Menschen, die sich in Kirchengeschichte ein bisschen eingelesen haben, ist es kein Geheimnis mehr, dass die allgemeine Taufe, der eigentliche Taufzwang für jedermann („jedes-kind“), zu einem Instrument der Macht mutierte oder gemacht wurde. In der einen Waagschale lagen die Interessen der grosskirchlichen Gebilde, in der andern die seelisch-geistlichen Bedürfnisse der zahllosen Mitglieder.
Denn bekanntlich sehnen sich alle Menschen nach dem Seelenheil und nach einem Rechtsein vor Gott. Dieses bekamen sie stets zugesprochen, jedoch zum Preis der Kirchenmitgliedschaft durch Taufe und Kirchensteuer. Es war ein ausgeklügeltes Spiel der Kräfte und Bedürfnisse. Es überlebte sogar die Reformation, die Grundlagenemeuerung der Kirche. Das Spiel ging weiter. Man erfand auch noch ein paar neue Regeln. …
Also schufen wir die Konfirmation, das lateinische Wort für die persönliche „Bestätigung“ der Taufe. Trotzdem verzichten verantwortungsvolle Geistliche darauf, von Sechzehnjährigen vor versammelter Gemeinde ein Bekenntnis abzuverlangen. Wer möchte sie schon zum Heucheln zwingen? … Ohne geistlichen Missbrauch."
Pfarrer Paul Veraguth, Theologe und Autor, bis 2014 Pfarrer der Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde Wattenwil-Forst - Schweiz.
(Veraguth, P., 2005, Februar 1. Sag mir, wo die Blumen sind: Das Anliegen der Wiedertaufe. Winterthur, Schweiz: Schleife Verlag, S. 16-17)
"Fundamentalisten sind immer die Anderen."
Dr. Raúl Páramo-Ortega, Mediziner und Psychoanalytiker.
(Páramo-Ortega, R., 2008. Fundamentalisten sind immer die Anderen: Freud im Zeitalter des Fundamentalismus. Leibniz Institute for Psychology ZPID, Abgerufen am 17.08.2024, von doi.org/10.23668/psycharchives.10363)
"Gottfried Kirschner … hatte ... plötzlich die Idee, die Bibel einmal für sich zu lesen. Als er feststellte, dass im Neuen Testament keine Babys getauft werden sondern Erwachsene, begann eine Entwicklung, die das Ende als praktizierender Theologe bedeutete. Gottfried Kirschner ließ sich wiedertaufen und wurde prompt vom Dienst suspendiert."
SÜDKURIER (2003, April 15. Blumberg: Gott hilft nicht immer. Vortrag von Gottfried Kirschner: „Wenn die Seele streikt.“ SÜDKURIER. Abgerufen am 18. August 2024, von suedkurier.de/archiv/region/schwarzwald-baar-heuberg/blumberg/art1360155,378831)
"Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden."
Jesus Christus (Markus 16,16)
"Theologisch muss festgehalten werden, dass die Taufe nicht geeignet ist, Ausdruck einer aktiven Antwort des Glaubenden zu sein; sie setzt nicht die Mündigkeit und den Glauben voraus, sondern ruft ihn hervor. Die Taufe von Säuglingen ist von daher eine Anerkennung der Voraussetzungslosigkeit des Handelns Gottes."
Rat der EKD. Das von Synode und Kirchenkonferenz gewählte Leitungsgremium der Evangelischen Kirche in Deutschland.
(Rat der EKD., 2008. Die Taufe: Eine Orientierungshilfe zu Verständnis und Praxis der Taufe in der evangelischen Kirche, Hrsg. vom Kirchenamt der EKD. Abgerufen am 18. August 2024, von ekd.de/ekd_de/ds_doc/TaufeEKD.pdf, S. 43)
"Erstmals hat die evangelische Kirche einen Pfarrer wegen einer Wiedertaufe gefeuert. Die Bischöfe fürchten eine Abkehr vom Prinzip der Babytaufe - und damit katastrophale finanzielle Folgen.
In der Pfarrgemeinde Schönstadt bei Marburg war Gottfried Kirschner allseits beliebt. Auch der Kirchenvorstand zeigte sich "äußerst zufrieden": "Ein fähiger Seelsorger."
Trotzdem wurde der Gefeierte gefeuert. Weil der Pastor, 38, sich Ende letzten Jahres noch einmal hatte taufen lassen, habe er, so das Kündigungsschreiben der protestantischen Kirchenoberen zu Kassel, "in schwerwiegender Weise gegen das Bekenntnis unserer Kirche verstoßen". ...
Tatsächlich gibt es im Alten wie im Neuen Testament, das auch die Erwachsenentaufe Jesu durch Johannes den Täufer schildert, weder ein Gebot der Kindstaufe noch ein Verbot der Wiedertaufe - ein Umstand, der offenbar dazu beiträgt, dass die Kirchenleitung eine breite öffentliche Diskussion des Falles Kirschner scheut.
"Um weiteren Schaden von seiner Gemeinde abzuwenden", hat das Landeskirchenamt in Kassel den Schönstädter Pfarrer "dringend" aufgefordert, sich "in Gesprächen mit Gemeindegliedern" über den Grund seiner Entlassung "zurückzuhalten". Im übrigen möge Kirschner sich "eine Wohnung an einem anderen Ort" suchen."
DER SPIEGEL (1982, März 29. KIRCHE: Leichter rein als raus. DER SPIEGEL, 13/1982. Abgerufen am 18.08.2024, von spiegel.de/politik/leichter-rein-als-raus-a-08287f70-0002-0001-0000-000014339469)
"Wer sich wiedertaufen lässt, bezweifelt die Geltung der als Kind oder Erwachsener empfangenen Taufe und widerspricht der Lehre und Praxis der Taufe in der evangelisch-lutherischen Kirche. Dem ist seelsorgerlich nachzugehen, auch der bekundeten Absicht dazu.
Mit einer Wiedertaufe geschieht die Trennung von der Landeskirche, solange die Betreffenden sich nicht von der Wiedertaufe distanzieren und ihr Einverständnis mit Lehre und Praxis der Taufe in der evangelisch-lutherischen Kirche bekunden."
Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsen, die EvLKS ist eine von 20 Gliedkirchen (Landeskirchen) der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit Sitz in Dresden.
(Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsen, 2005 April 11. Taufordnung Nr. 188. Amtblatt der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, S. A 77, 10. Gültigkeit und Anerkennung der Taufe. Abgerufen am 2024 August 27, von kirchenrecht-ekd.de/getpdffile/id/3589, S. 452)
"Die … vollzogene Taufe ist einmalig und unwiederholbar."
Rat der EKD. Das von Synode und Kirchenkonferenz gewählte Leitungsgremium der Evangelischen Kirche in Deutschland.
(Rat der EKD., 2008. Die Taufe: Eine Orientierungshilfe zu Verständnis und Praxis der Taufe in der evangelischen Kirche (Hrsg. vom Kirchenamt der EKD). Abgerufen am 18. August 2024, von ekd.de/ekd_de/ds_doc/TaufeEKD.pdf, S. 7)
"Wenn sich jemand ein zweites Mal taufen lässt, stellt das aus der Sicht der Landeskirchen einen recht schweren Verstoß gegen ihre Lehre dar. Die Taufe ist für die evangelischen Landeskirchen in jedem Fall ein einzigartiger Akt, dem man niemals wiederholen soll.
Wenn man es trotzdem tut und anschließend wieder in die Kirche eintreten will, so sollte man sich das gut überlegen und in einem Gespräch mit der Pfarrerin oder dem Pfarrer vor Ort deutlich machen, dass man diese zweite Taufe mittlerweile bereut."
Pfarrer Frank Muchlinsky, Redakteur bei evangelisch.de.
(Muchlinsky, Frank, 2014, Juni 16. Eintritt nach zweiter Taufe? evangelisch.de. Abgerufen am 2024, August 27, von fragen.evangelisch.de/frage/3427/eintritt-nach-zweiter-taufe)
Pfarrer Geri Keller (2019)
"Es verstärkt sich der Eindruck, dass es bezüglich der Taufe offensichtlich gar kein Gespräch geben kann und darf. Alles ist in der Kirche und Theologie verhandelbar, selbst Gott; nur die [Baby] Taufe in ihrem bisherigen Verständnis als absolut einmaliger unwiederholbarer Akt ist davon ausgenommen. ...
Die Kirche hat den Schrei gleichgeschlechtlich Empfindender gehört; aber hört sie auch den Schrei jener Minderheit, die als wirksames Zeichen für ihr Leben mit Christus eine Taufe in den Tod und die Auferstehung Jesu brauchen!?"
Pfarrer Geri Keller, Pfarrer der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, Gründer der Stiftung Schleife (Winterthur, Schweiz).
(Keller, G., 2005, Februar 1, In P. Veraguth (Hrsg.), Sag mir, wo die Blumen sind: Das Anliegen der Wiedertaufe (S. 9-11). Schleife Verlag)
"„Denken und reflektieren, verstehen können und fragen dürfen“, so Käßmann, sei und bleibe ein wichtiges „reformatorisches Anliegen“. Dieser wichtige Impuls konterkariere die Haltung „nicht fragen, schlicht glauben!“ ...
Jedweder Ausprägung von Fundamentalismus aber, so die Botschafterin weiter, stelle sich eine wichtige Kernbotschaft der Reformation entgegen, nämlich: „Selbst denken!“"
Prof. Dr. Dr. h.c. Margot Käßmann, 2009-2010 Ratsvorsitzende der EKD, 1999–2010 Bischöfin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover.
(Käßmann, M., 2014, März 25. Kernbotschaft der Reformation: „Selbst denken!“ EKD-Botschafterin Margot Käßmann würdigt Jan Hus in Prag. Pressestelle der EKD. Abgerufen am 16.08.2024, von ekd.de/pm48_2014_kernbotschaft_der_reformation_kaessmann_in_prag.htm)
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"Fundamentalismus-Bashing, wie es inzwischen in Gesellschaft und Kirche üblich geworden ist … ist billig, unnötig und hilft nicht weiter. Ohnehin ist ja klar, dass Fundamentalisten immer nur die anderen sind."
Prof. Dr. Heinzpeter Hempelmann, Autor u. Professor für Systematische Theologie u. Religionsphilosophie an der Internationalen Hochschule Liebenzell u. Evangelischen Hochschule Tabor, 2014–2020 Oberkirchenrat württembergische Landeskirche.
(Hempelmann, H., 2015, Juni. Warum der Bibelfundamentalismus gefährlich ist? Abgerufen am 05.09.2024, von heinzpeter-hempelmann.de/wp-content/uploads/2015/06/kitavotum.pdf)
"Kaum jemand in Politik und Gesellschaft weiß, mit christlich-fundamentalistischem Gedankengut wirklich umzugehen … dass … auch immer mehr weltoffene Menschen aus den etablierten Kirchen austreten.
So bleiben auch in den schrumpfenden Gemeinden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zwangsläufig jene zurück, denen der Glaube eine wirklich ernste Angelegenheit ist. Auch hier verschiebt sich das Verhältnis zugunsten reaktionärer Kräfte. …
Von den mittlerweile 1,3 Millionen Evangelikalen, die sich in der Deutschen Evangelischen Allianz sammeln, sitzen laut Angabe der EKD rund die Hälfte in den evangelischen Landeskirchen selbst, während sich der Rest auf Methodisten, Baptisten, Charismatiker, Pfingstgemeinden und andere verteilt. …
Christliche Fundamentalismus, der aus den USA zu uns herüberdringt, war eine Reaktion auf die schlüssige Beweiskraft der darwinistischen Evolutionstheorie, die das Weltbild der evangelikalen Protestanten in Bezug auf den biblischen Schöpfungsmythos tief erschüttert hatte.
Im Zuge dieser Affektreaktion schrieb die protestantisch-fundamentalistische Bewegung fünf Kernpunkte ihres Glaubens fest, die sich heute auch im Selbstverständnis der Deutschen Evangelischen Allianz finden.
Diese sind: die Irrtumslosigkeit der Bibel, die Jungfrauengeburt, das Sühneopfer sowie der Glaube an die Auferstehung und die Wiederkehr Jesu. ...
Der Übergang von einer liberalen Theologie zur Strenggläubigkeit und von einer Strenggläubigkeit zum Fundamentalismus verläuft immer fließend. Ein pauschaler Fingerzeig auf den oder die Fundamentalisten wird der Sache in den seltensten Fällen gerecht.
Will man dem christlichen Fundamentalismus ernsthaft begegnen, ist es immer besser, von fundamentalistischen Ansichten in Bezug auf einzelne Fragen der Lebensführung zu sprechen, diese argumentativ aufzuschließen und immer dann als solche zu verurteilen, wenn zum eigenen Schaden oder zum Schaden anderer an ihnen festgehalten wird.
Damit dies gelingt, brauchen wir eine freie Presse, mutige Politiker und emanzipierte öffentliche Stimmen, die christliche Alltagsfundamentalismen aus dem Tabu holen."
Jan-Christian Petersen, Schriftsteller und Journalist.
(Petersen, J.-C., 2020, Juni 1. Christlicher Fundamentalismus – erkennen und benennen. Abgerufen am 15.10.2021, von humini.de/2020/05/christlicher-fundamentalismus)
"Nicht alle Evangelikalen sind Fundamentalisten. Aber alle Fundamentalisten wollen Evangelikale sein."
Andreas Malessa, Theologe u. Autor, Hörfunkjournalist, TV-Moderator u. Worthaus Referent.
(Scharnowski, R., 2024, Februar 29. Relevanz der Bibel im 21. Jahrhundert. Gespräch mit Andreas Malessa, Interview Livenet Schweiz von Reinhold Scharnowski. Livenet-Talk, Schweiz. Abgerufen im Juli 2024, von livenet.ch)
"Evangelikale Gemeinden sorgen insbesondere in den Vereinigten Staaten und in Lateinamerika für Aufsehen. Aber auch in Deutschland ziehen etliche Gemeinden Christen an, die von der etablierten Kirche enttäuscht sind …
Für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sind die evangelikalen Glaubensbrüder ein Ärgernis. Viele von ihnen sind, wie Pastor Wenz mit seinem Gospel Forum [Stuttgart], in unabhängigen Freikirchen organisiert. Andere entwickeln innerhalb der evangelischen Landeskirchen ein scharfes Profil, das vom protestantischen Mainstream abweicht.
Fast hilflos müssen die Bischöfe der schrumpfenden Amtskirche beobachten, wie Evangelikale in Sachen Ehe, Sex und Erziehung erfolgreich erzkonservative Werte propagieren. ...
1,3 Millionen Anhänger sind nach eigenen Angaben in einem Dachverband zusammengeschlossen, der sich Deutsche Evangelische Allianz nennt und sich als Zentralorgan der Evangelikalen versteht. Wie ihre Glaubensverwandten in den USA nehmen sie die Bibel wortwörtlich. ...
Trotzdem fällt der EKD die Auseinandersetzung mit den evangelikalen Strömungen oft schwer. Zu unterschiedlich, zu bunt sind die Gruppen am Rand des Protestantismus. Neben vermeintlichen Wunderheilern und Charismatikern nach amerikanischem Vorbild gibt es fromme Pietisten, die sich auf Erweckungsbewegungen des 19. Jahrhunderts, etwa in Baden oder am Niederrhein, berufen. Mennoniten und Baptisten gehören ebenso dazu."
Mareike Ahrens, Jan Friedmann, Peter Wensierski (DER SPIEGEL).
(Ahrens, M., Friedmann, J., & Wensierski, P., 2015, Mai 16. Religion: „Böse Geister sind Realitäten“. Evangelikale Gemeinden erleben in Deutschland großen Zulauf. DER SPIEGEL, 21/2015, S. 30–32)
"Man muss sich darüber im Klaren sein, dass der Pentekostalismus [Pfingstbewegung], also die pentekostalischen Bewegungen und die Pfingst-Kirchen, zahlenmäßig die zweitgrößte Realität in der Christenheit nach der römisch-katholischen Kirche sind. Man muss also von einer Pentekostalisierung des Christentums reden oder vielleicht sogar von einer vierten Form des christlichen Lebens: einer katholischen, einer orthodoxen, einer protestantischen und einer pentekostalischen Form."
Kardinal Prof. Dr. Kurt Koch, Schweizer Theologe, Kurienkardinal der römisch-katholischen Kirche, 1995-2010 Bischof von Basel, 1989-1995 Professor für Dogmatik, Ethik und Liturgiewissenschaft an der Universität Luzern.
(Koch, K., 2014, September 26. Ein Papst, der Türen und Herzen öffnet. Die Tagespost. Abgerufen 2014, von die-tagespost.de)
"Während die traditionellen Kirchen Mitglieder verlieren, sind die sogenannten Evangelikalen im Aufwind. Dahinter verbirgt sich ein breites Spektrum verschiedenster Glaubensgemeinschaften wie Pfingstgemeinden, Freikirchen, Gemeinschaften der charismatischen Bewegung oder Gemeinden evangelischer Landeskirchen."
Mareike Fuchs, Sinje Stadtlich (NDR, ARD).
(Fuchs, M., & Stadtlich, S., 2014, August 4. Die Story im Ersten - Mission unter falscher Flagge: Radikale Christen in Deutschland [TV-Dokumentation]. NDR, ARD. Abgerufen 2014, von daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/sendung/mission-unter-falscher-flagge-100.html)
"Ein Wissenschaftler reist aus einem fernen Land nach Deutschland, um den religiösen Stamm der Evangelikalen zu erforschen. Gleich zu Anfang muss er feststellen, dass der Stamm kein geschlossenes Siedlungsgebiet hat, sondern dass in Deutschland Dutzende von religiösen und unreligiösen Stämmen durcheinander wohnen. Die evangelikalen Clans siedeln zwar vorwiegend im Süden und Westen des Landes, aber auch im Osten gibt es einige Reservate. …
Ihre Religion spielt für die Clans eine große Rolle, die meisten besuchen regelmäßig die religiösen Zeremonien. Die Priester zitieren dabei ständig aus einem Heiligen Buch, auch die übrigen Stammesangehörigen haben das Buch dabei. Sie blättern während der Zeremonie darin; warum sie das tun, ist unklar. Vielleicht misstrauen sie ihren Priestern und prüfen nach, ob diese das Heilige Buch richtig zitieren.
Viele Evangelikale suchen andere Stämme auf, um ihnen von ihrer Religion zu erzählen. Das stört diese meist nicht weiter, aber manchmal gibt es deswegen Ärger. Evangelikale lieben Musik, es wird ständig gesungen und musiziert. Einen einheitlichen Musikstil kann der Wissenschaftler aber nicht finden; jeder Clan scheint andere Vorlieben zu haben. …
So weit läuft das Forschungsprogramm gut, aber dann stößt der Wissenschaftler auf verwirrende Widersprüche. Einige evangelikale Clans sind friedlich und bei anderen Stämmen angesehen, andere liegen ihrer Religion wegen mit der Umwelt im Streit. Die friedlichen Clans sind größer und stabiler als die streitsüchtigen, Letztere spalten sich häufig. Einige Clans haben bedeutende Wissenschaftler in ihren Reihen, andere bekämpfen die Wissenschaft.
Viele Clans sind diskussionsfreudig und die Mitglieder vertreten in Glaubensfragen verschiedene Meinungen. Die Häuptlinge haben bei ihnen nur eine begrenzte Autorität. Bei anderen Clans haben die Häuptlinge viel Macht und die Meinungen sind auffällig gleichartig. Einige Clans geraten während ihrer religiösen Zeremonien in Ekstase, pflegen die Zungenrede und manche fallen in eine rituelle Ohnmacht. Andere Clans lehnen ekstatische Zustände scharf ab und bestehen auf gesammeltem Ernst während der Zeremonie. …
Wie soll man diese vielen Widersprüche als Wissenschaftler erklären? Noch verwirrender für den Forscher ist der Umgang mit dem Heiligen Buch. … Viele Clans sagen, dass die Welt vor 6000 Jahren entstanden sei, so stünde es im Heiligen Buch. Viele andere bestreiten, dass so etwas in dem Buch steht. Der Forscher findet noch viele andere Widersprüche dieser Art. Die einfachste Erklärung dafür ist, dass die Clans verschiedene Heilige Bücher verwenden. Doch das kann der Forscher durch sorgfältige Vergleiche widerlegen, alle Heiligen Bücher stimmen bis auf sprachliche Details miteinander überein.
Er fragt sich, wie unter diesen Umständen die Einheit des Stamms aufrechterhalten wird, trotz der gegensätzlichen Sitten und Gebräuche?"
Dr. Hansjörg Hemminger, Verhaltenswissenschaftler und Autor, bis 2013 Beauftragter für Weltanschauungsfragen der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.
(Hemminger, H., 2016, August 29. Evangelikal: von Gotteskindern und Rechthabern. Brunnen Verlag Gießen)
"Welche Geschichten werden über Evangelikale erzählt?
• Die Gefährlichen: Evangelikale sind frauenfeindlich und homophob. Weil sie den Pluralismus der modernen Welt nicht ertragen können, ziehen sie sich in eine Parallelwelt zurück, in der sie ihre Kinder indoktrinieren. Sie fallen leicht auf Verführer und Demagogen herein und stellen daher eine Gefahr für die Demokratie dar.
• Die Intensiv Evangelischen: Evangelikale sind die wahren Jesusnachfolger. Sie lieben Jesus und vertrauen der Bibel; und darum werden sie in der Welt verachtet und verfolgt. Sie gehen den Weg konsequenter Nachfolge, ohne Kompromisse mit dem Zeitgeist.
• Die Ewiggestrigen: Evangelikale nehmen die Bibel wörtlich. Sie lehnen die Evolutionslehre und die modernen Bibel Wissenschaften ab. Sie verweigern sich den modernen Wissenschaften und verachten die moderne Kultur. Böse sind sie nicht, eher herzensgut, aber naiv.
• Die Exoten: Evangelikalismus ist die Religion der der sozialen Aufsteiger. Evangelikale erleben Zeichen und Wunder. Ihr Glaube ist radikal - und darum hat er die Kraft, das Leben von Menschen zu verändern. Der Evangelikalismus ist ein Laboratorium religiöser Entdeckungen und Erfahrungen. …
Wer sich vor Evangelikalen gruseln möchte, wird Belege finden. Ebenso wie diejenigen, die sie bewundern oder verachten wollen. Es wäre eine Illusion, zeigen zu wollen, wie Evangelikale wirklich sind … Evangelikalismus ist bunt. Sehr bunt."
Prof. Dr. Thorsten Dietz, Theologe u. Autor, PD Systematische Theologie Philipps-Universität Marburg, seit 2022 Erwachsenenbildung: Fokus Theologie - Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (Zürich), Hauptreferent bei Worthaus, 2005-2022 Lehrauftrag Ev. Hochschule Tabor.
(Dietz, T., 2022, April 7. Menschen mit Mission: Eine Landkarte der evangelikalen Welt (S. 7 ff.). SCMR Brockhaus)
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Deutscher Evangelischer Kirchentag Stuttgart (2015)
"Deutscher Evangelischer Kirchentag in Stuttgart" by RegierungBW is licensed under CC BY-NC-ND 2.0.
"Bundeskanzlerin Angela Merkel fürchtet nicht den Islam, sondern ein zunehmendes Nachlassen des christlichen Glaubens in Deutschland. Das sagte die Kanzlerin in einem Gespräch mit Vertretern der Deutschen Evangelischen Allianz ...
Zu der Frage des Selbstverständnisses der Evangelikalen sagte Merkel, dass sie die Evangelikalen in Deutschland als besonders „intensiv evangelische Christen“ wahrnehme."
Christliches Medienmagazin pro (27.10.2010, Merkel: Evangelikale sind "intensiv evangelische Christen", www.pro-medienmagazin.de)
"Darf ich zuerst sagen, dass ich mit diesen "Pauschalisierungen" - auf der einen Seite "DIE verfasste Kirche" auf der anderen Seite "DIE Evangelikalen" nur wenig anfangen kann? Ich glaube, das Bild ist auf beiden Seiten viel, viel differenzierter. Die Landeskirchen sind genauso wenig wie die Menschen, die der Allianz nahestehen, monolithische Blöcke. …
Wie sehr wir uns gegenseitig brauchen, werden wir zukünftig noch merken."
Prof. Dr. Michael Diener, Theologe und Autor, Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes 2009–2020, Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz 2012–2016, seit 2015 Mitglied im Rat der EKD.
(Diener, M., 2012, 19. Januar. Landeskirchen und Evangelikale kann man nicht trennen. evangelisch.de. Abgerufen 2024, von evangelisch.de/inhalte/127328/19-01-2012/landeskirchen-und-evangelikale-kann-man-nicht-trennen)
"Die Spannungen zwischen Landeskirchen und Evangelikalen sind heute eher zu vernachlässigen, wenn so gar nicht mehr vorhanden.
Dies liegt zum einen daran, dass sich verschiedene Gemeinden innerhalb der Evangelischen Allianz aus der landeskirchlichen Gemeinschaft zurückgezogen haben, d.h. die Mitglieder sind nicht selten samt Prediger aus der Landeskirche ausgetreten."
Bischof Prof. Dr. Friedrich Weber, 2002-2014 Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig.
(Weber, F., 2009, 7. März. Die Herausforderung konfessionsüberschreitender christlicher Strömungen. Vortrag zur Tagung „30 Jahre ACK Sachsen-Anhalt“ am 7. März 2009 in Magdeburg)
"Zwar kommt es auch ... zu massiven Konflikten zwischen liberalen und evangelikalen Christen innerhalb der Kirchgemeinden. Die meisten konservativen Christen indes sind in den von der Landeskirche unabhängigen Freikirchen «ausgelagert». Fundament des Fundamentalismus ist dort nicht die Institution Kirche, sondern eben die Heilige Schrift."
Michael Meier, Schweizer Journalist.
(Meier, M., 2005 Juli 13, Juli. Mit aggressiver Kulturkritik gegen die gottlose Welt. Tages-Anzeiger)
"Der Streit um die Bibel ist ein Streit um Jesus.
Die Konservativen halten dabei an der Jungfrauengeburt, am Opfertod, an Auferstehung und Wiederkunft Jesu Christi fest. Für Menschen mit einem schlichten Glauben sind die Deutungen dieser „Heilstatsachen", wie sie die historisch-kritische und existential-interpretierende Theologie versucht, schwer verständlich.
Für sie meint die Bibel, was sie sagt. Das wird zwar den schlicht Gläubigen nur zu oft von Ungläubigen bestritten. Daran gewöhnen sich die Kirchentreuen. Sie nehmen von dieser Seite Kritik als eine natürliche Erscheinung hin.
Wenn aber der auf „Heilstatsachen" gründende Glaube auch von Theologen in Frage gestellt wird, weiß man nicht mehr, woran man ist.
Das kritische Rückfragen nach dem "Eigentlichen" der biblischen Botschaft wird nicht verstanden, schon weil ein abstrahierender Denkprozess nicht nachvollziehbar ist. Sie haben davor Angst und wehren sich darum heftig gegen alles, was sie in ihrem bisherigen Christenleben unsicher macht. ...
Es ist verwunderlich, dass man sich bisher die Unvermeidbarkeit des Konflikts zwischen der herrschenden Theologie und der Gemeindefrömmigkeit kaum klargemacht hat."
Pfarrer Rudolf Lindner, Evangelischer Theologe.
(Lindner, R., 1971, März 15. Streit in der Kirche: Über Gegensätze zwischen konservativen und progressiven Kräften in der evangelischen Kirche. Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Information Nr. 45, Stuttgart, 1971 März 15, S. 5)
Dr. Michael Diener, GemeindeFerienFestival SPRING (10. April 2012)
"SPRING 2012 - Tag 6 - 4507-2.jpg" by GemeindeFerienFestival SPRING licensed CC BY-SA 2.0.
Dr. Michael Diener "Unsere Gesellschaft ist im Umbruch und die christlichen Kirchen auch. Total. Wir erleben Veränderungen, die so einschneidend und markant sind wie vielleicht seit der Aufklärung und dem Beginn der Industrialisierung nicht mehr. …
Die evangelikale Bewegung steht an einem Scheideweg, auch in unserem Land, und wer möchte, dass das Gute dieses Glaubensprofils in unserer Zeit und Gesellschaft fruchtbar wird, sollte mit dazu beitragen, dass Sackgassen vermieden und neue Wege gesucht werden. …
Ich bin überzeugt davon, dass die pietistische und evangelikale Bewegung nur dann aus diesen heutigen Sackgassen herauskommt, wenn sich hermeneutisch, im Ansatz des Bibelverständnisses, etwas ändert und deshalb glaubwürdige Pluralität gerade auch in ethischen und gesellschaftspolitischen Fragen einkehrt. ...
Es ist religionssoziologisch belegt, dass es in jeder Religion und Glaubensrichtung fundamentalistische und bekenntniskonservative Gruppierungen gibt – das wird sich nie ändern. …
Sie stehen weder für den Pietismus noch für die evangelikale Welt und dürfen gern alle anders Geprägten als „abgefallen“ oder „irrend“ bezeichnen – das ändert nichts an der durchschaubaren Begrenztheit ihres Anliegens und ihres Ansatzes. …
Es könnte sein, dass die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Sarah Palin in einer Sache recht hatte. Sie sagte gern, dass man ein Schwein mit Lippenstift schminken kann, doch es bleibt immer noch ein Schwein. Vielleicht war der Evangelikalismus – in seinem Kern, seinem unveränderlichen Kraftzentrum – nie mehr als Fundamentalismus mit geschminkten Lippen. ...
Die pietistische und evangelikale Bewegung wird, um ihres Fundamentes und ihres Auftrages willen, in dieser Zeit neu zeigen müssen, dass sie nicht nur „geschminkter Fundamentalismus“ ist. …
Aus meiner Sicht und vielfältigen Erfahrung sind biblizistische und fundamentalistische Ansätze als hermeneutische Modelle ungeeignet zu einer sachgemäßen und ebenso zeitgemäßen Auslegung der Heiligen Schrift. …
Biblizismus und Fundamentalismus müssen natürlich skeptisch sein, was die Rolle der Kultur und Zeit angeht, denn durch das biblische Wort ist vermeintlich ja alles Wesentliche – für jede Zeit – gesagt.
Das ist aus meiner Sicht auch der tiefere Grund, warum „Modernitätsschübe“ sich im pietistischen und evangelikalen Raum immer nur mit Verzögerung und unter großem Wehklagen durchsetzen. …
Ich möchte nicht mehr verantwortlich sein für Bewegungen, in denen eine von einigen vertretene fundamentalistische oder biblizistische Lesart der Heiligen Schrift oder eine geringe Gewichtung der Bedeutung kultureller Entwicklungen für ethische Entscheidungen zu den immer gleichen Diskussionen führt.
Und bei denen jedes Mal Menschen auf der Strecke bleiben. Das kann ich nicht mehr, das will ich nicht mehr. Da bin ich wortwörtlich herausgewachsen. Nicht über all das Gute in diesem Glaubensprofil an sich, aber über eine bestimmte Art und Weise, die Bibel zu lesen und deshalb die Welt so völlig anders zu betrachten, als ich das heute tue.
Ich schildere diese inneren Entwicklungen, die ich bisher nur ansatzweise öffentlich gemacht habe, deshalb in diesem Kapitel, weil es Ihr schwulen und lesbischen Menschen wart, die Ihr mit Eurer schonungslosen Offenheit, Eurer Geduld mit mir, Euren Gebeten diesen Weg für mich eröffnet habt.
Und so fand ich einen Weg – ganz klar, weil ich ihn gesucht habe. Ich WOLLTE meine ablehnende Haltung gegenüber queeren Menschen aufgeben, weil ich felsenfest davon überzeugt war und bin, dass Gott das Elend, das Leid, die Not, die „wir Frommen“ diesen Menschen zugefügt haben, nicht will. ….
Es geht nicht um mich und es ist wahrlich kein Ruhmesblatt, dass ich so lange für diese Entwicklung gebraucht habe. Es geht um LSBTIQ-Menschen und um ihre Situation in der pietistischen und evangelikalen Bewegung.
Ja, die meisten haben längst mit dem Herzen und den Füßen abgestimmt und sind nun in anderen Gemeinden und Kirchen beheimatet. Aber es gibt immer noch auch mir bekannte, etwa homosexuelle Ehren- und Hauptamtliche in der Gemeinschaftsbewegung, die weiterhin aushalten, trotz manchmal schwierigster diskriminierender Erfahrungen. … Bis sich das in allen Gemeinden, Verbänden, Werken durchsetzt, wird noch Zeit vergehen. …
Es wird die Aufgabe der nachfolgenden Generationen sein, die ich hiermit besonders und direkt anspreche, diesen Weg der Öffnung weiter voranzutreiben. Für viele kommt das zu spät, auch für viele queere Menschen in der pietistischen und evangelikalen Bewegung, aber wenn man die heftigen Kämpfe in anderen Glaubensgemeinschaften wie der anglikanischen, der katholischen, der methodistischen Kirche sieht, weiß man, wie heiß umstritten derlei Fragen immer noch sind."
Dr. Michael Diener, Theologe und Autor, Dekan, seit 2015 Mitglied im Rat der EKD, 2009-2020 Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, 2012-2016 Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz.
(Diener, M., 2021. Raus aus der Sackgasse! Wie die pietistische und evangelikale Bewegung neu an Glaubwürdigkeit gewinnt. adeo Verlag, 2021)
Dr. Kerstin Söderblom (2017)
"Kerstin Söderblom ist Unipfarrerin und in der evangelischen Kirche ein Star." (taz.de | 9.06.24)
Bild: Gustav Kuhweide, FOTO-KUHWEIDE.DE, lic.CC BY-SA 3.0 de, commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=70780080
"Der "Lackmustest" für christlichen Fundamentalismus ist laut Söderblom die Weise, wie Christinnen oder Christen mit nichtnormativer Sexualität umgehen. Wer als Christin mit einer anderen Frau zusammenlebt, wird mit Sicherheit immer wieder auf fundamentalistische Einwände stoßen. "Da muss man Gesicht zeigen", sagt Kerstin Söderblom."
Pfarrer Frank Muchlinsky, seit 2012 Redakteur bei evangelisch.de.
(Muchlinsky, F., 2017, 26. Mai. Wir sind die Frommen! Strategien gegen religiösen Fundamentalismus. evangelisch.de. Abgerufen am 20. August 2024, von evangelisch.de/inhalte/143979/26-05-2017/feministinnen-suchen-strategien-gegen-fundamentalismus)
"Ich bin davon überzeugt, dass der Umgang mit queeren Menschen und anderen Personen aus Minderheitengruppen ein Lackmustest ist für die Frage, wie Kirchen und Religionsgemeinschaften mit Menschen umgehen, die aus welchen Gründen auch immer anders sind, und ob gleichberechtigte Teilhabe von ganz unterschiedlichen Menschen in kirchlichen Kontexten gelingt."
Dr. Kerstin Söderblom, Theologin und Autorin, seit 2020 Hochschulpfarrerin an der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) in Mainz, 2008-2011 Lehrbeauftragte an der Goethe Universität in Frankfurt.
(Söderblom, K., 2024, Januar 29. Queersensible Seelsorge. In Gott ist … was? Herausforderungen und Chancen Queerer Theologie. Referat auf der Jahrestagung des Theologinnenkonvents vom 28. bis 31. Januar 2024 im Kloster Selbitz. Theologinnenkonvent. Abgerufen am 20. August 2024, von theologinnenkonvent.de/pdf/JT-2024/Soederblom_Queersensible-Seelsorge.pdf, S. 12)
"katholisch.de-Interview: Lässt sich aus der Bibel eine Abwertung von Homosexualität herauslesen?
Dr. Ilse Müllner: Nein, aus der Bibel lässt sich überhaupt nicht ableiten, wie man sich heute als Christ oder als Christin mit Blick auf das Thema Homosexualität positionieren muss. Erstens, weil die Bibel nichts über Homosexualität, wie wir sie heute verstehen, aussagt.
Und zweitens, weil die sexuellen Akte, die darin beschrieben werden, immer in ihrem jeweiligen kulturellen und sozio-historischen Kontext betrachtet werden müssen. Die Vorstellungen von einer homosexuellen Partnerschaft gab es damals noch nicht. Davon spricht man erst seit Beginn des 19. Jahrhunderts. …
Man kann diese Stellen nicht gegen Homosexualität, wie sie heute verstanden wird, heranziehen, denn es geht darin nicht um eine auf Dauer angelegte Liebesbeziehung von Menschen gleichen Geschlechts. …
In der Antike ist ein sexueller Akt zwischen Männern durch ein Machtverhältnis definiert. Es geht nicht um eine Partnerschaft auf Augenhöhe, sondern darum, auszusagen, wer mächtig und reich ist und wer den anderen sexuell wie einen Sklaven beherrscht. Es wird hier vom erwachsenen Mann und dem Knaben gesprochen, vom Überlegenen und dem Unterlegenen. Sexualität kann auch zur Kriegswaffe werden, auch etwas, was wir bis in die heutige Zeit hinein kennen.
Gegen diese antike Praxis einer machtförmigen Sexualität zwischen Männern hat sich Paulus in seinem Brief an die Römer gewandt. Daher verurteilt er den Geschlechtsverkehr von Männern mit Männern als "gegen die Natur".
Was man aus der Beschäftigung mit biblischen Texten lernen kann, ist, dass es nicht um die Beurteilung einzelner sexueller Akte geht, sondern dass Sexualität immer in Beziehung und im Kontext von Gemeinschaften gelebt wird, also soziale Funktionen hat. … Ich finde es alarmierend, wenn einzelne biblische Sätze aus einem komplexen System herausgerissen und in der Sexualethik angewandt werden. …
Die Aufgabe einer christlichen Kirche und ihrer Theologie ist immer, ins Gespräch mit den Texten der Bibel zu gehen und das in Sensibilität für die jeweils gegenwärtige gesellschaftliche Situation zu tun. … Wir müssen Abschied nehmen davon, einzelne sexuelle Akte zu be- und verurteilen. …
Ich versuche nur deutlich zu machen, dass man biblische Texte in ihrem Kontext verstehen muss und dass der antike Kontext ein anderer ist als der heutige. So müssen wir die Bibel lesen und nicht anders. …
Einzelne Sätze aus ihrem Zusammenhang zu reißen und als unmittelbare Handlungsanweisung zu benutzen, geht einfach gar nicht."
Prof. Dr. Ilse Müllner, seit 2004 Professorin für Biblische Theologie / Altes Testament am Institut für Katholische Theologie der Universität Kassel.
(Müllner, I., 2018, Oktober 16. An keiner Stelle verurteilt die Bibel Homosexualität! katholisch.de, Abgerufen am 20.08.2024, von katholisch.de/artikel/19245-an-keiner-stelle-verurteilt-die-bibel-homosexualitaet)
"Für eine queersensible Seelsorge ist es nicht notwendig, alle Bibelverse zu kennen, die Homosexualität negativ beurteilen. Wichtig ist es aber, deutlich zu machen, dass diese Texte über zweitausend Jahre alt sind und in einer völlig anderen Zeit und in nicht vergleichbaren kulturellen und religiösen Kontexten entstanden sind. Sie lassen sich daher nicht wörtlich als moralische Orientierung und Handlungsanweisung für das 21. Jahrhundert nutzen.
Hilfreich ist es dennoch gerade in bibeltreuen Milieus, die sogenannten »Clobber Passages« (englisch für »Knüppelpassagen« oder »Totschlagtexte«) zu kennen. ... Dazu gehören: Genesis 19,1–13; Levitikus 18,22; Levitikus 20,13; Römer 1,18–32; 1. Korinther 6,9 f.; 1. Timotheus 1,9–10.
Die Verse werden wörtlich aus der Bibel zitiert, ohne in den historischen, kulturellen und sozialpolitischen Kontext der Entstehungszeit eingeordnet zu werden. Die wenigen Verse werden auf diese Weise unkritisch missbraucht, um die eigene abwertende Haltung gegenüber Homosexualität biblisch zu belegen und als unantastbares Gottesurteil zu markieren. Dadurch soll sie vor Gegenargumenten geschützt werden.
Problematisch ist, dass wissenschaftliche Ansprüche einer hermeneutisch reflektierten Bibellektüre dabei wider besseres Wissen unterlaufen oder ganz ignoriert werden. Moralische Verurteilung geschieht durch die wörtliche Zitierung von Einzelversen, die aus dem Zusammenhang gerissen werden. Dadurch werden Sätze wie »Aber in der Bibel steht doch …«, »G:tt verabscheut Homosexualität!« und »Das ist sündig und nicht gottgewollt!« zu brutalen Waffen gegen Menschen, die sich dagegen kaum wehren können und wogegen scheinbar nichts gesagt werden darf.
»G:tt verdammt Homosexualität!« Wie praktisch, dass Menschen, die das schreiben und sagen, G:tt so gut kennen, dass sie solche Sätze wie eine religiös geladene Waffe nutzen, mit denen sie Menschen ins Herz treffen können. Denn es steht doch so in der Bibel, oder?
Dagegen steht die historisch-kritische Bibelhermeneutik, die unter Bibelwissenschaftler:innen schon seit über hundert Jahren anerkannt ist und bis heute praktiziert wird. Es geht um die zeitliche, geografische, kulturelle, religiöse und sprachliche Kontextualisierung biblischer Verse und ganzer biblischer Bücher. ...
Dennoch haben die »Clobber Passages« nach wie vor inhaltlich und moralisch in vielen christlichen Gruppen und Gemeinden eine enorm hohe Autorität und eine konkrete Auswirkung auf individuelle und kollektive Haltungen und Positionen. Insofern ist es für eine queersensible Seelsorge bedeutsam, eine gründliche theologische Klärung der bekannten Textstellen anzubieten.
Wer nur auf den alle gleich liebenden G:tt verweist, missachtet die religiöse Not, die viele Seelsorgesuchende gerade im Hinblick auf die biblischen Aussagen mit sich herumtragen. Diese müssen ernst genommen und substanziell entkräftet werden."
Dr. Kerstin Söderblom, Theologin und Autorin, seit 2020 Hochschulpfarrerin an der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) in Mainz, 2008-2011 Lehrbeauftragte an der Goethe Universität in Frankfurt.
(Söderblom, K., 2023, März 6. Queersensible Seelsorge. Vandenhoeck & Ruprecht)
Stuttgarter Erklärungsbibel 2023 | Deutsche Bibelgesellschaft
shop.die-bibel.de/BIBELDIGITAL.-Stuttgarter-Erklaerungsbibel.-Download-Modul/2785
"25 Sie haben Gottes Wahrheit in Lüge verkehrt und das Geschöpf verehrt und ihm gedient statt dem Schöpfer, der gelobt ist in Ewigkeit. Amen.
26 Darum hat sie Gott dahingegeben in schändliche Leidenschaften; denn bei ihnen haben Frauen den natürlichen Verkehr vertauscht mit dem widernatürlichen;
27 desgleichen haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen und sind in Begierde zueinander entbrannt und haben Männer mit Männern Schande über sich gebracht und den Lohn für ihre Verirrung, wie es ja sein musste, an sich selbst empfangen."
Römer 1,25-27
(Lutherbibel, revidiert 2017. Römer 1,25-27. In Die Bibel, LUT. Deutsche Bibelgesellschaft)
"Röm 1,24-32: V. 24-32 beschreibt die göttl. Reaktion auf dieses Fehlverhalten, die schon jetzt sichtbar ist. Untergliedert durch ein dreifaches hat Gott sie dahingegeben (V. 24.26.28) schildert Paulus, wie Gott den Menschen an sich selbst ausliefert, weil er – statt Gott zu lieben – um sich selbst kreist. In dieser Selbstbezogenheit vollzieht der Mensch selbst (V. 24.27) die Strafe für seine Ungerechtigkeit.
Auch ungezügelte sexuelle Begierden und Praktiken (V. 26-27) sind nicht Grund, sondern Gestalt des Strafens Gottes. Die Bezeichnung heterosexueller geschlechtlicher Liebe als natürlicher Verkehr entspricht den damals geltenden kulturellen Normen.
Für die heutige Bewertung von gleichgeschlechtlicher Sexualität kann der Text nicht pauschal herangezogen werden, weil er nur nach Praktiken, nicht aber nach homosexueller Identität fragt. Diese Frage ließe sich mit Paulus von Gal 3,28 her bedenken.
Der dritte Abschnitt zählt weitere Formen menschl. Fehlverhaltens in einem sog. Lasterkatalog auf (V. 29-31; vgl. 13,13; 1. Kor 5,11; 6,9-10; Gal 5,19-21). Auch dieser nennt nicht den Grund, sondern die Auswirkungen des Gerichts:
Das geschieht, wenn und weil Gott die Menschen ihrer Selbstbezogenheit überlässt. So fasst V. 32 zusammen, dass sie trotz ihres Wissens um Gottes Wahrheit (vgl. V. 18-20) an dieser Verirrung festhalten."
Stuttgarter Erklärungsbibel 2023
(Deutsche Bibelgesellschaft, Hrsg., 2023, September 18. Stuttgarter Erklärungsbibel, Neuausgabe 2023)
20 "Du sollst auch nicht bei der Frau deines Nächsten liegen, dass du an ihr nicht unrein wirst.
21 Du sollst auch nicht eins deiner Kinder geben, dass es dem Moloch geweiht werde, damit du nicht entheiligst den Namen deines Gottes; ich bin der HERR.
22 Du sollst nicht bei einem Mann liegen wie bei einer Frau; es ist ein Gräuel."
3. Mose 18,20-22
(Lutherbibel, revidiert 2017. Levitikus 18,20-22. In Die Bibel,LUT. Deutsche Bibelgesellschaft)
"3. Mose 18,19-21: In V. 20 wird der Ehebruch und in V. 21 die Weihe von Kindern für einen heidnischen Kult (->Moloch) verboten.
3. Mose 18,22-23: Im Alten Orient wurde gleichgeschlechtliche Sexualität unterschiedlich beurteilt, in manchen Kulturen galt sie als normale Form der Sexualität. Von solchen Praktiken anderer Völker soll sich Israel als Gottesvolk abgrenzen."
Stuttgarter Erklärungsbibel 2023
(Deutsche Bibelgesellschaft, Hrsg., 2023, September 18. Stuttgarter Erklärungsbibel, Neuausgabe 2023)
PD Dr. theol. Guido Baltes (Februar 2023)
"Für Jesus und Paulus war die Frage der Gestaltung von Sexualität übrigens keine Nebensache, auch wenn es manchmal so zu lesen ist. …
Wer sich stattdessen die Mühe macht, die jüdische Welt von Jesus und Paulus besser kennenzulernen, der entdeckt, dass sich beide in diesen Fragen einig waren mit den meisten ihrer jüdischen Zeitgenossen. Und dass sie deshalb nicht viel dazu sagen mussten. Ein Thema, über das man nicht viel reden muss, ist entweder eine Nebensache oder eine Selbstverständlichkeit.
In dieser Frage gilt aber mit Sicherheit das Zweite: Das wird dort deutlich, wo Jesus und Paulus die wichtigsten Grundregeln eines gottgemäßen Lebensstils in kurzen Listen zusammenfassen.
In solchen Aufzählungen nennen sie stets das griechische Wort porneia (hebr. zenuth). Dieses Wort schließt nach jüdischem Verständnis alle sexuellen Beziehungen außerhalb der Ehe ein. Mehr Worte musste man deshalb in der jüdischen Welt gar nicht verschwenden, um eindeutig Position zu beziehen.
Diese Eindeutigkeit ist für viele Christen heute irritierend. Selbst solche, die sich in anderen Fragen radikal am Lebensstil Jesu orientieren, versuchen dem jüdischen Jesus an dieser Stelle auszuweichen: Er war eben ein Kind seiner Zeit und deshalb etwas engstirnig. Würde er heute leben, würde er das bestimmt anders sehen.
Aber ich glaube, auch das ist eines von vielen Missverständnissen: Jesus und seine jüdischen Zeitgenossen dachten in dieser Frage nicht nur deshalb so anders als wir, weil sie in einer anderen Zeit und in einer prüderen Welt lebten. Im Gegenteil: Die jüdische Ethik war schon damals ein ganz bewusster Gegenentwurf zu dem, was allgemein üblich war."
PD Dr. theol. Guido Baltes, Privatdozent für Neues Testament an der Philipps-Universität Marburg, mit Lehraufträgen am MBS-Bibelseminar Marburg und der Evangelischen Hochschule Tabor.
(Baltes, G., 2013, September 1. Jesus, der Jude, und die Missverständnisse der Christen. Francke-Buch; 1., Edition)
"Der Begriff der Unzucht (griechisch porneia) ist im Tanach vor allem durch 3. Mose 18 und 20 geprägt, sowie durch das sechste/siebente der Zehn Gebote („Du sollst nicht ehebrechen“). Im 3 Mose 18 geht es um Geschlechtsverkehr unter Verwandten (Inzest) (Lev 18,6 -18 ELB), Geschlechtsverkehr während der Menstruation (Lev 18,19 ELB), Geschlechtsverkehr unter Männern (homosexuelle Handlungen) (Lev 18,22 ELB) und Geschlechtsverkehr mit Tieren (Zoophilie) (Lev 18,23 ELB)."
Wikipedia, 2024. Unzucht. In Wikipedia. Abgerufen am 20. Mai 2024, von wikipedia.org/wiki/Unzucht.
"Porneia bezeichnet im Neuen Testament alle sexuellen Betätigungen außerhalb der Ehe des einen Mannes mit seiner Frau, also auch Ehebruch, Prostitution und homophile Beziehungen. Diese Definition bestätigen alle einschlägigen biblischen Wörterbücher und Kommentare."
Karl-Heinz Vanheiden, Physiker, Autor und Bibelübersetzer (NeÜ), Mitglied im Ständigen Ausschuss des Bibelbundes, von 1998 bis 2013 Schriftleiter der Bibelbund-Zeitschrift Bibel und Gemeinde.
(Vanheiden, K.-H., 2024. Abgerufen am 20. Mai 2024, von derbibelvertrauen.de/lexikon/bibel/porneia.html)
"Wer homosexuellen Geschlechtsverkehr - unter bestimmten Bedingungen - befürworten will, muss dies im Widerspruch zu den Aussagen der Heiligen Schrift tun."
Prof. Dr. Andreas D. Baum, seit 2010 Professor für Neues Testament an der Freien Theologischen Hochschule Gießen (FTH).
(Baum, A. D., 2024, März 29. Muss die traditionelle Deutung der biblischen Sexualethik revidiert werden? In Goddard, A., & Horrocks, D., Hrsg., Homosexualität: Biblische Leitlinien, ethische Überzeugungen, seelsorgerliche Perspektiven, ergänzte Edition 2024. Verlag für Glaube, Theologie & Gemeinde, VGTG)
"Es ist dem Menschen nicht die Vollmacht verliehen, die offensichtliche Wahrheit der Bibel zu verändern."
Dr. Don Horrocks, von 2010-2015 Öffentlichkeitsreferent der britischen Evangelischen Allianz.
(Horrocks, D., 2024. In A. Goddard & D. Horrocks (Hrsg.), Homosexualität: Biblische Leitlinien, ethische Überzeugungen, seelsorgerliche Perspektiven. VGTG. Zit. nach Chalke und Mann, 2010, S. 64)
"Wer will denn hier Bibelstellen zitieren? Hört doch auf mit der Bibel konservative Irrtümer in eine moderne Gesellschaft zu setzen. Das hat keinen Wert. Wenn ihr in euren konservativen Gruppen glücklich seid - Gott segne euch und mache euch selig. Aber lasst den Rest der Christenheit in Ruhe."
Prof. Dr. theol. Siegfried Zimmer, 1993–2012 Professor für evangelische Theologie und Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, 1986–1993 Dozent für Religionspädagogik an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg, Mitgründer von Worthaus e.V. und Hauptreferent bei Worthaus seit 2010.
(Zimmer, S., 2015, Juli 31. Christliche Sexualethik – Der Unterschied in den Paarbeziehungen zwischen antiken und modernen Gesellschaften | 5.8.1. Worthaus@Freakstock 2015 – Allstedt: 31. Juli 2015, 1:06:30 bis 1:06:52. Abgerufen am 28. Mai 2024, von worthaus.org/mediathek/christliche-sexualethik-der-unterschied-in-den-paarbeziehungen-zwischen-antiken-und-modernen-gesellschaften-5-8-1/)
"Nirgends ist so auffällig wie in Fragen der Sexualmoral, dass ein fundamentalistisches Bibelverständnis an der realen Bibel vorbeigeht. ...
Das bedeutet nicht, dass Sexualmoral für Christen kein Thema ist. Es bedeutet, dass sie sich nach bestem Wissen und Gewissen aus der Nachfolge Jesu ergibt und dass sie ... nicht im Mittelpunkt dessen steht, was Nachfolge bedeutet. ...
Die Fähigkeit, an den eigenen, universalen Wahrheiten festzuhalten und gleichzeitig politische oder moralische Geltungsansprüche angemessen zu beschränken, ist das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen Fundamentalisten und Nicht-Fundamentalisten. …
Um den Punkt ganz klarzumachen: Universale Wahrheiten festzuhalten ist nicht fundamentalistisch, sondern einfach religiös … Allen Menschen die eigene Lebensweise aufzwingen zu wollen, ist nicht religiös, sondern fundamentalistisch, egal, was unsere protestantischen Fundamentalisten darüber denken mögen. ...
Die Kirchenleitungen und die Funktionärsebenen werden als politisch und gesellschaftlich einseitig liberal bis libertär wahrgenommen ... dass konservative politische und moralische Positionen nicht mit kirchlicher Autorität unterstützt werden. ... Der „progressive“ oder liberale Flügel der evangelischen Kirche beteiligt sich völlig kritiklos an der Ausgrenzung von „Homophoben“.
Viele Evangelikale reagieren ebenso unkritisch, indem sie den Satz „Homosexualität ist Sünde“ zu einem Prüfstein für den richtigen Glauben machen. In der Kampagne gegen den Allianz-Vorsitzenden Michael Diener war seine abwägende Haltung gegenüber Homosexualität der wichtigste Grund, ihm mangelnde „Bibeltreue“ vorzuwerfen. ...
Es gibt sicherlich eine Nähe zwischen vielen Evangelikalen und Rechtspopulisten bei bestimmten politischen Themen, unter anderem bei der Ablehnung der sogenannten Gender-Ideologie und der rechtlichen Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften.
Diese thematische Nähe führt aber meist (nach meiner Ansicht bei der Mehrheit) nicht zu einer politischen Nähe zur AfD ... Zum Beispiel sind die meisten Evangelikalen nicht bereit, die Flüchtlings- und Asylpolitik der AfD zu unterstützen. Rassismus wie in der AfD gibt es bei ihnen kaum.
Wenn es überhaupt eine politische Nähe der evangelikalen Mehrheit zu einem politischen Lager gibt, dann ist es die gute alte CDU/CSU. Nur der fundamentalistische Rand der Bewegung steht auch politisch der AfD nahe."
Helmut Hemminger, bis 2013 Beauftragter für Weltanschauungsfragen der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.
(Hemminger, H., 2016. Evangelikal: Von Gotteskindern und Rechthabern. Brunnen Verlag Gießen)
Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) | ekd.de
EKD-Orientierungshilfe "Mit Spannungen leben" (1996) "Die wichtigsten alt- und neutestamentlichen Aussagen zum Thema "Homosexualität" finden sich in Lev 18,22 und 20,13 sowie in Röm 1,26f.; I Kor 6,9-11 und I Tim 1,10. Sie werten homosexuelles Verhalten ausnahmslos negativ als "Greuel", als "schändliche Leidenschaft", als Ungerechtigkeit, die vom Reich Gottes ausschließt, und als Verstoß gegen Gottes Gesetz …
Diesem eindeutigen Befund stehen jedoch zwei Beobachtungen gegenüber:
Im biblischen Gesamtzeugnis ist Homosexualität ein Nebenthema.
In der uns überlieferten Verkündigung Jesu spielt das Thema "Homosexualität" keine Rolle.
Dadurch werden aber die deutlichen Aussagen nicht aufgehoben, denen zufolge homosexuelle Praxis zwischen Männern (Lev 18 und 20; Röm 1,27), zwischen Frauen (Röm 1,26) sowie zwischen Männern und Knaben (I Kor 6,9; I Tim 1,10) dem Willen Gottes widerspricht. …
Verschiedene Auslegungsversuche haben sich als unzutreffend oder unzureichend erwiesen: So ist es nicht zutreffend, daß Homosexualität in der Bibel (und insbesondere im Alten Testament) nur abgelehnt werde, weil sie zum Kult anderer Götter gehört oder sofern Menschen durch spezifische homosexuelle Praktiken gedemütigt werden.
Die These, an keiner Stelle sei in der Bibel von anlagebedingter, vorwillentlicher Homosexualität (ausdrücklich) die Rede, trifft zwar zu, sagt aber nichts darüber aus, ob und inwiefern eine solche Sicht der Homosexualität die jeweiligen biblischen Aussagen modifizieren oder korrigieren würde. ...
Blickt man ... auf die biblischen Aussagen zur Homosexualität zurück, so muß man konstatieren, daß nach diesen Aussagen homosexuelle Praxis dem Willen Gottes widerspricht.
Zugleich muß man feststellen, daß die Frage nach einer ethisch verantwortlichen Gestaltung einer homosexuellen Beziehung vom Liebesgebot her an keiner dieser Stellen thematisiert wird. …
Da das Liebesgebot ausnahmslos und umfassend gilt, kann auch homosexuelles Zusammenleben nicht von seiner Geltung ausgenommen werden. Das heißt aber: Der im Liebesgebot ausgesprochene Wille Gottes gilt (auch) für die Gestaltung homosexuellen Zusammenlebens.
Damit ergibt sich eine deutliche Spannung; denn das zuletzt Gesagte hebt nicht auf, daß es keine biblischen Aussagen gibt, die Homosexualität in eine positive Beziehung zum Willen Gottes setzen - im Gegenteil.
Die negativen Aussagen bedeuten aber im Lichte des Evangeliums, d.h. unter der Zusage der Gnade Gottes, keinen definitiven Ausschluß aus der Gottesgemeinschaft und beziehen sich im übrigen nur auf die homosexuelle Praxis als solche, nicht jedoch auf deren ethische Gestaltung.
Betrachtet man sie jedoch in dieser Perspektive, dann muß vom Gesamtzeugnis der Bibel her gesagt werden, daß für die Gestaltung einer homosexuellen (wie jeder anderen zwischenmenschlichen) Beziehung entscheidend ist, ob sie in Liebe zu Gott und Menschen gelebt wird, und d.h. auch: ob sie die Bereitschaft zur Annahme der Lasten einer Beziehung einschließt. ...
Die Spannung zwischen dem biblischen Widerspruch gegen homosexuelle Praxis als solche und der Bejahung ihrer ethischen Gestaltung gemäß dem Willen Gottes verschwindet dadurch nicht, kann aber von daher verstanden und ausgehalten werden."
Rat der EKD. Das von Synode und Kirchenkonferenz gewählte Leitungsgremium der Evangelischen Kirche in Deutschland.
(Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland., 1996, Februar 26. Mit Spannungen leben: Orientierungshilfe des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland zum Thema „Homosexualität und Kirche“, EKD-Texte Nr. 57. Abgerufen am 28. Juni 2024, von ekd.de/spannungen_1996_homo.html)
"Der Rat der EKD hat 1996 unter dem Titel "Mit Spannungen leben" eine Orientierungshilfe zum Thema "Homosexualität und Kirche" veröffentlicht. Er hält darin am biblischen Widerspruch gegen homosexuelle Praxis als solche fest, setzt sich jedoch vom Liebesgebot her für ihre ethisch verantwortliche Gestaltung ein. …
Es ist ethisch geboten, Verlässlichkeit und Verantwortung im menschlichen Zusammenleben zu stärken. Die Verbesserung der rechtlichen Stellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften ist nach Auffassung der EKD dafür ein geeigneter und begrüßenswerter Weg. …
Aus der Sicht der EKD erscheint es ... vertretbar, sich für rechtliche Regelungen einzusetzen, die dem Ziel dienen, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften als Verantwortungsgemeinschaften zu festigen."
Prälat Dr. Stephan Reimers, 1999–2009 Bevollmächtigter des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union.
(Reimers, S., 2000, September 18. Stellungnahme zur Verbesserung der Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften aus Anlass der Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages. Abgerufen am 28. Juni 2024, von ekd.de/23557.htm)
"In der Orientierungshilfe der EKD "Mit Spannung leben" ... wird nicht mehr der Versuch gemacht, die biblischen Aussage so umzudeuten, dass man eine positive Wertung homosexueller Handlungen daraus ableiten könnte. ... Das allumfassende Liebesgebot gäbe die Berechtigung zu einer "ethisch verantwortlichen Gestaltung einer homosexuellen Beziehung. ...
Alle, bis auf die württembergische Kirche, haben inzwischen Segnungen oder Trauungen gleichgeschlechtlicher Paare ermöglicht." [Stand April 2017]
[2019 hat die 15. Landessynode ein Gesetz beschlossen, nach dem in den württembergischen Kirchengemeinden Gottesdienste zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare möglich sind. Vgl.: elk-wue.de/leben/gemeinde/homosexualitaet, Juli 2024]
Pfarrer Ulrich Parzany, Theologe u. Buchautor, seit 2016 Vorsitzender Netzwerk Bibel und Bekenntnis, 1991-2005 Leiter u. Redner ProChrist e.V., 1987-2005 Mitglied im Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz, 1984-2005 Generalsekretär CVJM-Gesamtverband Deutschland.
(Parzany, U., 2017, November 8. Was nun, Kirche? Ein großes Schiff in Gefahr, 3. Ed.. SCM Hänssler)
Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland | EKD (2021)
„Rat EKD 2021“ von Jens Schulze für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist lizenziert unter CC BY-SA 4.0.
"Bei der Auslegung des Johannesevangeliums ... spielen erotische Elemente am ehesten im vierten Evangelium eine Rolle. ... Zugleich ist es auffallend, dass nur in diesem Evangelium Effeminierungstendenzen beobachtet werden, und zwar am Lieblingsjünger, der Jesus besonders nahekommt."
Prof. Dr. Peter Wick, evangelischer Theologe, seit April 2003 Inhaber des Lehrstuhls für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum, Worthaus-Referent.
(Wick, P., 2023. Das Geheimnis des Evangeliums: Kapitel 8 | Johannes (2023. Ed., S. 366 f.). Brill | Schöningh)
EKD-Orientierungshilfe "Zwischen Autonomie und Angewiesenheit" (2013) "Deutet man die biblischen Aussagen, in denen Homosexualität als Sünde gekennzeichnet wird (3. Mose 18,22; 20,13; Röm 1,26-27), als zeitlos gültig, kann man zu der Meinung kommen, eine homosexuelle Partnerschaft sei mit einer heterosexuellen keinesfalls vergleichbar.
Allerdings gibt es auch biblische Texte, die von zärtlichen Beziehungen zwischen Männern sprechen. Fragt man jenseits dieser einzelnen Textstellen nach dem, was menschliche Beziehung in Gottes Schöpfung ausmacht, dann ist zu konstatieren: Der Mensch wird von Anfang an als Wesen beschrieben, das zur Gemeinschaft bestimmt ist (1. Mose 2,18). Durch das biblische Zeugnis hindurch klingt als »Grundton« vor allem der Ruf nach einem verlässlichen, liebevollen und verantwortlichen Miteinander, nach einer Treue, die der Treue Gottes entspricht.
Liest man die Bibel von dieser Grundüberzeugung her, dann sind gleichgeschlechtliche Partnerschaften, in denen sich Menschen zu einem verbindlichen und verantwortlichen Miteinander verpflichten, auch in theologischer Sicht als gleichwertig anzuerkennen.
Nutzen homosexuelle Menschen heute die rechtliche Möglichkeit der eingetragenen Partnerschaft, dann erklären sie, wie heterosexuelle Menschen bei der Eheschließung, öffentlich ihren Willen, sich dauerhaft aneinander zu binden und füreinander Verantwortung zu tragen. …
Wo sich Menschen in den ihre Beziehungen entscheidenden Lebenssituationen unter den Segen Gottes stellen wollen, sollte sich die Kirche deshalb auch aus theologischen Gründen nicht verweigern, denn »nach reformatorischem Verständnis sind die Aussagen der Bibel zum Zusammenleben der Menschen in ihrer Vielfalt zu beachten und an der Nähe zur Botschaft von der Versöhnung der Welt in Christus und der Rechtfertigung der Menschen bei Gott durch Jesus Christus zu messen«."
Rat der EKD. Das von Synode und Kirchenkonferenz gewählte Leitungsgremium der Evangelischen Kirche in Deutschland.
(Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland., 2013. Zwischen Autonomie und Angewiesenheit: Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken. Eine Orientierungshilfe des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, EKD, Hg., Abgerufen im Juli 2024, von ekd.de/22588.htm)
"Wer einen Menschen desselben Geschlechtes liebt und kirchlich heiraten will, stößt je nach Landeskirche auf sehr unterschiedliche Regelungen. Am meisten ist bisher im Rheinland, in Berlin-Brandenburg, Hessen-Nassau, Kurhessen-Waldeck, Baden, in der Reformierten Kirche und in der Nordkirche möglich.
Heiratswillige Homosexuelle haben in Deutschland grundsätzlich fast überall die Möglichkeit, sich von einem PfarrAer einen Segen zusprechen zu lassen. In welcher Form das geschieht, wird von den 20 Landeskirchen aber höchst unterschiedlich geregelt. ...
In den meisten Fällen überlassen sie den jeweiligen Pfarrerinnen, Pfarrern und Gemeinden die konkrete Ausgestaltung der Feier."
Markus Bechtold, Anne Kampf, und Johannes Süßmann, Redakteure bei evangelisch.de.
(Bechtold, M., Kampf, A., & Süßmann, J., 2023, Juni 2. Segnung Homosexueller: Bunt wie ein Regenbogen. Wie gehen die Landeskirchen mit der Trauung und Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften um? Evangelisch.de. Abgerufen am 28. Juni 2024, von evangelisch.de/inhalte/111225/02-06-2023/segnung-homosexueller-bunt-wie-ein-regenbogen)
"Für Christen könnte es eine Definition eines gelungenen Lebensentwurfes sein: mit Dankbarkeit auf die Gaben und Talente zu antworten, die Gott in mich hineingelegt hat. Das ist ganz unabhängig gültig von der sexuellen Orientierung, weil auch diese integraler Bestandteil unserer schöpfungsmäßigen Ausstattung ist. …
Ich muss zugeben, ich fände es recht angenehm, wenn ich jetzt nicht allein, »auf eigene Rechnung«, Schlussfolgerungen daraus ziehen müsste. Mir wäre viel lieber, wenn wir Christen so wie beim Apostelkonzil in der Apostelgeschichte (15,1ff.) eine definitive, unsere Mitchristen entlastende, eindeutige Stellungnahme abgeben könnten. Aber das geht ja schon deshalb nicht, weil wir in so viele Konfessionen gespalten sind. …
So wäre nach allem Gesagten mein Vorschlag für eine Einigung der folgende: Homosexuelle Christen dürfen ebenso wie heterosexuelle Christen eine verbindliche, treue Ehe unter dem Segen Gottes und der Gemeinde eingehen und sind in der Gemeinde in jeder Hinsicht willkommen."
Dr. Martin Grabe, Psychiater und Psychotherapeut, seit 1998 Chefarzt der Klinik Hohe Mark in Oberursel.
(Grabe, M., 2020 Juni 30. Homosexualität und christlicher Glaube: Ein Beziehungsdrama. Francke-Buch)
Prof. Dr. Thorsten Dietz, Ev. Theologe, Gott, die Kirche und der Regenbogen. Glaube und Homosexualität, Erwachsenenbildung Ev. KK Siegen-Wittgenstein (04.05.2023)
"Die EKD scheint dort angekommen, wohin sich andere gesellschaftliche Akteure schneller und zielstrebiger bewegt haben: Traditionelle Leitbilder gelte es zu überwinden, die Vielfalt der Lebensformen als Ausdruck der befreienden Wirkung des Evangeliums sei anzuerkennen, und zu segnen seien alle Menschen, die sich „in entscheidenden Lebenssituationen unter den Segen Gottes stellen wollen“, wie es die EKD-Orientierungshilfe aus dem Jahr 2013 sagt (Zwischen Autonomie und Verantwortung, 143).
Den Segen zu verweigern, sei theologisch nicht zu begründen. ...
Die Preisgabe der urchristlichen und über Tausende Jahre zumindest im Grundsatz durchgehaltene Überzeugung, dass die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau der einzig legitime Ort ist, für den Gott sexuelle Beziehungen gutheißt, mag im Moment zur Formulierung vorsichtig vermittelnder Neupositionierungen führen; diese werden sich jedoch - siehe die oben skizzierten Entwicklungen in der EKD - binnen weniger Jahre als nicht mehr zu haltende Zwischenetappen auf dem Weg zur vollen Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe erweisen. ...
Die evangelikale Bewegung (und damit auch die meisten Freikirchen) hat die Diskussion mit einiger Verspätung, dafür aber mit voller Wucht erreicht. … Die Sehnsucht von Evangelikalen, insbesondere im Umgang mit homosexuell empfindenden Menschen ein neues Kapitel aufzuschlagen, ist nur zu gut verständlich. Das „Sündenregister“ ist lang, Ausgrenzung, Verächtlichmachung und peinliche Witzeleien (um nur einiges zu nennen) waren und sind für betroffene Menschen Realität in evangelikalen Gemeinden, und dafür gilt es Buße zu tun"
Prof. Dr. Christoph Raedel, seit 2014 Professor für Systematische Theologie und Theologiegeschichte an der Freien Theologischen Hochschule Gießen (FTH).
(Raedel, C., 2024. Vorwort. In A. Goddard & D. Horrocks, Hrsg., Homosexualität: Biblische Leitlinien, ethische Überzeugungen, seelsorgerliche Perspektiven, ergänzte Ed., S. 11 ff.. VGTG)
"Wer als evangelischer Christ in Deutschland nach theologischer Orientierung sucht, sollte von den Verlautbarungen der EKD nicht viel erwarten. Denn er muss damit rechnen, nicht evangelisch-reformatorischer Theologie zu begegnen, sondern eher dem Zeitgeist des gegenwärtigen Neuprotestantismus! Dies gilt jedenfalls für das Studium der EKD-Orientierungshilfe „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit“.
Dies kann nicht überraschen, ist doch die EKD keine „Kirche“ im eigentlichen Sinn, sondern nur ein Dachverband bzw. Verbund selbständiger evangelischer Landeskirchen, die ihre theologisch-bekenntnismäßige Ausrichtung selbst zu verantworten haben. Maßgeblich für die Identität und das Bekenntnis ist letztlich immer die jeweilige Landeskirche, deren Pfarrer durch ihre Ordination auf das Bekenntnis ihrer Kirche verpflichtet werden."
Pfarrer Dr. Werner Neuer, 2000-2016 Dozent für Systematische Theologie am Theologischen Seminar St. Chrischona.
(Neuer, W., 2024. Das gegenwärtige Eheverständnis der EKD und die Bekenntnisschriften der lutherischen Kirchen. In Die „Regenbogenkirche“ bricht mit dem Bekenntnis. Arbeitskreis Württemberg des Netzwerks Bibel und Bekenntnis. Abgerufen im Juli 2024, von bibelundbekenntnis.de/wp-content/uploads/2024/07/Broschuere-Bekenntnis_Digitalversion_komplett.pdf)
"Will die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden ihr Bekenntnis ändern, bedarf es dafür vielmehr des Konsenses der Kirche … des „magnus consensus“ … Trägerin des Konsenses ist die Kirche insgesamt und daher kann auch nur sie das Bekenntnis ändern.
Die ganze Kirche besteht aber nicht nur aus einem einzelnen rechtssetzenden Organ (das Bekenntnis ist ja gerade nicht Gegenstand der Gesetzgebung …), sondern umfasst alle Organe der Kirchenleitung mit ihren je eigenen Aufgabenstellungen. Auch ist die Kirchengemeinde als Grundeinheit des kirchlichen Lebens zu berücksichtigen, so dass der Konsens auch nicht ohne Beteiligung der Kirchengemeinden gefunden werden kann."
Prof. Dr. Heinrich de Wall, Rechtswissenschaftler, seit 2001 Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht, Staats- und Verwaltungsrecht.
(de Wall, H., 2024. Segnungen/Trauungen gleichgeschlechtlicher Paare im evangelischen Kirchenrecht. In Die „Regenbogenkirche“ bricht mit dem Bekenntnis. Arbeitskreis Württemberg des Netzwerks Bibel und Bekenntnis. Abgerufen im Juli 2024, von bibelundbekenntnis.de/wp-content/uploads/2024/07/Broschuere-Bekenntnis_Digitalversion_komplett.pdf)
"Es ist super wichtig, dass wir uns mit Diversität auseinandersetzen. Gerade der "Magnus Konsensus" bei Pfarrer*innen steht im Widerspruch mit der Charta der Vielfalt. Das muss sich ändern."
Benedikt Kalenberg, Evangelische Jugend Bayern Landesjugendkonvent, Evangelische Jugend Bayern (ejb), Amt für Jugendarbeit der Evang.-Luth. Kirche in Bayern.
(Kalenberg, B., 2023, November 28. LGBTQ und Kirche, Evangelische Jugend fordert Aktionsplan für queere Menschen in der Kirche. Sonntagsblatt. Abgerufen im Juli 2024, von sonntagsblatt.de/artikel/kirche/evangelische-jugend-fordert-aktionsplan-fuer-queere-menschen-der-kirche)
"Weder nach dem Verständnis der protestantischen Kirchen noch der Katholischen Kirche kann die Wahrheit durch Abstimmung festgestellt werden.
Näher besehen gilt das auch außerhalb der Kirche: Dass wie immer qualifizierte Mehrheiten über die Wahrheit entscheiden können, hat nie jemand ernsthaft vertreten und vertritt auch gegenwärtig, soweit ich sehen kann, niemand. So eine Behauptung wäre auch sinnlos …
Die protestantischen Kirchen wissen sich nach ihren Grundordnungen durch das Evangelium verpflichtet, das in der Schrift gegeben und im Bekenntnis bezeugt ist. Diese Wahrheitsbindung unterliegt nicht der Meinungsbildung einer Synode und entspringt keiner Mehrheitsentscheidung."
Prof. Dr. Notger Slenczka, seit 2006 Professor für Systematische Theologie an der Theol. Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Inhaber des Lehrstuhls für Systematische Theologie.
(Slenczka, N., 2023. Die Unverfügbarkeit der Wahrheit. Abgerufen im Juli 2024, von zeitzeichen.net/node/10336)
Bild: „File:Lady Gaga as Jo Calderone at 2011 MTV Video Music Awards.jpg“ Philip Nelson from San Antonio, lizenziert CC BY-SA 3.0.
Text: Stefani Germanotta, 2009, US-amerikanische Popsängerin und Songwriterin, Mauren Callahan, Lady Gaga: die Biografie, S.12 f.
"Fast überall in Deutschland können schwule oder lesbische Paare jetzt in einer evangelischen Kirche heiraten. Doch viele Paare machen von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch. … Der Bonner Pfarrer Oliver Ploch hat in den vergangenen zwölf Jahren seiner Dienstzeit zwei schwule Paare in einem Gottesdienst gesegnet - und das als offen schwul lebender Pfarrer in einer deutschen Großstadt, noch dazu im Rheinland, wie er selbst sagt. ... Das größte Hemmnis besteht für Oliver Ploch aber darin:
"Heutzutage ist es leichter zu sagen, schwul zu sein als evangelisch oder Christ",
sagt er. Kirchlich zu heiraten sei bis heute ein Bekenntnis, zu dem offenbar nur eine Minderheit in der schwul-lesbischen Community bereit sei - ebenso wie in der übrigen Gesellschaft. …Nur sieben Landeskirchen haben überhaupt Zahlen über gleichgeschlechtliche Trauungen und Segnungen erhoben. Aber diese lassen einen Trend erkennen: In der badischen Landeskirche, wo es die Trauung für gleichgeschlechtliche Paare seit 2016 gibt, ließen sich demnach jährlich zwischen 20 und 30 Paaren trauen. Damit liegt ihr Anteil bei unter einem Prozent.
In der Evangelischen Kirche von Westfalen, wo die Trauung für alle seit Januar gilt, ließen sich 27 Paare im Jahr 2018 segnen, 2017 waren es 25. In Hessen-Nassau können Paare gleichen Geschlechts seit 2013 kirchlich heiraten. Davon machten 218 Paare bis Ende 2017 Gebrauch. Im gleichen Zeitraum gab es dort rund 19.000 Trauungen heterosexueller Paare. Damit lag der Anteil gleichgeschlechtlicher Trauungen bei knapp über einem Prozent."
Franziska Hein, Redakteurin epd Zentralredaktion Frankfurt am Main.
(Hein, F., 2020, Februar 27. Trauung für alle? Nur wenige gleichgeschlechtliche Paare treten auch vor den Altar. epd, evangelisch.de. Abgerufen im Juli 2024, von evangelisch.de/inhalte/166348/27-02-2020/trauung-fuer-alle-nur-wenige-gleichgeschlechtliche-paare-treten-vor-den-altar)
"So viele Menschen sind in Deutschland laut den neuen Zensusdaten weder Mann noch Frau. Laut den Zahlen, die das Statistische Bundesamt auf Sonderanfrage der taz ausgewertet hat, lebten zum Stichtag im Mai 2022 in Deutschland genau 42.044.446 Frauen und 40.672.866 Männer. 1.259 Personen machten keine Angabe, 969 bezeichneten sich als divers. Prozentual sind also 0,001522 Prozent der Bevölkerung ohne Angabe und 0,001171 Prozent divers, zusammen 0,002693 Prozent. …
Die Deutsche Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit (dgti) schätzt, dass tatsächlich ca. 1,7 Prozent der Bevölkerung intergeschlechtlich sind. Die Option „divers“ gibt es erst seit Dezember 2018."
Andreas Hilpert, Journalist und Autor bei taz.
(Hilpert, A., 2024. Zensus 2022: Nur 969 Menschen divers. taz. Abgerufen im Juli 2024, von taz.de/Zensus-2022/!6022108/)
"Wieder sind fast eine halbe Million Menschen aus den deutschen Kirchen ausgetreten. … Unter eine halbe Million „Kundenverlust“ im Jahr macht man es nicht. Jeder Vertriebschef, der derart desaströse Zahlen zu verantworten hat, wäre in der Wirtschaft schon dreimal gefeuert worden. …
Jesus Christus sagte einst zu Petrus: „Petrus, was bist du von Beruf?“ Und Petrus antwortete: „Ich bin Fischer.“ Daraufhin sagte Jesus: „Ab heute bist du Menschenfischer. Auf dir will ich meine Kirche bauen.“ Ein Menschenfischer zu sein, bedeutet, möglichst viele Menschen zu begeistern. …
Die Kirche versucht, sich dem linksgrünen Mainstream bis zur Selbstaufgabe anzubiedern. Kirchentage werden zu rot-grünen Politiker-Events, und die Kirche bemüht sich, attraktiv für Menschen zu sein, die für Religion und Kirche nur Verachtung übrig haben und auch niemals in die Kirche gehen. Somit richtet sich die Kirche an eine Zielgruppe, die gar nicht existiert, während sie gleichzeitig die Stammkunden vergrault.
Die Kirche hat ihre ursprüngliche Mission und ihren Markenkern komplett aus den Augen verloren. ... Von Seelsorge und Spiritualität keine Spur. …
Laut dem Experten liegt das Kernproblem nicht darin, dass die Kirche nicht zeitgemäß genug ist, wie es oft von kirchlichen Führern behauptet wird. Vielmehr sei das Problem, dass sie sich zu sehr an eine ideologische Agenda anlehnt, die wenig mit ihren eigentlichen Werten zu tun hat. Veranstaltungen wie Kirchentage, die eher politische Events sind, und Bemühungen, Personen anzusprechen, die der Religion skeptisch gegenüberstehen, zeigen, dass die Kirche sich zu weit von ihrer Basis entfernt hat."
Prof. Dr. Veit Etzold, Schriftsteller und Hochschullehrer für Marketing.
(Etzold, V., 2024, Juli 16. Kirchenaustritte auf Rekordhoch. Den Kirchen laufen die Gläubigen in Scharen weg, weil sie zu zeitgemäß sind. focus.de. Abgerufen am 27.08.2024, von focus.de/experts/kirchenaustritte-auf-rekordhoch-den-kirchen-laufen-die-glaeubigen-in-scharen-weg-weil-sie-zu-zeitgemaess-sind_id_260131466.html)
"Ich hatte dazu vor einiger Zeit ein interessantes Gespräch mit Joaquín Navarro-Valls, dem ehemaligen Pressesprecher von Papst Johannes Paul II. Als der Papst einmal gefragt wurde, was denn die Kirche sei – sicherlich eine umfassende Frage –, kam dieser in seiner Antwort mit nur einem Wort aus: »Erlösung.«"
Prof. Dr. Veit Etzold, Schriftsteller und Hochschullehrer für Marketing.
(Etzold, V., 2018. Strategie: Planen - erklären – umsetzen, 2. Aufl.. GABAL Verlag.)
Deutscher Evangelischer Kirchentag 2011
„Kirchentag: Kirche überfüllt“ von Onkel Erika ist lizenziert unter CC BY-NC-SA 2.0.
"Ich bin evangelisch. Ich erlebe hautnah, was ... Reinhold Scharnowski im Livenet-Gespräch gesagt hat: „Die Bibelkritik hat einen ziemlichen theologischen und geistlichen Kahlschlag in der Kirche angerichtet.“
[Relevanz der Bibel im 21 Jahrhundert | Gespräch mit Andreas Malessa, Interview Livenet Schweiz von Reinhold Scharnowski am 29.2.24, youtu.be/eE5rYmPjap0, 21:50] ...
Bei vielen evangelischen Gemeinden muss man eigentlich nur noch klären, wer als letztes das Licht ausmacht. Dabei wären die Voraussetzungen noch immer super. Vom Steueraufkommen und vom Gebäudebestand der Landeskirche können die meisten freien Gemeinden nur träumen. Trotzdem geht es ihnen im Schnitt weit besser. ... Ich werde den Eindruck nicht los: Liberale Theologie tut Kirchen und Gemeinden nicht gut. ...
Es geht in den aktuellen Debatten zwischen Progressiven und Konservativen im Kern nicht um Sex. Sondern um das Bibelverständnis. … Niemand von ihnen macht sich die Frage leicht, welche biblischen Aussagen kulturell zeitbedingt zu verstehen sind und welche zeit- und kulturübergreifend normativen Charakter haben.
Viele Konservative würden liebend gerne bei den Sexualethikthemen dem Mainstream folgen und sich die Konflikte ersparen, die man sich mit einer konservativen Position einhandelt. Sie suchen sich dieses Thema nicht aus. …
Ich will dazu den Theologen N.T. Wright zitieren: „Während der gesamten ersten christlichen Jahrhunderte, als jede Art von Sexualpraktik, die in der Menschheit jemals bekannt war, in der antiken griechischen und römischen Gesellschaft weit verbreitet war, bestanden Christen wie Juden darauf, dass die ausgelebte Sexualität auf die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau zu beschränken sei. Heute wie damals denkt der Rest der Welt, das sei verrückt.“
[Auszug aus den Seiten 229 – 231: Tom Wright, Warum Christ sein Sinn macht © 2009 Johannis bei SCM Hänssler] ...
Paare, die streiten, ringen noch umeinander. Erst wenn der Streit aufhört, ist die Ehe tot. Meine Beobachtung ist: Wenn der Umgang mit der Bibel beliebig wird, dann geschieht etwas schlimmeres als Streit: Man entfremdet sich. Weil man nicht mehr weiß, was eigentlich das gemeinsame Anliegen ist. Weil es nichts mehr gibt, was man ganz selbstverständlich miteinander feiern, besingen und bezeugen kann.
So erlebe ich das in meiner evangelischen Kirche. Deshalb ahne ich: Wenn der EKD eines Tages die Kirchensteuermittel ausgehen, wird sie sich nicht streiten, nicht spalten, sondern sich ganz einfach auflösen."
Dr. Markus Till, Biologe am Universitätsklinikum Tübingen, Buchautor und Blogger, stellvertretender Vorsitzender des Netzwerks Bibel und Bekenntnis.
(Till, M., 2024. Gedanken zu einem Buch über gefährliche Konservative. Blog: Aufatmen in Gottes Gegenwart. Abgerufen am 27.08.2024, von blog.aigg.de/?p=7288)
"Trendforscher sehen in den "Bibeltreuen" sogar die Zukunft der Kirche; es spricht einiges dafür, dass innerhalb der protestantischen Christenheit in Deutschland jeden Sonntag mehr evangelikale als nichtevangelikale Christen an Gottesdiensten teilnehmen."
Gernot Facius, Journalist.
(Facius, G., 2008. Die „Frommen“ sind auf dem Vormarsch. DIE WELT. Abgerufen am 27.08.2024, v. welt.de/welt_print/article1702892/Die-Frommen-sind-auf-dem-Vormarsch.html)
Gottesdienste und Gottesdienstbesuch am Sonntag Invokavit 2022:
EKD insgesamt | Teilnehmende: 365.275
Durchschnittlicher Gottesdienstbesuch 2022:
EKD insgesamt | 2,3 Prozent der Kirchenmitglieder (458.388 Teilnehmende)
Durchschnitt aus der Anzahl der Teilnehmenden an Gottesdiensten der Sonntage Invokavit und 1. Advent 2022 mit der Wertung zwei zu eins ohne Berücksichtigung von Kindergottesdiensten.
Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) – Referat Betriebswirtschaft, IT und Statistik.
(EKD-Statistik, 2022. Die Äußerungen des kirchlichen Lebens im Jahr 2022. Korrigierte Ausgabe Juli 2024. Abgerufen am 27.08.2024, von ekd.de/ekd_de/ds_doc/kirch_leben_2022_r.pdf)
"Wir haben Mega-Kirchen auf dem Papier ... da ist ein Missverhältnis entstanden von Größe einerseits und Wenigen, die partizipieren und da sehe ich die große Gefahr, dass Fundamentalisten die Möglichkeit haben, gerade da einzubrechen."
Prof. Dr. Erich Geldbach, Theologe.
(Geldbach, E., 2007, Oktober 7. Hardliner Gottes - die Diskussion. Diskussion mit Meinhard Schmidt-Degenhard über christliche Fundamentalisten in Deutschland. Hessischer Rundfunk, HR Horizonte, Fernsehsendung.)
"Die Landeskirchen haben zwar nach wie vor deutlich mehr Mitglieder als die Freikirchen, aber die wenigsten sind in ihren Gemeinden aktiv. In Berlin besuchen nur 2,5 Prozent der Mitglieder regelmäßig einen evangelischen Gottesdienst, bei den Katholiken sind es immerhin fast zehn Prozent. Der Bund evangelisch-freikirchlicher Gemeinden vermeldet hingegen, dass durchschnittlich 88 Prozent der Mitglieder regelmäßig im Gottesdienst sitzen. …
Sowohl Evangelikale als auch die Landeskirchen sind sich einig, dass die Kirchenaustreter nicht zwangsläufig zu den neuen Gemeinden überlaufen. Dennoch: Die einen wachsen, während die anderen weniger werden. …
Modern, hilfsbereit, alltagsnah muten die Evangelikalen an, man vergisst fast, was sie alle zusammenhält: der christliche Glaube. Und der gerät, ebenso wie die Instanzen, die ihn vermitteln, immer wieder in die Kritik.
Abtreibung: Sünde. Homosexualität: Sünde. Sex vor der Ehe: Sünde. Scheidung: Sünde. Positionen, die weder in das 21. Jahrhundert passen, noch zu einer Stadt wie Berlin, die davon lebt, dass jeder hier sein kann, wie er möchte. …
Trotzdem sei natürlich jeder willkommen: Come as you are. Wer Jesus in sein Leben lasse, der werde schon erkennen, was er ändern müsse. Sexualität scheint sich hier je nach Bibeltreue wandeln zu können."
Julia Kopatzki, Journalistin bei Der Tagesspiegel.
(Kopatzki, J., 2018. Jesu junge Jünger: Wie die Evangelikalen Berlin erobern. Der Tagesspiegel. Abgerufen im Juli 2024, von tagesspiegel.de/berlin/wie-die-evangelikalen-berlin-erobern-8427988.html)
"Evangelische Christen, denen die Bibel als getreues Wort Gottes gilt, leben nicht nur in den USA. Auch in Deutschland gibt es sie. … Niemand weiß genau, wie viele Evangelikale es in Deutschland gibt. Sie können lutherisch, reformiert oder baptistisch sein. Manche gehören zu den evangelischen Landeskirchen, andere zu Freikirchen. In der rund 160 Jahre alten „Deutschen Evangelischen Allianz“ sind angeblich 1,3 Millionen Menschen"
Mariam Lau, Journalistin bei DIE WELT.
(Lau, M., 2009. Evangelikale als eine Macht in der deutschen Politik. DIE WELT. Abgerufen im Juli 2024, von welt.de/politik/deutschland/article4302613/Evangelikale-als-eine-Macht-in-der-deutschen-Politik.html)
"Wenn die Alternative der religiöse Fundamentalismus ist, wie wir ihn in Teilen der Vereinigten Staaten von Amerika sehen, kann auch die christliche Religion dazu tendieren, Vielfalt, alternative Meinungen und Freiheit zu unterdrücken.
Deshalb wäre es ungeheuer wichtig, dass ein europäisches Christentum hier die Vernunft wahrt, für die Freiheit eintritt und Atheismus wie andere Religionen nicht durch Unterdrückung bekämpft, sondern im Diskurs aufnimmt. Das ist umso wichtiger, als sich von den Europäern nicht beachtet in Afrika, Asien und Lateinamerika das Christentum rapide ausbreitet. Dabei werden allerdings oft gerade nicht die freiheitlichen Tendenzen gestärkt. …
Wenn das europäische Christentum nicht hellwach bleibt und für die eigenen Traditionen entschlossen und mit Profil eintritt, räumt es den Platz für Leere oder Fundamentalismus."
Altbischöfin Prof. Dr. Dr. h.c. Margot Käßmann, 2009-2010 Ratsvorsitzende der EKD, 1999–2010 Bischöfin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover.
(Käßmann, M., 2005. Impulspapier - Strategien für die Gesellschaft von morgen. Abgerufen 2005, von cap.lmu.de/download/foresight/foresight-kaessmann.pdf)
"Sexualethische Fragen ... Die Fülle dieser strittigen Fragen ist ein Indiz dafür, dass die Christenheit sich grundsätzlich in einer Zeitenwende befindet ... Gegenwärtig befinden wir uns irgendwo zwischen der Spätzeit einer solchen Übergangsepoche und zu Beginn von etwas Neuem, für das wir noch keine Begriffe haben."
Prof. Dr. Thorsten Dietz, Theologe u. Autor, PD Systematische Theologie Philipps-Universität Marburg, seit 2022 Erwachsenenbildung: Fokus Theologie - Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (Zürich), Hauptreferent bei Worthaus, 2005-2022 Lehrauftrag Ev. Hochschule Tabor.
(Dietz, T., 2024. EINHEIT EMPFANGEN, GESTALTEN UND FEIERN. Aufatmen, 02/24. SCM Bundes-Verlag, 2024. Abgerufen im Juli 2024, von aufatmen.de/wp-content/uploads/2024/05/UNUM24-Whitepaper.pdf)
"Gott ist queer." [2017]
Prof. Dr. Andreas Krebs, Alt-Katholische und Ökumenische Theologie, Alt-Katholisches Seminar der Universität Bonn.
(Krebs, A., 2017. Gott queer gedacht. Echter Verlag.)
"Jetzt ist die Zeit, zu sagen: Gott ist queer. … [2023]
Wir sind hier. Wir sind viele. Wir sind nie wieder leiser. …
Es ist auch die Zeit für das Ende der Geduld."
[Schlussgottesdienst Deutscher Evangelischer Kirchentag 2023]
Pfarrer Quinton Ceasar, Evangelischer Theologe.
(Ceasar, Q., 2023, Juni 11. Alles hat seine Zeit. Deutscher Evangelischer Kirchentag in Nürnberg. Abgerufen am 20. Mai 2024, von kirchentag.de/redemanuskripte)
"Was soll „Gott ist queer“ bedeuten? Das Wort queer ist mehrdeutig. Einst war es im Englischen ein Schimpfwort, vergleichbar mit dem deutschen „pervers“. Seit vielen Jahren wird es von den so Beschimpften positiv als Selbstbezeichnung genutzt. Umgangssprachlich gilt queer heute oft als Sammelbegriff für alle, die lesbisch, schwul oder trans sind. …
Queer stellt die strikte Aufteilung aller Menschen in männlich oder weiblich ohne Sinn für Ausnahmen in Frage. Queer ist die Zurückweisung einer Vorstellung, für die Heterosexualität normal und alles andere pervers ist.
Queer bedeutet dann: Anders ist normal. In der neueren Theologie wird auf das biblische Zeugnis von Gott verwiesen: „Gott bin ich, nicht ein Mann“, heißt es in Hosea 11,9. Gott stehe jenseits der Geschlechterdifferenz. Er ist weder männlich noch weiblich. Und zugleich sind Männer und Frauen zu seinem Bild geschaffen (Genesis 1,27), alle Menschen spiegeln etwas wider von Gottes Wesen.
Genau das meint der Satz „Gott ist queer“. Gott passt nicht hinein in unsere Schubladen. Gott steht jenseits der binären Geschlechterlogik und ist uns nahe zugleich. Darum war diese Aussage für viele queere Menschen so tröstlich. Wenn sie zum Bilde Gottes geschaffen sind und Gott queer ist, dann sind sie bei Gott zuhause, anders, als sie es oft in vielen Kirchen erfahren."
Prof. Dr. Thorsten Dietz, Theologe und Autor, Privatdozent für Systematische Theologie an der Philipps-Universität Marburg, seit 2022 Erwachsenenbildung: Fokus Theologie - Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (Zürich), Hauptreferent bei Worthaus, 2005–2022 Lehrauftrag an der Evangelischen Hochschule Tabor.
(Dietz, T., 2023, Juni 16. Kommentar von Thorsten Dietz: Ist Gott queer? Abgerufen am 13. August 2024, von meine-kirchenzeitung.de/c-aktuell/ist-gott-queer_a41301)
"„Ich habe G*tt getroffen. Sie ist schwarz.“
Wir wollen miteinander ins Gespräch kommen: über Gottesbilder in unseren Köpfen, Gesellschaft und Kirche(n). Dazu werfen wir auch einen Blick in die Bibel: Welche Gottesvorstellungen finden sich dort bezogen auf Geschlecht? Ist das Bild von ‚Gott Vater‘ zeitgemäß bzw. angemessen?"
Evangelische Studierendengemeinde Hamburg ESG, Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), Landeskirche der Evangelischen Kirche in Deutschland.
(Evangelische Studierendengemeinde Hamburg., 2024, Juni 12. ESG-Gesprächsabend: Gott ist queer?! Diversity-Tage | Universität Hamburg. Abgerufen am 27.08.2024, von esg-hamburg.de/event/esg-gespraechsabend-gott-ist-queer/)
Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche)
"Ist Gott queer? Manche sagen: Ja. Manche sagen: Auf gar keinen Fall. Doch das Wort "Gott" steht für das, was Menschen unbedingt wichtig ist. Das kann Liebe sein, die Suche nach Geborgenheit – oder auch sexuelle Vielfalt ...
Ein Prediger hat keine Autorität über den Glauben der Zuhörenden. Jeder hat das Recht, es anders zu sehen. Aber Achtung: Auch noch so objektiv-richtig anmutende Aussagen wie "Gott der Vater im Himmel" sind vorläufige Aussagen der menschlichen religiösen Sprache. Ihnen kommt damit genauso viel oder wenig Wahrheit zu wie der Aussage "Gott ist queer". ...
Wenn jemand sagt: "Gott ist der Vater im Himmel", kann sich damit zum Beispiel die Sehnsucht nach Geborgenheit in dieser Welt ausdrücken. Nach einem Grundprinzip, das schützt, das anleitet und gleichzeitig Freiheit lässt – wie ein guter Vater. ...
Gott und was damit gemeint ist, ist nichts, was allgemein und für immer feststeht. ...
Das Wort "Gott" symbolisiert, was denen, die das Wort verwenden, sehr, sehr wichtig ist. Was genau das ist, ist mit dem Wort alleine noch nicht gesagt. "Gott ist die Liebe" – das ist ein Satz, auf den sich viele Menschen einigen können, weil die Liebe für viele Menschen so bedeutsam ist."
Klaus Sacher, Evangelischer Theologe, Institut für Evangelische Theologie an der Universität Köln, Redakteur bei chrismon.
(Sacher, K., 2023. Gender und Christentum: Ist Gott queer? Abgerufen im Juli 2024, von chrismon.de/artikel/54307/gender-und-christentum-ist-gott-queer)
"Gott ... als »Sprachereignis«, als die in religiöser Rede geschehende Selbsttranszendenz des Menschen. ... Gott als offene Zukunft des Menschen, Gott als Sinn seines Daseins, das wird zur schönen, aber leeren Formel"
Prof. Dr. Robert Spaemann, Professor für Philosophie, 1972-1992: Ludwig-Maximilians-Universität München, 1968-1972: Technische Universität Hannover, 1962-1968: Universität Stuttgart.
(Spaemann, R., 1969. Was ist das eigentlich – Gott? Die Bücher der Neunzehn, Band 119)
"Paul Tillich ... war einer der herausragenden neo-orthodoxen Theologen. Ein Student berichtete mir, dass Tillich, als er in Santa Barbara, Kalifornien, kurz vor seinem Tod gefragt wurde, ob er bete, geantwortet hat: »Nein, aber ich meditiere.«
Ihm blieb lediglich die Vokabel Gott, ohne die Gewissheit, ob es mehr gibt als nur diese Vokabel, oder ob dieses Wort mehr beinhaltet als nur den pantheistischen Pan-all-ismus. Die »Gott-ist-tot-Theologie«, die auf Tillich folgte, schloss folgerichtig, dass, wenn uns lediglich die Vokabel Gott bleibt, es keinen Grund gibt, weshalb wir nicht dieses Wort selbst durchstreichen sollten.
Für viele liberale Theologen (selbst wenn sie nicht behaupten, Gott sei tot) sind gewisse andere Dinge tot. Da sie die Tatsache ablehnen, dass Gott in der Bibel und durch die Offenbarung in Jesus Christus dem Menschen Wahrheiten mitgeteilt hat, die in klaren Sätzen ausgedrückt werden können, ist der Inhalt des Begriffes »Gott« tot und jegliches Wissen um die Existenz eines persönlichen Gottes ebenfalls.
Man hat damit nur noch religiöse Begriffe ohne Inhalt und die Gefühle, die durch gewisse religiöse Wörter hervorgerufen werden. Das ist alles."
Dr. h.c. multi. Francis A. Schaeffer, US-amerikanischer presbyterianischer Theologe und Autor.
(Schaeffer, F. A., 1983. Wie können wir denn leben? 3. Aufl., S. 176, 178-179. Hänssler 1991)
[2021] „Gott ist tot“, erklärte einst Nietzsche. In den Evangelischen Akademien, die überwiegend von den Landeskirchen finanziert werden, scheint man es differenzierter zu sehen und probiert es hier und da mit einer Auffrischung: „Gott ist queer.“
Wer das nicht glauben will, sehe sich das Novemberprogramm der Evangelischen Akademie in Frankfurt am Main an: Da wird der 11. Leonore-Siegele-Wenschkewitz-Preis [2021] an eine „streitlustige Theologin“ verliehen, die „feministisch oder queerperspektivisch von Gott“ redet. In ihrer Dankesrede ging es Kerstin Söderblom, die seit den 80er-Jahren in der kirchlichen Lesbenbewegung aktiv ist, um eine „lesbisch-schwul-bi-, inter- und trans“-inklusive Theologie, die freilich ihre „Allies“ (Verbündete) braucht – „Heteros“, die den „Safe Space“ respektieren, der sonst von Klassismus, Rassismus, Sexismus und Queerfeindlichkeit bedroht ist. …
Die ganze Zeremonie atmete einen identitätspolitischen „Jargon der Eigentlichkeit“ (Adorno), den heiligen Ernst einer geschlossenen Gesellschaft, in der weniger das kontroverse Gespräch in der Öffentlichkeit als die verschworene Glaubensgemeinschaft von Gender-Aktivist*innen gefragt ist. Auch im „Gendertalk“ der Akademie geht es um „Allies“ im Kampf gegen Diskriminierung …
Aber was heißt „multiperspektivisch“? ... Was bedeutet das „Aufbrechen der binären Geschlechteridentität“? Immerhin werden am Ende ein paar praktische Probleme angedeutet, die sich schon länger abzeichnen: das Schwinden einer „protestantischen Identität“ und der tendenzielle Verlust jener Allgemeinbildung, die ja erst einen multiperspektivischen Diskurs und ein zureichendes intellektuelles Niveau der Debatten ermöglicht."
Reinhard Mohr, Journalist bei DIE WELT.
(Mohr, R., 2021. In den Evangelischen Akademien heißt es nun „Gott ist queer“. DIE WELT. Abgerufen im Juli 2024, von welt.de/politik/deutschland/plus235495824/Heiliger-Zeitgeist-In-den-Evangelischen-Akademien-heisst-es-nun-Gott-ist-queer.html)
"Bei der Debatte über die „Gott ist queer“-Predigt musste ich mehrfach an Ludwig Feuerbachs Kritik der christlichen Religion denken. Feuerbach war davon überzeugt, dass der Mensch ganz auf den Menschen geworfen ist und deshalb Gott nur eine Projektion sein kann. In seinen eigenen Worten heißt das (Vorlesungen über das Wesen der Religion, 3. Aufl., Bd. 6, Gesammelte Werke, Berlin: Akademie Verlag, 1984, S. 212):
„Denn nicht Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, wie es in der Bibel heißt, sondern der Mensch schuf, wie ich im „Wesen des Christentums“ zeigte, Gott nach seinem Bilde. Und auch der Rationalist, der sogenannte Denk- oder Vernunftgläubige, schafft den Gott, den er verehrt, nach seinem Bilde; das lebendige Urbild, das Original des rationalistischen Gottes ist der rationalistische Mensch. Jeder Gott ist ein Wesen der Einbildung, ein Bild, und zwar ein Bild des Menschen, aber ein Bild, das der Mensch außer sich setzt und als ein selbständiges Wesen vorstellt.“
Wenn – im Gefolge der Schleichermachschen Theologie – das biblische Gottesbild nur Ausdruck dessen ist, was Menschen über Gott empfinden, hat Feuerbach recht und dann darf der Schriftbefund gern mit weiteren Projektionen bereichert werden. Dann darf man auch sagen: Gott ist queer. Das ist einfach ein weiteres Gefühl, das dem „Gefühlsspeicher“ der Bibel hinzugefügt wird. Der Mensch schafft sich eben einen Gott – so würde Feuerbach sagen – nach seinem eigenen Begehren.
Angesichts von 2.Mose 20,3–4 ist das ein gefährliches Manöver, denn dort lesen wir: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist.“
Warum sind die Produkte unserer menschlichen Götzenfabriken so attraktiv? David Wells hat diese Frage so beantwortet (God in the Wasteland, 1994, S. 53–54):
„Warum sind den Menschen die Ersatzgötter lieber als Gott? Der wohl wichtigste Grund ist, dass man sich so der Rechenschaftspflicht gegenüber Gott entzieht. Wir können den Götzen zu unseren eigenen Bedingungen begegnen, weil sie unsere eigenen Schöpfungen sind.
Sie sind sicher, vorhersehbar und kontrollierbar ... und vollständig unter der Kontrolle des Benutzers. ... Menschen ... bleiben, autonome Architekten ihrer eigenen Zukunft … vermeiden dadurch die Konfrontation mit Gott und seiner Wahrheit. Sie müssen nur sich selbst gegenübertreten.“
Ron Kubsch, Autor und Blogger, Prodekan und Dozent für Apologetik und Neuere Theologiegeschichte am Martin Bucer Seminar in Bonn.
(Kubsch, R., 2023. Vom Reiz des Götzendienstes. Abgerufen im Juli 2024, von theoblog.de/vom-reiz-des-goetzendienstes/39634/)
"P. kommt aus einer konservativen Dorfgemeinde und hatte nach der Konfirmation in einer evangelikalen Jugendgruppe mitgemacht. Sein Gottesbild ist streng, konservativ und gnadenlos. Die Angst vor dem grausam strafenden G:tt beeinträchtigte ihn stark. ...
Ich konfrontierte ihn damit, dass er nach meiner Wahrnehmung ein Götzenbild hochhalte und alle seine Ängste auf einen strafenden Götzen projizierte, der von dem streng richtenden Pfarrer geschaffen worden war, um ihn abzuwerten und unmündig zu halten. ...
P. verstand, was ich sagte, aber es kam gefühlsmäßig nicht an. In der nächsten Sitzung malte er auf meine Anregungen hin eine rote Karte, ein Stopp-Symbol. Er wollte die Karte zücken, wenn er wieder vor dem strafenden und verdammenden Götzen Angst hatte. Er wollte damit die Macht des Götzen und seine eigene innere Verstrickungsdynamik mit ihm unterbrechen. Seitdem hatte er die rote Karte immer dabei.
Er malte auch noch eine grüne Karte dazu. Eine »Go for it!«-Karte, als Ermutigung und Stärkung. Darauf wolle er sich nun konzentrieren. Und ich ermutigte ihn, sein Leben zu leben und die Zeit mit seinem Freund bewusst zu genießen, ohne sich schuldig zu fühlen. ...
In den Sitzungen danach arbeiteten wir an seinem Gottesbild. Wir suchten und bearbeiteten gemeinsam verschiedene Bibelstellen, die ganz andere Gottesbilder vermittelten, als er kannte. Wir lasen Psalmworte, die Schöpfungsberichte und die Zwiesprache zwischen G:tt und Propheten. Wir sprachen über die Selbstvorstellung G:ttes vor Mose im Dornbusch: »Ich bin da und begleite dich aus Unterdrückung und Sklaverei!« (Exodus 3)."
Dr. Kerstin Söderblom, Theologin und Autorin, seit 2020 Hochschulpfarrerin an der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) in Mainz, 2008-2011 Lehrbeauftragte an der Goethe Universität in Frankfurt.
(Söderblom, K., 2023, März 6. Queersensible Seelsorge. Vandenhoeck & Ruprecht.)
"Drei Worte, sie fielen während der Abschlusspredigt des 38. Deutschen Evangelischen Kirchentages auf dem Nürnberger Hauptmarkt. Unter großem Jubel aus der Gottesdienstgemeinde vor Ort rief der Prediger Quinton Ceasar: «Jetzt ist die Zeit zu sagen: Gott ist queer.» …
Unter der Verwirrung um das Adjektiv ‹queer› lauert ein ... letztlich gravierenderes Missverständnis. Es betrifft das Verb ‹ist› in seiner Verbindung mit dem Subjekt Gott. «Gott ist queer» – das verstehen viele Kommentare offenbar buchstäblich, im Sinne einer ‹eigentlichen›, geradezu dinglichen Gottesrede.
Das lässt theologisch einigermaßen ratlos zurück. Liegt hier eine Projektion vor? Meinen die Empörten etwa, dass das, was sie über Gott denken, wie sie von Gott sprechen, Gott derart ‹objektiv› dingfest macht? … Andererseits provoziert sie gerade so die Fragen, die anscheinend jede Zeit neu reflektieren muss: Was für ein Sprechakt ist Predigten überhaupt?
Was bedeutet es, dass wir nur metaphorisch von Gott reden können? …
Wer sexuelle und geschlechtliche Vielfalt negativ sieht, wird den vorausgesetzten Sinn – Gott ist … (wie?) LGBTIQ+ – nicht nur als Festlegung und Einschränkung, sondern als Beleidigung Gottes empfinden müssen. Hier entsteht die Empörung vollends im Auge der Betrachtenden. …
Kurzum: Die Aufregung um die Kirchentagspredigt lebt in weiten Teilen von einem Zirkel: Man meint, genau Bescheid zu wissen, was Quinton Ceasar meinte. Tatsächlich setzt man aber eigene Lesarten voraus, überträgt sie auf seinen Satz und regt sich dann haltlos oder süffisant über das Ergebnis auf. Am Ende empören die Empörten sich womöglich mehr über ihre eigenen blinden Flecken als über «Gott ist queer». …
Dass das Wörtchen ‹queer› zugleich die Leidens- und die Befreiungsgeschichte sexueller und geschlechtlicher Minderheiten aufbewahrt …, passt zu Gottes eigener Geschichte jedenfalls nicht schlecht. ...
Dass der Prediger und alle, für die er eintritt, mit Hass überschwemmt werden, ist durch nichts zu rechtfertigen, am wenigsten im Namen Gottes. Es ist ein Angriff auf Gottes Ebenbilder und auf den Leib Christi, der wir alle gemeinsam sind. Wer unbedingt von Blasphemie sprechen möchte, hätte hier allen Grund.
Dr. Ruth Heß, Evangelische Theologin, Theologische Studienleiterin am Studienzentrum der EKD für Genderfragen in Kirche und Theologie in Hannover.
(Heß, R., 2023. GOTT: ‹queer›? Abgerufen im Juli 2024, von zeitzeichen.net/node/10533)
"Helen Belcher – Mitglied des britischen Trans*-Netzwerkes »Sibyls« – lebte in ihrer Jugend als »Junge«. Während »seiner« Pubertät entdeckte »er«, dass »er« weiblich war. Hieß das nicht automatisch, dass »er« schwul war? »Er« fühlte sich aber von Jungen gar nicht angezogen. Wie sollte »er« sich und »seine« sexuelle Identität verstehen?
In der evangelikal-fundamentalistischen Kirche, der »er« angehörte, empfahl man »ihm« Gebet und ein heterosexuelles Eheleben. Also betete »er«, heiratete eine Frau und zeugte Kinder.
Aber das Gefühl, in Wahrheit eine Frau zu sein, das blieb – und wurde immer stärker. Schließlich blieb nur der Gedanke an den Suizid – oder die Entscheidung, sich als die zu akzeptieren, die sie war.
Zuerst offenbarte sie sich ihrer Ehefrau. Diese blieb bei ihr und stand zu ihr. Bewegend berichtet Helen Belcher davon, wie sie daraufhin begann, ihrem Geschlecht entsprechend aufzutreten: »Ich hatte nie geglaubt, dass ich auch nur im Entferntesten als Frau durchgehen könnte. Ich hatte mich geirrt. Der Besuch bei einer professionellen Visagistin zeigte mich plötzlich als mich – als weiblich.«
In ihrer Kirche jedoch stieß Helen Belcher auf Ablehnung – und wieder und wieder, auch in anderen Kirchen und Gemeinden, musste sie diese Erfahrung machen. Schließlich akzeptierte sie, dass in der Kirche für sie kein Platz war.
Helen Belcher war erleichtert – und das noch mehr, als sie zuletzt auch den Glauben hinter sich lassen konnte. Die Welt brach nicht zusammen; Helen Belchers moralische Werte änderten sich nicht. Aber ein langer innerer Kampf war nun vorüber.
»Mir wurde jahrelang beigebracht, dass die wahre Freiheit in Christus liegt. Meine Erfahrung sagt mir, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Als ich mich von Religion und Glaube abwandte und mich so akzeptierte, wie ich bin, mit all meinen Fehlern und Schwächen, fand ich mich von den Erwartungen der Gesellschaft befreit und befähigt, die Gesellschaft herauszufordern.
Meine Frau, meine Kinder und meine Kolleg*innen haben mir zur Seite gestanden, und das Leben ist jetzt reich, bunt, aufregend und wertvoll. Ich bin ich. Die Etiketten, die ihr mir anheftet, definieren mich nicht mehr.«"
Prof. Dr. Andreas Krebs, seit 2015 Professor für Alt-Katholische und Ökumenische Theologie.
(Krebs, A., 2023. Gott queer gedacht. Echter Verlag. Zitate: Belcher, H., 2016. Labels are odd things. In C. Beardsley & M. O’Brien, Hrsg., This is my body: Hearing the theology of transgender Christians, S. 143–148. London: Darton, Longman & Todd.)
"Unser Leben ist so sinnvoll, so ausgefüllt und großartig, wie wir selbst es gestalten. Und wir können es wirklich großartig gestalten."
Prof. Dr. Richard Dawkins, Evolutionsbiologe und Autor, 1995–2008 Professor an der University of Oxford.
(Dawkins, R., 2007. Der Gotteswahn, 2. Aufl. Ullstein Verlag)
"Professor Dawkins, Sie hatten vor Wochen einen Schlaganfall. Wie hat der sich auf Ihr Leben ausgewirkt?
Ich weine häufiger als sonst. Musik von Schubert oder Lyrik haben mich schon immer zu Tränen gerührt. Aber seit dem Schlaganfall ist es schlimmer geworden. …
Wie möchten Sie sterben?
Unter Narkose, als ob ich eine Blinddarm-OP hätte. Wenn mir irgendwas am Tod Angst macht, dann die Vorstellung von der Ewigkeit, deshalb stelle ich mir den Tod wie eine Vollnarkose vor, nach der man nichts mehr spürt. Und genau so wird es auch kommen."
Prof. Dr. Richard Dawkins, Evolutionsbiologe und Autor, 1995–2008 Professor an der University of Oxford.
(Dawkins, R., 2016, September 6. Dr. Malte Herwig Interview . Jede Nacht werde ich vorübergehend geisteskrank. Stern. Abgerufen am 05. Juni 2024, von stern.de/panorama/wissen/richard-dawkins--jede-nacht-werde-ich-voruebergehend-geisteskrank--7039676.html)
Eines Tages wirst Du mich fragen,
was mir wichtiger ist,
Du oder mein Leben.
Und ich werde Dir antworten - mein Leben
und Du wirst gehen.
Und es ist mein Leben - heute,
mein Leben ohne Dich, Jesus.
Und ich habe mich verirrt
in meinem ungelebten Leben.
Pfarrer Quinton Ceasar | Schlussgottesdienst Deutscher Evangelischer Kirchentag (Juni 2023)
"Nur wenige Predigten erreichen popkulturellen Status. Die Predigt des 38-jährigen Quinton Ceasar, vor 16 Jahren aus Südafrika gekommen, Person of Colour und seit 2021 Pastor im ostfriesischen Wiesmoor, hat das Zeug dazu.
Jedenfalls geht die Erregung ob seiner Predigt im Abschlussgottesdienst des Kirchentags in Nürnberg durchs Land und erreicht wohl mehr als nur binnenkirchliche Kreise. Ich selbst sah und hörte sie im Zug auf meinem Notebook, schon auf der Rückfahrt, und war ebenso verdutzt wie vergnügt. ...
Gott ist immer der „Ganz Andere“, das Geheimnis der Welt. Gott ist weder Vater noch Mutter noch Adler noch Burg und auch nicht queer – bei allen Gottesprädikationen ist zu berücksichtigen, dass hinter der Ähnlichkeit zu dem, was wir unter diesen Begriffen kennen, eine immer noch größere Unähnlichkeit mitzudenken ist.
Gottesprädikationen sagen letztlich nichts über Gott, der der Verborgene bleibt. Sie beschreiben vielmehr die kollektiv-kulturelle oder auch die individuelle Aneignung des Glaubens. Das rhetorische Spiel mit der Suche nach neuen Gottesprädikationen muss deshalb niemand für Blasphemie halten. Es ist eine diskursive Auseinandersetzung über Zugehörigkeit und Aneignung.
Dass unsere klassische Theologie und Frömmigkeit von kulturellen Mustern unterlegt ist, die mit „weiß“, „männlich“ und „stark“ zu tun haben, ist für die, die darin aufgewachsen sind und deren Leben in dieses Muster passt, meist nicht bewusst. Die, deren Leben jedoch nicht dahinein passt, spüren dieses Muster sehr deutlich, weil es sie ausgrenzt.
Dass dies eine Form von Rassismus ist, lernen wir gerade. ...
Alle, denen die Verbreitung des Glaubens am Herzen liegt, und vielleicht die konservativen Frommen, die sich zurzeit aufregen, zuallererst: Sie sollten sich freuen, dass Menschen, die von den klassischen kulturellen Mustern, mit denen der christliche Glaube bei uns imprägniert ist, ausgegrenzt werden, sich aufmachen, sich den Glauben anzueignen. „Gott ist queer“ ist ein diskursiver Aneignungssatz. Er heißt: Es ist auch mein Gott, unser Gott. ...
Bemerkenswert ist die Diskrepanz zwischen Rhetorik und Sachebene. Die Rhetorik schraubt sich zu einer Klimax hoch, die in einer fast schon rauschhaft anmutenden Metaphorik endet. Dem entspricht die enthusiastische Reaktion von zumindest dem größten Teil der Besucher. Die Sachebene dagegen ist ernst, anklagend, bitter. Ihr würde eine stillere Reaktion, auf jeden Fall Nachdenklichkeit entsprechen. ...
Es könnte sein, dass gerade diese zunächst widersprüchlich erscheinende Mischung den popkulturellen Faktor ausmacht. Die Predigt bleibt schillernd. Trotz klarer Sachaussagen bleibt Spielraum, in die Metaphorik hineinzuhören, was man selber hören möchte. Der Prediger wird in dieser schillernden Gemengelage zu einer „Marke“ – was notwendige Voraussetzung für einen popkulturellen Status ist."
Propst Dr. Horst Gorski, 2015–2023 EKD-Vizepräsident und VELKD-Amtsbereichsleiter, Propst im Kirchenkreis Altona - Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche.
(Gorski, H., 2006. Hoffnungsfroh gespannt, Quinton Ceasars popkulturelle Predigt als Phänomen. Abgerufen im Juli 2024, von zeitzeichen.net/node/10524)
"Ceasar vertritt einen hohen moralischen und theologischen Anspruch, wenn er – in Anspielung an eine Redewendung aus seiner Kindheit – leitmotivisch mehrfach versichert, er wolle seine Zuhörer und -hörerinnen nicht anlügen.
Der Prediger will Zeuge der Wahrheit sein. Das ist gut so, wird doch die Frage nach der Wahrheit heutzutage allzu gern relativiert, und zwar nicht nur im Zeichen von Fake News und „alternativen Fakten“, sondern auch in Theologie und Kirche.
Brennpunktartig spricht die Predigt Themen an, die den evangelischen Mainstream bewegen, der sich auf evangelisch.de oder im Magazin chrismon präsentiert ... Diese Ansprache wird vielleicht mehr Erinnerung bleiben als so manche vollbesetzte Podiumsveranstaltung, wenngleich zu befürchten steht, dass schlussendlich nur der provokante Satz: „Gott ist queer“ im öffentlichen Bewusstsein hängen bleibt. Dabei verdient es die Predigt, zur Gänze gelesen und diskutiert zu werden ...
Spricht Ceasar seine Hörerschaft eingangs als „liebe Gemeinde“ und als Geschwister an, so unterscheidet er im weiteren Verlauf der Predigt zwischen sich und denen, die er im engeren Sinne als seine Geschwister und anderen Anwesenden unterscheidet.
Die geschwisterliche Gemeinschaft im Glauben wird im Grunde in Frage gestellt, wenn Ceasar von sich und seinen Geschwistern spricht, die für sich in Anspruch nehmen, Kirche zu sein, in den Kirchen der anderen – „in euren Kirchen“ keinen sicheren Ort haben. „Meine Geschwister und ich […] vertrauen eurer Liebe nicht“,
kurz: Wir vertrauen euch nicht, weil Ihr „meine Geschwister und mich diskriminiert – wegen unseres Einkommen, unserer Hautfarbe, unserer Behinderung oder unserer queeren Identität“.
Das „Wir“, in dessen Namen zu sprechen sich Ceasar autorisiert fühlt, sind „Menschen, die Veränderungen anstreben, Aktivist*innen und marginalisierte Menschen“. Es sind Menschen, „die das Gute wollen“ und sich bereits auf dem richtigen Weg befinden, während an die übrigen Menschen – „Menschen, die keine Diskriminierungen erfahren und auch nicht sehen, dass andre sie erfahren“ – der Ruf zur Umkehr ergeht. ...
Ob Diversitäts- und Identitätspolitiken, Genderdiskurs, postkolonialistische Theologien und Netzwerklogiken, nach denen die Kirche neue Bündnisse mit zivilgesellschaftlichen Akteuren schmiedet, die Inkulturationsdynamik des Evangeliums nur erweitern oder vielleicht auch zu theologischen Auflösungserscheinungen führen, ist gegenwärtig eine Streitfrage, die den christlichen Glauben, das reformatorische Erbe und die Zukunft der evangelischen Kirche in ihrem Kern betrifft. ...
Notwendige Abschiede und Neuaufbrüche werden freilich von Anzeichen theologischer Auszehrung begleitet, die Anlass zu ernster Sorge geben. Es ist Zeit, sich diesen redlich zu stellen."
Prof. Dr. DDr. h.c. Ulrich H. J. Körtner, Professor für Systematische Theologie an der Universität Wien.
(Körtner, U. H. J., 2023. Sagen, was an der Zeit ist. Eine Nachlese zu Quinton Ceasars Abschlusspredigt beim Nürnberger Kirchentag. Abgerufen im Juli 2024, von zeitzeichen.net/node/10536)
"Ich würde diese Predigt genau so wieder halten, viele Menschen haben daran mitgeschrieben, sie erträumen sich eine Kirche und diese Menschen haben mir den Mut gegeben."
Pfarrer Quinton Ceasar, Evangelischer Theologe.
(Ceasar, Q., 2023, Juni 16. „Gott ist queer“. Deutschlandfunk. Abgerufen im Juli 2024, von deutschlandfunk.de/pastor-quinton-ceasar-ich-wuerde-diese-predigt-wieder-so-halten-100.html)
"Man mag diskutieren, ob der Satz ‚Gott ist queer‘ glücklich gewählt ist. Dafür bedarf es einer breiteren Auseinandersetzung. Keinesfalls allerdings handelt es sich um ‚Irrlehre‘, weist er doch darauf hin, dass Gott stets größer ist als die Vorstellungen, die wir uns von ihm machen."
Landesbischöfin Prof. Dr. Heike Springhart, Evangelische Landeskirche in Baden, Landesbischöfin.
(Springhart, H., 2023. Die Aussage „Gott ist queer“ ist keine Irrlehre. Idea.de. Abgerufen im Juli 2024, von idea.de/artikel/landesbischoefin-die-aussage-gott-ist-queer-ist-keine-irrlehre)
"„Gott ist…“ – Sätze, die so beginnen, haben schon viel Unheil angerichtet. … Wenn Gott „queer“ ist, entzieht er sich zwar der zweigeschlechtlichen Kategorie männlich - weiblich. Aber wird er nicht in eine neue Schublade eingesperrt?"
Andreas Duderstedt, epd-Korrespondent.
(Duderstedt, A., 2023. Ist Gott queer? Abgerufen im Juli 2024, von kirche-im-wdr.de)
"Gott ist kein Mensch. Gott ist nicht Mann und nicht Frau. Gott ist nicht hetero- und nicht homo- und nicht sonstwie-sexuell. Gott ist Gott."
Pfarrer Johannes Frey, Vorsitzender der Bekenntnisbewegung „Kein anderes Evangelium“.
(Frey, J., 2023. Bekenntnisbewegung: Gott ist nicht „queer”. Abgerufen im Juli 2024, von idea.de/artikel/bekenntnisbewegung-gott-ist-nicht-queer)
"Oh Yes! Oh Yes! The new gay Testament!"
Instagram Screenshot | DJ Barbara Butch (28. Juli 2024, instagram.com/barbarabutch)
"Die französische DJ Barbara Butch hat nach Hass-Kommentaren im Internet Klage wegen „homofeindlicher und dickenfeindlicher Beleidigungen“ eingereicht. Sie war in einer Szene der Pariser Olympia-Eröffnungsfeier aufgetreten, die an das Gemälde „Das Letzte Abendmahl“ von Leonardo da Vinci erinnerte. Sie stand mittig hinter einer langen Tafel und trug ein blaues Kleid – dieselbe Farbe wie Jesus auf dem berühmten Gemälde. Auf dem Kopf trug sie eine Art Diadem, das an einen Heiligenschein erinnerte.
Die Szene war in Frankreich, aber auch international von konservativen Politikern und Persönlichkeiten sowie der katholischen Kirche kritisiert worden. Der Regisseur der Eröffnungsfeier, Thomas Jolly, hatte bereits erklärt, dass es sich um eine Darstellung eines Gelages mit Gestalten der griechischen Mythologie gehandelt habe. Die Szene habe eine Feier auf dem Götterberg Olymp dargestellt, der den Olympischen Spielen ihren Namen gab."
(Deutschlandfunk Kultur, 2024, Juli 30. Französische DJ klagt wegen Beleidigung nach der Olympia-Eröffnung. Abgerufen am 30. Juli 2024, von deutschlandfunkkultur.de/franzoesische-dj-klagt-wegen-beleidigung-nach-der-olympia-eroeffnung-102.html)
[Le Parisien | Artikel 1] Wir machen uns über nichts lustig, verteidigt sich Piche [Mike Pierre Gautier], eine Drag-Queen, die durch die Show Drag Race bekannt wurde und an der Sequenz teilgenommen hat. Niemand war als Jesus verkleidet, niemand parodierte ihn, weder in den Kostümen noch im Verhalten.
Die Idee ist, einen neuen Blickwinkel zu bringen. In der Vergangenheit gab es unzählige Darstellungen des Tisches der Apostel und das hat niemanden schockiert. Zufälligerweise, wenn es die LGBT und die Drags sind, stört es. Aber wir sind daran gewöhnt. Die Leute sind besessen von Geschlechterfragen, die die Konservativen stören.
Es gilt der französische Originaltext. Die deutsche Übersetzung wurde maschinell generiert (ChatGPT-4).
«On ne tourne rien en ridicule, se défend Piche, drag-queen révélée par l’émission Drag Race qui a participé à la séquence. Personne n’était habillé en Jésus, personne ne le parodiait, ni dans les accoutrements ni dans les comportements.
L’idée est d’apporter un regard nouveau. Dans le passé, il y a eu énormément de représentations de la table des apôtres et cela n’a jamais choqué personne. Comme par hasard, quand ce sont les LGBT et les drags, cela dérange. Mais on est habitué. Les gens sont obsédés par les questions de genre qui dérangent les conservateurs.»
Mike Pierre Gautier, Künstlernamen Piche, französischer Drag-Queen, Tänzer und Rapper.
(Gautier, M. P., 2024). Polémique sur la Cène lors de la cérémonie : « Personne n’était habillé en Jésus », se défend la drag-queen Piche. Le Parisien. Abgerufen am 31. Juli 2024, von leparisien.fr)
[Le Parisien | Artikel 2] Ihr langes, durchnässtes blondes Haar wird in alle Richtungen geschüttelt. Trotz des strömenden Regens verankert Piche [Mike Pierre Gautier] ihren Blick in der Kamera und schwingt die Hüften wie bei einer Prüfung in der zweiten Staffel von "Drag Race France", an der sie teilgenommen hat.
Weniger als zwei Jahre nach der Sendung, die sie bekannt gemacht hat, wurde die Künstlerin zusammen mit ihren Kolleginnen Nicky Doll und Paloma ausgewählt, um an der großen Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris teilzunehmen. ...
Das Bild, auf dem sie zu sehen ist, wurde gestern Abend enthüllt und zeigt "Das letzte Abendmahl", das legendäre Gemälde von Leonardo da Vinci. Ich wusste von Anfang an, dass es das ist, erklärt sie. Als man mir die Reproduktion anbot, war ich ein bisschen eifersüchtig, weil ich die Idee hatte, sie in einem Drag-Clip zu machen... Nun gut, jetzt ist es passiert, lacht sie. Für mich muss Kunst die Linien verschieben, die Mentalität der Menschen verändern, und hier ist es mit Respekt gemacht.
Eine Meinung, die von der katholischen Kirche nicht wirklich geteilt wird. Es sind nur die Leute, die uns kritisieren, die in dem, was getan wurde, Böswilligkeit sehen. Wir ziehen nichts ins Lächerliche. Niemand ist als Jesus verkleidet, niemand parodiert ihn, weder in der Kleidung noch im Verhalten, betonte sie. Alles geschieht mit Respekt und in dem Bestreben, die Geschichte durch die Kunst zu erzählen. Die Idee ist, einen neuen Blickwinkel zu eröffnen. ...
Die Inklusivität in der Zeremonie bedeutet mir sehr viel. Es sendet eine sehr schöne Botschaft. Auch wenn unser Auftritt in einigen Ländern zensiert wurde, ist das schade. Es wird ein verrückter Tag bleiben!
Es gilt der französische Originaltext. Die deutsche Übersetzung wurde maschinell generiert (DeepL).
"Sa longue chevelure blonde trempée est secouée dans tous les sens. Malgré la pluie battante, Piche ancre son regard dans la caméra et se déhanche comme lors d’une épreuve de la saison 2 de « Drag Race France » auquel elle a participé.
Moins de deux ans après l’émission qui l’a fait connaître, l’artiste a été choisie avec ses collègues Nicky Doll et Paloma pour participer à la grande cérémonie d’ouverture des JO de Paris. ...
Une fois révélé hier soir, le tableau dans lequel elle apparaît reprend « La Cène », le tableau mythique de Leonard de Vinci. « Dès le début, j’ai su que c’était ça, nous explique-t-elle. Quand on m’a proposé la reproduction, j’étais un peu jalouse car j’avais eu l’idée de la faire dans un clip en drag… Bon, maintenant, c’est fait, s’amuse-t-elle. Pour moi, l’art doit faire bouger les lignes, faire évoluer les mentalités des gens et là c’est fait avec respect. »
Un avis pas vraiment partagé par l’Église catholique. « Il n’y a que les gens qui nous critiquent qui voient de la malveillance dans ce qui a été fait. On ne tourne rien en ridicule. Personne n’est habillé en Jésus, personne ne le parodie, ni dans les accoutrements, ni dans les comportements, martèle-t-elle. Tout est fait dans le respect et dans un souci de raconter l’Histoire à travers l’art. L’idée est d’apporter un regard nouveau. » ...
« L’inclusivité dans la cérémonie représente énormément pour moi. Ça envoie un très beau message. Même si notre passage a été censuré dans certains pays, c’est dommage. Ça restera une journée folle ! »."
Mike Pierre Gautier, Künstlernamen Piche, französischer Drag-Queen, Tänzer und Rapper.
(Gautier, M. P., 2024. Piche, drag-queen à la cérémonie d’ouverture des JO : « Avec la pluie, je n’avais plus de maquillage ». Le Parisien. Abgerufen am 5. August 2024, von leparisien.fr)
Der Heilige Stuhl war betrübt über einige Szenen während der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris und kann sich nur den Stimmen anschließen, die in den letzten Tagen erhoben wurden, um die Beleidigung vieler Christen und Gläubiger anderer Religionen zu bedauern.
Bei einer prestigeträchtigen Veranstaltung, bei der die ganze Welt zusammenkommt, um gemeinsame Werte zu teilen, sollte es keine Anspielungen geben, die die religiösen Überzeugungen vieler Menschen lächerlich machen.
Die Freiheit der Meinungsäußerung, die hier eindeutig nicht in Frage gestellt wird, wird durch den Respekt vor anderen begrenzt.
Kommuniqué des Heiligen Stuhls, 03.08.2024
Es gilt der englische Originaltext. Die deutsche Übersetzung wurde maschinell generiert (DeepL).
"The Holy See was saddened by certain scenes during the opening ceremony of the Paris Olympic Games and can only join the voices that have been raised in recent days to deplore the offence caused to many Christians and believers of other religions.
At a prestigious event where the whole world comes together to share common values, there should be no allusions ridiculing the religious convictions of many people.
The freedom of expression, which is clearly not called into question here, is limited by respect for others."
"Holy See Communiqué, 03.08.2024"
(Holy See Communiqué, 2024, August 3. Heiliger Stuhl | Vatikan. Abgerufen: 04. August 2024, von press.vatican.va/content/salastampa/en/bollettino/pubblico/2024/08/03/240803d.html)
Instagram Screenshot | kinopfarrer | Gereon Terhorst (29. Juli 2024, instagram.com/kinopfarrer)
"Der erste Wettkampftag bei Olympia war noch nicht vorbei, da gab es bereits großes Geschrei im Internet. Anlass war eine Szene während der Eröffnungsfeier, bei der queere Künstler:innen einen Auftritt hatten. Vor allem konservative Theolog:innen, aber auch Politiker:innen wie Donald Trump übten harsche Kritik.
Sie sahen in der Szene eine ungebührliche Anspielung auf das Gemälde "Das letzte Abendmahl" von Leonardo Da Vinci und eine damit verbundene Verhöhnung der christlichen Religion. …
Betrachtet man die Szene genauer, so lässt sich feststellen, dass es in der Szene selbst so gut wie keine Anspielungen auf das Gemälde "Das letzte Abendmahl" gibt. Der "Tisch" ist leer und nicht wie im Gemälde mit Essen versehen. Überhaupt wäre zu fragen, ob die Personen hinter einem Tisch stehen oder ob man nicht viel eher von einem Laufsteg ausgehen müsste, der in das modebewusste Paris ("Emily in Paris" lässt grüßen) auch sehr gut passen würde.
Die von Butch eingenommene Körperhaltung stimmt nicht mit der Haltung Jesu im Gemälde überein. Auch Farbgebung und die Körperhaltungen der anderen Personen sind unterschiedlich. Außerdem sind es mehr als zwölf Personen, die Butch umringen.
Mit Blick auf die gesamte Gestaltung der Szene muss man aus meiner Sicht eine Nähe zu dem Gemälde Da Vincis eher in Frage stellen. Der einzige Bezug zum Gemälde sind Personen, die hinter einem Tisch stehen. Das ist, bei allem Respekt, ein sehr dürftiger Beleg. Ist dann die Darstellung des Lehrertischs bei "Harry Potter" auch eine Anspielung auf Da Vinci?
Auch die Szene am Ende steht wohl nicht im Kontext des Abendmahls. Häufig verwiesen wird auf das Gemälde "Fest der Götter" von Jan van Bijlert, unter anderem von dem niederländischen Kunsthistoriker Walther Schoonberg auf "X". Zwar könnte der Maler selbst von Da Vinci inspiriert worden sein, aber die Darstellung des Götterfests bei Bijlert wird damit nicht zum Abendmahl. Zudem passt ein griechisches Götterfest in den Kontext von Olympia viel besser hinein als ein Abendmahl. Denn die olympische Idee ist älter als das Christentum und Da Vincis Gemälde.
Und auch Thomas Jolly, der Regisseur der Eröffnungsfeier, betonte in der anschließenden Pressekonferenz, dass das Abendmahlgemälde von Da Vinci in keiner Weise hier als Vorlage gedient habe.
Die Deutung als Abendmahl und die damit verbundene Verurteilung hat aus meiner Sicht zwei Gründe. Der erste – und das ist ziemlich traurig zu sagen – ist, dass es gar nicht um das Abendmahl geht, sondern eigentlich um die dargestellte Queerness. Das eigene Unbehagen (oder gar Queerfeindlichkeit) kann so unter dem Deckmantel der Kritik an der Darstellung des Abendmahls (beziehungsweise der Eucharistie) weiter geäußert werden. Es spielt dabei keine Rolle, was wirklich dargestellt wurde, sondern nur darum, wer zu sehen war. Das ist in der Tat respektlos, aber nicht gegenüber dem Abendmahl, sondern gegenüber queeren Personen.
Der zweite Grund ist eine, aus meiner Sicht, unreflektierte Rezeption des medialen Geschehens, das die eigentliche Darstellung gar nicht richtig ernst nimmt. Es mag sein, dass ein erster Impuls ist, die Inszenierung als eine Anspielung auf das Gemälde zu verstehen. Das ist auch in den Medien zum Teil geschehen. Aber gerade bei einer Irritation würde sich doch ein genauer Blick lohnen, der nicht nur auf den eigenen Gefühlen beruht …
Für mich offenbart der Umgang mit der Eröffnungsfeier einmal mehr, dass es gerade im Bereich von Kirche und Theologie einen besseren Umgang mit Film und TV geben muss. Die Kritik erscheint aus einer wenig fundierten Betrachtung zu kommen, die das eigene Weltbild viel zu wichtig nimmt und sich nicht mit der eigentlichen Darstellung und ihren Eigenheiten auseinandersetzt. Dabei wäre genau dies nötig, um nicht ein Bild einer Kirche zu zeichnen, die Spaßbefreit und unfair gegen alles wettert, was ihr nicht passt und der es nicht inhaltlich um die Sache geht.
Bei einem biblischen Text erwarten wir doch auch eine ordentliche Exegese. Warum nicht bei Filmen oder TV-Sendungen? Es gäbe dort einige spannende Entdeckungen für Thelog:innen zu machen, die man gar nicht auf den ersten Blick erkennt. Genau hingucken lohnt sich also."
Mag. theol. Gereon Terhorst, Promovend über die Darstellung des Abendmahls in aktuellen Kinofilmen aus liturgischer Perspektive, Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Praktische Theologie und Religionspädagogik an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster.
(Terhorst, G., 2024. Eröffnungsfeier in Paris: Queeres Abendmahl bei den Olympischen Spielen? Evangelisch.de. Abgerufen am 31. Juli 2024, von evangelisch.de/inhalte/232351/31-07-2024/eroeffnungsfeier-paris-queeres-abendmahl-bei-den-olympischen-spielen)
"Es dürfte ein bisschen her sein, dass in Deutschland der Begriff "Abendmahl" auf Platz eins der X-Trends stand; wenn es nicht sogar eine Premiere ist. …
Verschiedene Beobachter waren sich sicher, bei einer Voguing-Performance mit Drag-Queens an einem langen Laufsteg eine Referenz an "Das letzte Abendmahl" von Leonardo da Vinci erkannt zu haben. In der Szene tanzen verschiedene queere Performer um einen Catwalk herum, den man auch als eine sehr lange Tafel interpretieren kann. Eine DJ trägt zu ihrem weit ausgeschnittenen Kleid eine Sternenkrone, später tritt der französische Künstler Philippe Katerine als blauhäutiger Weingott Bacchus mit Fruchtdekor unter einer riesigen Servierglocke auf. …
Formal hält der Vergleich mit da Vincis letztem Abendmahl nicht stand - oder ist zumindest eine extrem verengte Lesart der Szenen. Wie schon Florian Eichel in der "Zeit" festgestellt hat, war der vermeintliche "Tisch" vielmehr ein Laufsteg, der sogar mit einem roten Teppich bedeckt war und auf dem mehrere "Voguing"-Performerinnen defilierten und tanzten. Außerdem passt die Anzahl der gezeigten Personen zu keinem Zeitpunkt zu Jesus und den zwölf Jüngern - auch auf den geteilten Screenshots nicht. …
Auch die Interpretation der Sternenkronen-Trägerin als Jesus ist zumindest gewagt. Auf Leonardo da Vincis Version des Abendmahls hat Christus gar keinen Nimbus, außerdem ist dieser in der Kunstgeschichte meist als goldene Scheibe dargestellt. Die Sternenkrone, die auch als Vorbild der EU-Flagge gilt, ist vielmehr ein Attribut Marias, was die Sache schon erheblich verkompliziert. Die war nämlich zum letzten Essen unter Jüngern gar nicht eingeladen.
Viel näher liegt die Interpretation, die Anspielungen auf das Heilige aus dem Context des Voguings zu verstehen. Diese Tanz-Praxis, die in der queeren Subkultur New Yorks entstand und von Künstlerinnen wie Madonna für den Mainstream appropriiert wurde, leiht sich seit Jahrzehnten Elemente des Religiösen, spielt mit der Ikonografie von Ekstase und Erlösung und inszeniert Ball-Events wie Gottesdienste. Insofern sind die Anleihen aus der christlichen Bildkultur bei Olympia sicher kein Zufall, sie beziehen sich aber nicht auf die Religion an sich, sondern auf eine Weiterentwicklung der Symbolik, die längst passiert ist und Einzug in die Popkultur gehalten hat. …
Vielleicht war die Inszenierung auch eine Melange aus verschiedenen Einflüssen, wie es bei der Referenz-Verwertungsmaschine Kunst so oft der Fall ist. Die ideologisch motivierte Verengung auf eine einzige Lesart zeigt aber einmal mehr, wie wenig das tatsächliche Geschehen noch eine Rolle spielt, wenn das Urteil ins eigene Weltbild passt. Wer überall eine queere Indoktrinierung gegen die Werte des christlichen Abendlandes wittert, wird auch die Olympiaschau nutzen, um sie politisch auszuschlachten. Dabei wurden aber die Werke, um die es gehen soll, offenbar gar nicht richtig angeschaut.
Die Olympia-Eröffnung, die man aus sehr vielen guten Gründen kritisieren könnte (Größenwahn, Nationalismus, zweifelhafte Sponsoren), war jedoch sehr viel facettenreicher als die plumpe Kritik an ihr. Oder will man eine Édith Piaf singende Celine Dion auf dem Eiffelturm oder eine Jeanne-d'Arc-artige Reiterinnenfigur wirklich als Kniefall vor dem "woken Zeitgeist" interpretieren? Die Präsenz unterschiedlicher Akteurinnen und Strömungen machte die Feier zu dem erinnerungswürdigen Spektakel, das sie war. Das zumindest anzuerkennen, wäre kunsthistorisches Fair Play."
Saskia Trebing, Kunsthistorikerin und Journalistin, Redakteurin beim Kunstmagazin Monopol.
(Trebing, S., 2024, Juli 29). Protest gegen Olympia-Eröffnung. Das war niemals ein letztes Abendmahl. Abgerufen am 05.08.2024, von monopol-magazin.de/paris-olympia-eroeffnung-kontroverse-blasphemie-christentum-das-war-niemals-ein-letztes-abendmahl)
"Es ist schwer, für etwas zu kämpfen, das kaum mehr ist als ein vages Bauchgefühl. Zum Beispiel das christliche Abendland. Das zeigt die Aufregung um eine Szene bei der Olympia-Feier in Paris. Ein nackter Traubengott sang da in einem Meer aus Früchten und Blumen, hinter ihm rankten sich Dragköniginnen und Halbweltgötter um eine Heilige mit tiefem Dekolleté.
Als die ersten Kulturkämpfer darin Leonardos Abendmahl zu erkennen glaubten, brach der Sturm auf den Smartphones los. Ein Jesus mit Brüsten inmitten seiner queeren Apostel? …
Wieso nur kennen die Verteidiger der europäischen Zivilisation sich so schlecht mit dem Sujet ihrer Obsession aus? Wieso etwa wurden sie nicht stutzig angesichts des nackten Weingottes? Weshalb dachten sie bei den Olympischen Spielen an Jerusalem und nicht an den Peloponnes? Und warum haben sie die Jüngerinnen und Jünger nicht einfach mal gezählt?
Der Urheber der griechisch-römisch-christlichen Verwirrung, der französische Regisseur Thomas Jolly, begegnete dem Shitstorm mit einem Lächeln: Inspiriert habe ihn nicht etwa Jesus, sondern Dionysos, nicht das Abendmahl, sondern ein Fest der Götter des Olymps. „Wir wollten nicht schockieren“, so der Franzose, sondern „eine Zeremonie, die versöhnt“. ...
Frankreich ... Die Künstler wie die Liebenden sind dort frei. Und so atmete die spektakulär schrille, immer wieder ins Geschmacklose kippende Olympia-Fete von Paris ganz selbstverständlich den Geist des Abendlandes – anders als die kenntnislose Kritik ihrer Gegner."
Livia Gerster, seit 2016 Redakteurin bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Studium der Arabistik und Geschichte
(Gerster, L., 2024, August 8). „Queeres Abendmahl“: Jesus oder Bacchus, Hauptsache Kulturkampf. F.A.Z. Abgerufen am 5. August 2024, von faz.net/aktuell/politik/ausland/queeres-abendmahl-bei-olympia-feier-hauptsache-kulturkampf-19895517.html)
"War die etwas skurril wirkende Szene während der Olympia-Eröffnung nun da Vincis „Das Letzte Abendmahl“ oder van Bijlerts „Festmahl der Götter“? Darüber stritt sich diese Woche gefühlt die halbe Welt. …
Wie erbittert die jeweilige Seite für ihre exklusive Deutung („es kann nur das Abendmahl sein“ – „es kann nur das Festmahl der Götter sein“) gestritten hat, hat mich dann doch gewundert. Seit wann versteht denn ein Künstler seine Arbeit darin, die Werke großer Meister möglichst detailgetreu zu kopieren?
Kunst lebt auch davon, verschiedene Einflüsse zu verarbeiten. Und die lagen bei der Darstellung, die Künstler Thomas Jolly gewählt hat, auf der Hand: Neben dem „Festmahl der Götter“ (passend zu „Olympia“) war es natürlich auch das „Letzte Abendmahl“ sowie queere Popkultur. …
Allerdings hat Jolly betont, das „Letzte Abendmahl“ sei nicht „die Inspiration“ für die Szene gewesen. Das darf man ihm glauben. Es war sicher nicht die Inspiration.
Aber dass doch einiges auffällig für einen Einfluss da Vincis spricht, das kann man kaum leugnen. Zumindest in der herumgereichten Aufnahme, nicht in der Gesamtperformance mit dem singenden Dionysos. Vermutlich hatten die Verantwortlichen ein Foto für Social Media gemacht, das deutlich an „Das Letzte Abendmahl“ erinnert, anders als in der Live-Performance.
Denn: Die Personenanzahl stimmt (13), „Jesus“ ist der eindeutige Mittelpunkt der Szene, alle anderen richten sich an ihm aus. …
Also bat ich jemanden um Hilfe, der mir seit einiger Zeit ein wichtiger Begleiter ist: ChatGPT. Da kann man mittlerweile auch Bilder hochladen und analysieren lassen. Ich fragte:
Ich lasse das mal so stehen."
Nicolai Franz, Theologe, Redaktionsleiter Digital beim Christlichen Medienmagazin pro.
(Franz, N., 2024. Christliches Medienmagazin pro. (2024). „Das Letzte Abendmahl“ bei Olympia? Die unbestechliche KI-Antwort. Christliches Medienmagazin pro. Abgerufen am 3. August 2024, von pro-medienmagazin.de/das-letzte-abendmahl-bei-olympia-die-unbestechliche-ki-antwort/)
"Olympia woke ... Es ist nicht möglich, keine Story zu erzählen. Wenn die Inszenierung fast jeden an das „Letzte Abendmahl“ erinnert, dann liegt die Schuld nicht bei denen, die das so sehen, sondern denen, die missverständlich kommuniziert haben.
Vor allem hätte den Organisatoren klar sein sollen, dass spätestens nach Dan Browns „Da Vinci Code“ nun wirklich jeder und seine Oma schon einmal da Vincis Kunstwerk, wenn vielleicht auch nicht live, gesehen hat. Hier gilt wieder die alte Storytelling-Weisheit: Was missverstanden werden kann, wird missverstanden. …
Die Inszenierung war ein gefundenes Fressen für Populisten jeglicher Art, die ja „schon immer gewusst haben“, dass der Westen seine eigenen Werte mit Füßen tritt.
Italienische Politiker, darunter der stellvertretende Ministerpräsident Matteo Salvini, äußerten scharfe Kritik an der Inszenierung und bezeichneten sie als „beleidigend“ und „schmutzig“. US Präsident Donald Trump sprach von einer „satanischen Inszenierung“ und auch der Vatikan reagierte kritisch und veröffentlichte eine offizielle Stellungnahme, in der Papst Franziskus erklärte, er sei „traurig“ über die Darstellung."
Prof. Dr. Veit Etzold, Schriftsteller und Hochschullehrer für Marketing.
(Etzold, V., 2024, 7. August. Olympia woke: Das „Letzte Abendmahl“ war ein Festmahl für Gegner des Westens. Abgerufen am 7. August 2024, von focus.de/experts/letztes-abenmahl-zu-eroeffnung-olympia-woke-das-letzte-abendmahl-war-ein-festmahl-fuer-gegner-des-westens_id_260202203.html)
"Der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Johann Hinrich Claussen, riet zur Gelassenheit:
"Es war eine große, bildreiche und mit Klischees spielende Show. Zu viel sollte man nicht in sie hineinlesen. Die Zukunft des Christentums wird andernorts entschieden."
Dr. Johann Hinrich Claussen, Evangelischer Theologe, seit 2016 Kulturbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland.
(Claussen, J. H., 2024, Juli 28. Kritik aus katholischer Kirche an „queerem Abendmahl“ bei Olympia. epd, Evangelisch.de. Abgerufen am 02. August 2024, von evangelisch.de/inhalte/232259/28-07-2024/kritik-aus-katholischer-kirche-queerem-abendmahl-bei-olympia)
"Schaut man sich im Lande um, was viele Fromme gerade leidenschaftlich beschäftigt, so gewinnt man den Eindruck, es geht beim christlichen Glauben vor allem um Sexualität … Aber sind sexuelle Fragen wirklich unser Kerngeschäft, oder rückt hier ein Randthema in den Mittelpunkt? …
Aber was ist mit der Beurteilung von Homosexualität? Da gehen die Überzeugungen auseinander. Halten wir das aus?"
Pfarrer Alexander Garth, Junge Kirche Berlin - EKBO, Bereichsleiter der Berliner Stadtmission.
(Garth, A., 2016. Die Sexualität darf uns als Christen nicht trennen. ideaSpektrum, 01, 16, S. 18f.)
"Die Evangelikalen in Deutschland leiden daran, dass sie sexualethische Fragen immer weniger einhellig beantworten. ... Ja, es gibt erhebliche Unterschiede, wie wir die Bibel auslegen und verstehen ... ob und wie wir von Gottes Offenbarung reden"
Prof. Dr. Thorsten Dietz, Theologe und Autor, Privatdozent für Systematische Theologie an der Philipps-Universität Marburg, seit 2022 Erwachsenenbildung: Fokus Theologie - Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (Zürich), Hauptreferent bei Worthaus, 2005–2022 Lehrauftrag an der Evangelischen Hochschule Tabor.
(Dietz, T., 2024. EINHEIT EMPFANGEN, GESTALTEN UND FEIERN. Aufatmen, 02, 24. SCM Bundes-Verlag, 2024. Abgerufen im Juli 2024, von aufatmen.de/wp-content/uploads/2024/05/UNUM24-Whitepaper.pdf)
"Ausgangspunkt des derzeit akuten innerevangelikalen Richtungsstreits ist das Thema Homosexualität. Ein ethisches Randthema hatte sich zu einer Bekenntnisfrage aufgeladen. Die unterschiedlichen Bewertungen dieses intimen Sachverhalts wurden geradezu skandalisiert und zum Schibboleth der Kirche aufgerichtet: „Wie hältst du es mit den Homosexuellen?“
Ein intimes Thema, das in den vertrauten Rahmen seelsorgerlicher Praxis gehört, wurde innerhalb kürzester Zeit zu einer das evangelikale Lager spaltenden Grundsatzfrage des Bibelverständnisses."
Jürgen Mette, Theologe und Autor, seit 1993 Vorsitzender des Stiftungsrats der Studien- und Lebensgemeinschaft Tabor, Mitglied im Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz, 1998-2013 Leiter der Christlichen Stiftung Marburger Medien, 1990-1996 Lehrbeauftragter am Theologischen Seminar Tabor.
(Mette, J., 2019. Die Evangelikalen: Weder einzig noch artig. Eine biografisch-theologische Innenansicht, S. 86, Gerth Medien)
"Die Debatte um Homosexualität ist auch deshalb so heftig und sie wird auch deshalb so kontrovers geführt, weil sie im Kern eine Stellvertreter-Debatte ist. In der Sache geht es gar nicht so sehr um die sehr kleine Gruppe von Menschen, die als homosexuelle Paare eine kirchliche Trauung wünschen.
Die Frage, wie man zur theologischen Legitimität von Homosexualität steht, gibt vielmehr Auskunft über die Frage, wes Geistes Kind man ist, welche Geltung die Bibel hat. Das gilt dann wieder wechselseitig, aber immer polemisch: Sind wir aus der Sicht der Modernen Fundamentalisten? Oder sind wir aus der Sicht der Prämodernen liberale Kritiker?"
Prof. Dr. Heinzpeter Hempelmann, Autor und Professor für Systematische Theologie u. Religionsphilosophie an der Internationalen Hochschule Liebenzell u. Evangelischen Hochschule Tabor, 2014–2020 Oberkirchenrat württembergische Landeskirche.
(Hempelmann, H., 2021, März. „Homosexualität“ als Kommunikationsherausforderung. Abgerufen am 1. Juli 2024, von heinzpeter-hempelmann.de/wp-content/uploads/2021/03/herausforderung-homosexualitaet.pdf)
Joshua Harris & Shannon Harris (Shannon Bonne) 2019
Instagram Screenshot | instagram.com/p/B0CtVRingGj | harrisjosh (18. Juli 2019)
Hallo, ich bin Josh.
Früher hatte ich alle Antworten - Kapitel und Verse. Jetzt bin ich glücklich unsicher, entfalte mich immer noch und genieße das Wunder und das Geheimnis des Lebens. ...
Ich habe die ersten 40 Jahre meines Lebens damit verbracht, das zu fördern, was ich jetzt als engstirnige, kontrollierende, angstbasierte Religion sehe. Heute setze ich mich für die Freiheit ein, sich zu verändern, zu wachsen und sich von Systemen und Überzeugungen zu lösen, die nicht mehr passen. Ich möchte gesündere religiöse und nicht-religiöse Gemeinschaften sehen.
Indem ich aus der starren Religion heraustrete, habe ich festgestellt, dass es viel Raum für Entdeckungen gibt. Zum Hören und Erzählen neuer Geschichten. Zum Schaffen neuer Dinge. Und zum Hervorheben von Menschen, deren Ideen die Welt verändern können. ...
Und ich möchte, dass queere Menschen, denen von der Kirche gesagt wurde, dass ihre Sexualität für Gott anstößig ist, wissen, dass Gott sich ihrer Kinder nicht schämt. Nicht nur das, sondern deine Queerness ist ein Geschenk, das wir brauchen. Wie Philippus den äthiopischen Eunuchen brauchte - nur ein queerer Blick konnte etwas so Queeres wie Wasser in einer Wüste bemerken. Wir brauchen dich, um uns zu zeigen, was wir nicht sehen können, und du verdienst Liebe und sexuelles Aufblühen genauso wie jeder andere. Ich möchte, dass dieses Wissen dich segnet. ...
Denn du trägst in deinem queeren ... schönen Körper das Ebenbild deines Schöpfers ... Diese Stimme ist die Stimme der Liebe. Und sie ist ewig. Und keine andere Stimme - nicht die der Gesellschaft, nicht die der Kirche, nicht die deiner Familie - und sicherlich nicht die der Schlange - darf dir sagen, wer du bist.
Joshua Harris, US-amerikanischer Autor und ehemaliger Pastor.
(Harris, J., 2024. joshharris.com, joshharris.com/about/, joshharris.com/to-hell-with-shame-nadia-bolz-weber-interviews-josh-harris/. Abgerufen am 09.08.2024)
Mein Herz ist voll von Dankbarkeit. Ich wünschte, Sie könnten all die Nachrichten sehen, die mir die Menschen nach der Bekanntgabe meiner Scheidung geschickt haben. Sie sind Ausdruck der Liebe, auch wenn sie traurig sind oder die Entscheidung sogar stark missbilligen. ...
In dieser Woche habe ich Gnade von Christen, Atheisten, Evangelikalen, Ex-Evangelikalen, Heterosexuellen, LGBTQ-Menschen und allen dazwischen erfahren. ...
Die Information, die in unserer Ankündigung [instagram.com/p/B0CtVRingGj | 18. Juli 2019] ausgelassen wurde, ist, dass ich eine massive Veränderung in Bezug auf meinen Glauben an Jesus durchgemacht habe. Der populäre Ausdruck dafür ist "Dekonstruktion", der biblische Ausdruck ist "Abfallen". Nach allen Maßstäben, die ich habe, um einen Christen zu definieren, bin ich kein Christ mehr. Viele Menschen sagen mir, dass es einen anderen Weg gibt, den Glauben zu praktizieren, und ich möchte dafür offen bleiben, aber ich bin noch nicht so weit. ...
Der LGBTQ+-Gemeinschaft möchte ich sagen, dass mir die Ansichten leid tun, die ich in meinen Büchern und als Pastor in Bezug auf Sexualität gelehrt habe. Ich bedaure, dass ich mich gegen die Gleichstellung der Ehe ausgesprochen habe, dass ich euch und euren Platz in der Kirche nicht bestätigt habe und dass ich mit meinem Schreiben und Reden zu einer Kultur der Ausgrenzung und Bigotterie beigetragen habe. Ich hoffe, Sie können mir verzeihen. ...
Ich fühle mich sehr lebendig und wach und überraschend hoffnungsvoll. Ich glaube wie meine Schwester Julian ... Alles wird gut sein und jede Art des Seins wird gut sein.
Joshua Harris, US-amerikanischer Autor und ehemaliger Pastor.
(Harris J,. 2019 Juli 26. My heart is full of gratitude. instagram, Abgerufen am 09.08.2024, von instagram.com/p/B0ZBrNLH2sl/)
Dr. Michael Diener "Wappnet Euch, die ersten Minuten werden besonders hart und teils auch verletzend, denn ich zitiere meinen Präsesbericht, den ich 2011 bei der Gnadauer Mitgliederversammlung gehalten habe …
> Gott liebt diese Welt und jeden einzelnen Menschen. Seine Liebe gilt auch uns. … Die Heilige Schrift ist die Urkunde der Liebesgeschichte Gottes mit den Menschen. Wir lieben und achten sein lebendiges Wort als „norma normans“, als „Richter, Regel und Richtschnur“ aller Lehren. …
Wir bekennen uns unverändert dazu, dass nach Gottes Willen alleine die lebenslange Einehe zwischen Mann und Frau die menschlicher Sexualität entsprechende Gestaltung der Geschlechtsgemeinschaft ist. Menschen, die nicht in einer derartigen Gemeinschaft leben, sind unabhängig von Geschlecht und Alter zur Enthaltsamkeit aufgerufen, zu der Gott „Wollen und Vollbringen“ schenken kann.
Es wäre lieblos, wenn wir Menschen Gottes Wegweisung zu einem gelingenden Leben vorenthalten würden. Gott liebt uns, wie wir sind, aber er lässt uns nicht, wie wir sind. Glaube verändert - auch in ethischen Fragen und manchmal in einem langwierigen und schmerzhaften Prozess.
Wir sind dazu aufgerufen, in unseren Gemeinschaften und Gemeinden, Werken und Verbänden Orte und Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen, wo Menschen mit unterschiedlichsten Anfechtungen und Gefährdungen ihrer Sexualität Annahme, Hilfe, Korrektur und liebevolle Begleitung finden.
Aufgrund unseres Verständnisses des Willens Gottes können wir zu praktizierter Homosexualität kein Ja finden. Sie ist Sünde und steht unter dem Gericht Gottes.
Wir halten es für einen verhängnisvollen Irrweg, dass die meisten kirchlichen Verlautbarungen, spätesten seit 1996 das eindeutige biblische Zeugnis zur Homosexualität dadurch zu entkräften suchen, dass sie es als zeitbedingt einschätzen und das Liebesgebot nicht mehr an die konkreten Weisungen der Heiligen Schrift zurück binden. Anstatt Orientierung zu bieten, wird Verwirrung noch vergrößert. …
Gleichzeitig kann ich nicht übersehen, dass Christinnen und Christen in dieser Frage zu einer anderen Wertung und Gewichtung gelangen. Es wäre lieblos und unangemessen, ihnen ihren Glauben oder die Ernsthaftigkeit ihres ethischen und geistlichen Forschens abzusprechen.
Wir müssen mit dieser Differenz in einer wichtigen und grundlegenden ethischen Frage leben und weiterhin miteinander um die Wahrheit ringen. Ich werde aus theologischen Gründen an der gemeinsamen Zugehörigkeit zum Leib Christi - trotz eines gravierenden ethischen Dissenses - festhalten. <
Zitat Ende. Das ist ein Teil meines Präsesberichtes von 2011 … Ich habe damals ... alles was ich sagte genauso gemeint. Heute schäme ich mich dafür. Und ich bin erschüttert über mich selbst. Vieles davon würde ich um Gottes Willen heute nicht mehr sagen. Manches würde ich immer noch sagen, aber es hätte eine völlig andere Bedeutung. …
Ich habe auch als Leiter dazu beigetragen, dass Vor-Urteile und Fehleinschätzungen gegenüber queeren Menschen autoritativ bestätigt, bestärkt, weitergegeben wurden. Das tut mir von Herzen leid und ich kann dafür die betroffenen Menschen wirklich nur um Vergebung bitten."
Dr. Michael Diener, Theologe und Autor, Dekan, seit 2015 Mitglied im Rat der EKD, 2009-2020 Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, 2012-2016 Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz.
(Diener, M., 2022, 10. September. Vortrag „Coming in“. Netzwerktreffen von christlichen LSBTQ-Menschen. Abgerufen am 13. Mai 2024, von youtube.com/watch?v=tF2vGs7AStY)
Dr. Michael Diener, „Coming in“, Netzwerktreffen von christlichen LSBTQ-Menschen (2022)
"Am sechsten Tag schuf Gott den Sex" (Dr. Johannes Hartl, Juli 2012, Gesamtlaufzeit: ca. 4h 25m, Es gilt das gesprochene Wort.)
Wie können Christen sich anmaßen irgendwelchen Leuten zu sagen, was sie ihm Bett tun sollen oder nicht? … Das ist eine Frage, die total viele Leute damit beantworten würden, dass sie sagen würden, okay, die Christen sind völlig bescheuert, sind moralisch, wollen irgendwelche Leute fertig machen oder so was.
Am schlimmsten sind die Katholiken, aber eigentlich die gleiche Bagage, die Evangelikalen. Das sind so die großen Feindbilder. …
Gefühle sind nie Sünde. Und der Satz ist tiefgründiger als wir auf dem ersten Blick meinen. Gefühle an sich zeigen mir nur, erst mal was da ist. … und ist deswegen nie was, wessen ich mich schämen muss, was ich verleugnen muss. Die Gefühle sind einfach da. Das ist erst mal eine unglaublich befreiende Wahrheit. Kein Mensch kann von dir verlangen, du musst dich jetzt so und so fühlen. …
Die spannende Frage ist jetzt aber, wie gehen wir mit den Gefühlen um? …
Ich will eine Sache völlig klar sagen, wenn irgendjemand sagt, hey, ich hab Gefühle, ich hab homoerotische Gefühle, ich verliebe mich und ich bin fasziniert von anderen Männern und ich will das ausleben und ich hab keinen Bock auf eure Bibel, auf eure Moral, ich will nichts davon wissen - dann sage ich, hey, wer bin ich, dir das vorzuschreiben, wie du das zu tun hast?
Okay, du bist frei, das so tun. Wenn du diesen Weg wählen willst, go for it. …
Der Punkt ist einfach nur der, wenn jemand sagt, hey, ich leide unter dem, was hier abläuft, ich habe nicht das Gefühl, dass es gut läuft … Ich will echt das tun, was Jesus sagt, an dem Punkt. Dann kann man sagen, alles klar, jetzt sind wir im Gespräch.
Dann lass uns nachschauen, was die Schrift sagt, lass uns gemeinsam in den Prozess gehen, wo du deine Sachen und ich meine Sachen aufarbeite. … nicht … homoerotische Gefühle, sie sind nicht der Punkt, sondern die ausgeübte homosexuelle Praxis …
Die Schrift, ist an dem Punkt eindeutig. Aber sie ist auch eindeutig, dass Homosexualität nicht die einzige, nicht die schlimmste, nicht die größte Sünde ist, sondern eher in einem Katalog mit jeder Menge Sachen, wo wir uns auch wiederfinden können.
Dr. Johannes Hartl, Philosoph, römisch-katholischer Theologe, Buchautor, Gründer des Gebetshauses Augsburg.
(Hartl, J., 2012, Juli. Am sechsten Tag schuf Gott den Sex. Abgerufen am 23.06.2024, von shop.gebetshaus.org/products/am-sechsten-tag-schuf-gott-den-sex-lehrserie-download)
"Aus aktuellem Anlass:
Im Laufe der letzten 15 Jahre habe ich eine kaum mehr übersehbare Menge an Videos, Artikeln und Büchern veröffentlicht. Immer wieder finde ich gerade bei älteren Beiträgen Aussagen oder Formulierungen, die ich heute so nicht mehr machen würde.
Das betrifft ... „Die Kunst eine Frau/Mann“ zu lieben von 2013 ... „Maleachi Ruf“ und „Am sechsten Tag schuf Gott den Sex“. [siehe oben]
Kritik an meinen Positionen ist immer erlaubt, oft sicher berechtigt; am zielführendsten ist sie, wenn sie sich an meinen Inhalten der letzten 5 Jahre orientiert, denn auch meine thematischen Aussagen entwickeln sich mit der Zeit."
Dr. Johannes Hartl, Philosoph, römisch-katholischer Theologe, Buchautor, Gründer des Gebetshauses Augsburg.
(Hartl, J., 2024. Pressemitteilung. Abgerufen am 23.06.2024, von johanneshartl.org/presse und web.archive.org/web/20230524151035/https://johanneshartl.org/presse/)
Prof. Dr. Richard Dawkins (QED conference 2013)
„Richard Dawkins 3“ v. TheTherapist ist lizenziert unter CC BY-NC 2.0.
[Dr. Richard Dawkins] "Ayaan, ich habe dich immer für einen der mutigsten Menschen gehalten, die ich kenne. Wie konntest du dich einer solchen Schwäche hingeben? …
Und nun gehst du in die Kirche. Und du hörst dem Pfarrer zu. Bemerkst du nicht, wieviel Unsinn er redet? Nimmst du das wirklich ernst, dass Jesus der Sohn Gottes ist? Dass Jesus von den Toten auferstanden ist? Dass er von einer Jungfrau geboren wurde? …
Wir haben säkularen Humanismus, wir haben Rationalität, wir haben Moralphilosophie. Auf dieser Basis entscheiden wir, was moralisch ist und was nicht. Wir müssen auf unsere Moral nicht noch einen Haufen übernatürlichen Unsinn draufsatteln. …
Ich habe eine kürzlich aufgezeichnete Diskussion gesehen, in der du mich als einen der christlichsten Menschen bezeichnetest, die du kennst. Dies geschah, nachdem du Roger Scruton zitiert hast, der dir sagte, dass du, wenn du wie ein Christ agierst, dich wie ein Christ verhältst, ein Christ bist.
Aber Ayaan, das ist so falsch. Wie du oder ich mich verhalten, ist völlig irrelevant. Was zählt, ist, was du glaubst. Was zählt, sind die Wahrheitsbehauptungen über die Welt, die du für wahr hältst.
Denn das ist der springende Punkt. Das Christentum stellt Tatsachenbehauptungen auf, Wahrheitsansprüche, die Christen glauben, Wahrheitsansprüche, die sie als Christen definieren.
Christen sind Theisten. Sie glauben an eine göttliche Vaterfigur, die das Universum erschaffen hat, die unsere Gebete erhört und die in jeden unserer Gedanken eingeweiht ist.
Du glaubst das sicher nicht? Glaubst du, dass Jesus drei Tage, nachdem er in das Grab gelegt wurde, wieder auferstanden ist? Nein, natürlich nicht. Glaubst du, dass Jesus von einer Jungfrau geboren wurde? Sicherlich nicht.
Jemand mit deiner Intelligenz glaubt nicht, dass du eine unsterbliche Seele hast, die den Zerfall deines Gehirns überleben wird. Christen glauben an einen schrecklichen Ort namens Hölle, wo die Seelen der Bösen nach ihrem Tod hinkommen. Glaubst du das auch? Auf keinen Fall!
Christen glauben, dass jedes Baby „in Sünde geboren“ wird und nur durch die uns erlösende Hinrichtung Jesu (präventiv im Falle aller nach Christus Geborenen) vor der Hölle bewahrt wird. Glaubst du auch nur annähernd an diese widerliche Sündenbocktheorie? Nein, natürlich nicht. …
Wenn du Christin bist, musst du das ganze Paket nehmen. Dann musst du auch daran glauben, dass Jesus von den Toten auferstanden ist. … Ayaan, du bist genauso wenig ein Christ wie ich es bin.
Ich für meinen Teil habe verschiedene Dinge gefunden, die meinem Leben Sinn und Zweck geben. Da ist die Wissenschaft, und in meinen Büchern habe ich mein lebenslanges Streben nach dem Sinn und Zweck allen Lebens dargelegt. Dann gibt es die menschliche Liebe, die Schönheit eines Kindes, ein tropisches Bad unter dem Sternenhimmel, ein hinreißender Sonnenuntergang, ein Schubert-Quartett. Es gibt die Kunst und die Literatur der ganzen Welt. Die Wärme einer innigen Umarmung. …
Aber, selbst wenn dich all diese Dinge kalt lassen - und das tun sie natürlich nicht -, selbst wenn du ein unstillbares Bedürfnis nach mehr verspürst, was in aller Welt hat das mit den Wahrheitsbehauptungen des Christentums oder einer anderen Religion zu tun?
Selbst wenn das Leben unerträglich trostlos und leer wäre - das ist es nicht, aber selbst wenn es so wäre - wie könntest du, wie könnte irgendjemand ein Bedürfnis nach Trost in einen Glauben an biblische Wahrheitsbehauptungen über das Universum umwandeln, nur weil du dich dadurch gut fühlst?
Intelligente Menschen glauben nicht an etwas, weil es sie tröstet. Sie glauben es, weil, und nur weil, sie Beweise gesehen haben, die es unterstützen. …
Nein, Ayaan, du bist kein Christ, du bist nur ein anständiger Mensch, der fälschlicherweise glaubt, er brauche eine Religion, um das zu bleiben."
Prof. Dr. Richard Dawkins, Evolutionsbiologe und Autor, 1995–2008 Professor an der University of Oxford.
(Dawkins, R., 2023, November 16. Open letter from Richard Dawkins to Ayaan Hirsi-Ali. Abgerufen am 23. Juni 2024, von richarddawkins.substack.com/p/open-letter-from-richard-dawkins)
[Ayaan Hirsi-Ali] „Der Atheismus hat es nicht geschafft, eine einfache Frage zu beantworten: Was ist der Sinn und Zweck des Lebens?“ …
Ich bin nicht zum Glauben gekommen durch irgendein spektakuläres Ereignis, auch wenn ich das besser gefunden hätte. Ich habe in einer persönlichen Krise gesteckt … in meiner Verzweiflung habe ich angefangen zu beten. Das war der Wendepunkt …
„Ich habe mich auch dem Christentum zugewandt, weil ich das Leben ohne spirituellen Trost letztlich unerträglich, ja fast selbstzerstörerisch fand.“ …
„Ich entscheide mich zu glauben“ ... „Wenn es etwas sehr viel Mächtigeres gibt als uns, das alles erschaffen hat, dann sind Auferstehung und andere Wunder doch keine große Sache.“ ...
Weil das Christentum aus den Schulen und Universitäten verbannt worden ist, gibt es ein Gottesvakuum. Und dieses Vakuum wird von anderen gefüllt. „Es gibt heute sehr böse Kräfte, die die Herzen, Köpfe und Seelen der jungen Menschen besetzen.“
Für mich ist das Christentum "besessen von der Liebe". Das zeigten auch meine Erfahrungen aus meiner Zeit als Atheistin. Vor Muslimen habe ich durch Leibwächter geschützt werden müssen, Christen hingegen haben mir Briefe geschrieben: … man bete für mich.
Ayaan Hirsi-Ali, niederländisch-amerikanische Politikwissenschaftlerin.
(Hirsi-Ali, A., 2023, November 14. Why I Am Now a Christian. Abgerufen am 23. Juni 2024, von thefp.com/p/ayaan-hirsi-ali-why-i-am-now-christian-atheism)
Triggerwarnung | Tages-Anzeiger Zürich | Der Landbote Winterthur | Rico Bandle | Screenshot: Facebook
Debatte zu genderinklusiver Sprache (11.06.2022)
(tagesanzeiger.ch/srf-sagt-wie-man-politisch-korrekt-sprechen-soll, abgerufen: 23. Juli 2023)
"Sie ist klug, schwarz und feministisch. Trotzdem ist die gebürtige Somalierin Ayaan Hirsi Ali für weiße linke Frauen und Männer eine Provokation. Das zeigt sich auch in den Medien. …
Wenn es brutal wird, erscheint im Schweizer Radio und Fernsehen eine Warnung an die Zuschauer. «Achtung, Video enthält Bilder von Toten», hieß es etwa, als SRF Filmaufnahmen des Massakers von Butscha zeigte, wo die Leichen ermordeter Ukrainer auf der Straße lagen. Auch Beiträge über Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt werden von SRF mit sogenannten Triggerwarnungen gekennzeichnet. Dies insbesondere, um Kinder und Jugendliche zu schützen.
Eine dieser Triggerwarnungen hat kürzlich aber für Irritationen gesorgt. Denn sie bezieht sich nicht auf eine Gewaltdarstellung, sondern auf eine Meinung. Geäußert hat sie die amerikanisch-niederländische Politologin und Feministin Ayaan Hirsi Ali, die kürzlich am World Economic Forum in Davos aufgetreten und von SRF porträtiert worden ist. …
Wer sich den Beitrag ansehe, werde mit «Diskriminierung gegenüber Transgender- und nichtbinärer Geschlechtsidentität» konfrontiert. …
Dass damit ausgerechnet eine Feministin, die sich gegen frauenfeindliche Gewalt einsetzt, in eine Reihe mit Gewalttätern gestellt wird, sorgte im SRF-Publikum für Unverständnis. Denn Triggerwarnungen sind laut den publizistischen Leitlinien von SRF dazu da, um «verstörende Bilder», Tondokumente und «schockierende Aufnahmen» anzukündigen – im Zusammenhang mit Krieg, Terror, Gewalt, Unterdrückung, Unfällen und Naturkatastrophen. Das Kapitel der Leitlinien, das die Verwendung von Triggerwarnungen regelt, ist mit dem Titel «Gewaltdarstellungen allgemein» überschrieben. …
Verantwortlich für diese Diskriminierung soll Hirsi Ali selbst sein. Frauen, das erklärte die Politologin am World Economic Forum nämlich, seien im Westen … bedroht, … auch von vermeintlich progressiven Aktivisten, die das biologische Konzept «Frau» infrage stellten. Konkret sagte sie: «Schauen Sie sich die idiotischste Ideologie von allen an, in der man bestimmte Pronomen verwenden muss und absurde Dinge sagen soll wie: ‹Menschen, die menstruieren›». …
Um die Frage, ob das gefühlte Geschlecht einer Person auch rechtlich anerkannt werden soll – und ob man nicht-binäre Menschen mit speziellen Pronomen wie «dey/deren» ansprechen soll –, tobt derzeit ein Kulturkampf. Feministinnen alter Schule wie Alice Schwarzer und Ayaan Hirsi Ali halten diese Entwicklung für gefährlich: Sie fürchten unter anderem, dass biologische Männer aufgrund gefühlter Geschlechtsidentitäten in weibliche Schutzräume eindringen könnten. …
Die feministische Zeitschrift «Emma» wurde wegen Transfeindlichkeit vor den Presserat zitiert, weil sie die weibliche Identität der grünen Bundestagsabgeordneten Tessa Ganserer hinterfragt hatte – eines biologischen Mannes, der sich als Frau fühlt, dank der grünen Frauenquote gewählt wurde und sich kürzlich in der Frauensauna ablichten ließ."
Lucien Scherrer, Journalist bei der Neuen Zürcher Zeitung.
(Scherrer, L., 2022, Juni 15. Neue Zürcher Zeitung. Abgerufen am 23. Juni 2024, von nzz.ch/feuilleton/vor-dieser-frau-wird-gewarnt-ayaan-hirsi-ali-ist-fuer-weisse-linke-maenner-eine-reizfigur-das-zeigt-sich-auch-in-den-medien)
"Wir Linken kämpften einst für gemeinsame, universale Werte. … Es gab eine Zeit, in der wir mehrere Werte gleichzeitig zu vertreten in der Lage waren: Gleichheit und Freiheit, Antirassismus und Meinungsfreiheit, Vielfalt und Toleranz. Das momentane politische Klima - insbesondere im linken Spektrum - hat sich drastisch verändert. Wir sind jetzt dazu angehalten, uns für ein Lager zu entscheiden … Zwischen tugendhafter Zensur und freier Meinungsäußerung. … Es ist, als ob wir alle kollektiv an eine ideologische Wand gedrückt werden ...
Im Jahre 2014 beschloss die Brandeis University in Massachusetts, der somalischen feministischen Aktivistin Ayaan Hirsi Ali die Ehrendoktorwürde zu verleihen. Ayaan Hirsi Ali hatte sich für die Rechte von Frauen und Mädchen in muslimischen Ländern eingesetzt und war selbst vor Zwangsheirat, Schlägen und Genitalverstümmelung geflohen. Ihre Erfahrungen hatten sie zu einer freimütigen Kritikerin des Islam gemacht. …
Als die Nachricht von dieser Verleihung des Doktortitels honoris causa bekannt wurde, unterzeichneten Dozenten und Studenten eine Petition und übten Druck auf die Universität aus, die Ehrung abzusagen, da sich muslimische Studenten angesichts einer solchen Verleihung unwillkommen fühlen würden. Die Universität zog den Doktortitel zurück."
Prof. Dr. Eva Illouz, französisch-israelische Soziologin.
(Illouz, E., 2024, Januar 18. Unter Opfern: Soziologin Eva Illouz über die Linke und Identitätspolitik. Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 26. Juni 2024, von sueddeutsche.de/kultur/eva-illouz-linke-identitaetspolitik-selbstkritik-folgen)
Dr. Thies Gundlach (2009)
„Nordelbische Synode 18.9. 2009“ von Presse.Nordelbien ist lizenziert unter CC BY 2.0.
"Ich habe eine Art Déjà-vu-Erlebnis; in den 80er Jahren gab es schwere Auseinandersetzungen zwischen den Evangelikalen und vielen anderen Christen um die Fragen zur theologischen Bedeutung und Bewertung von Homosexualität. 30 Jahre später steigen die gleichen Akteure mit den gleichen Argumenten noch einmal in den Ring und sehen wieder den Glauben in Gefahr.
Die Schärfe dieser Intervention heute lässt mich vermuten, dass sich darin auch viel Enttäuschung ausdrückt, weil der damalige Kampf doch letztlich vergeblich war.“
Dr. Thies Gundlach, Vizepräsident des Kirchenamtes der EKD.
(Gundlach, T., 2016, Januar 8. Die Wahrheit gehört Gott: EKD-Vizepräsident Gundlach über den Bibelstreit mit Evangelikalen. epd. Abgerufen von evangelisch.de)
"Die Universität Tübingen ist als Hochburg der christlichen Theologie bekannt. Und wo viele Theologen sind, wird viel gestritten. Die jüngste Debatte dreht sich um die „Christlichen Hochschultage“, die am Donnerstag zuende gegangen sind: eine Reihe theologischer und gesellschaftlicher Vorträge mit kostenlosen Mahlzeiten.
Veranstaltet wurden sie von 120 Studierenden, die auch bei der „Studentenmission Deutschland“, „Campus Connect“ oder dem „Albrecht-Bengel-Haus Tübingen“ aktiv sind.
Eine zweite Gruppe – das Tübinger „Schwäbische Tagblatt“ zählt etwa 70 Studierende – hat sich vor der Stiftskirche um einen großen Lautsprecher versammelt. Als Erster greift Raphael Kupczik zum Mikrofon, selbst Theologiestudent. Er will „vulnerable Menschen schützen vor einfachen Maschen von Missionierenden.“ Schließlich zielten die Hochschultage vor allem auf Studierende ab, die mit Leistungsdruck oder Sinnkrisen kämpfen.
Der Name der Kundgebung: „Bildung statt Bekehrung“.
Die Debatte ist alles andere als neu. Bereits 1952 gab es in der Evangelischen Studentengemeinde Tübingen einen Aufruhr gegen die Hochschultage. Der Historiker Jonathan Schilling hat das Phänomen untersucht. Er spricht von „Mission als Grenzscheide“ christlicher Hochschulgruppen.
Neu dürften manche der Vorwürfe sein. Sie treffen vor allem eine Rednerin der Hochschultage: Jana Highholder, eine junge Ärztin aus Koblenz, von 2018 bis 2020 YouTube-Botschafterin für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). ...
Raphael Kupczik wird persönlich. Er zeigt auf einen Studenten mit Sonnenbrille, der neben der Stiftskirche ein weißes Plakat in die Luft reckt. „Bildung und Bekehrung“ steht darauf. In ihm sieht Kupczik „das perfekte Beispiel von politischem Rechtssein und auch religiöser Rechten, ein Mitglied der Studentenverbindung Germania.“ Man würde ja gerne über solche Probleme ins Gespräch kommen, ergänzt die Folgerednerin. Doch „diesen Dialog auf Augenhöhe sehe ich in der gesamten Veranstaltung der Hochschultage nicht.“
Ein Tag später im Clubhaus der Uni Tübingen, einem von zwei parallelen Treffpunkten der Hochschultage. Die Schlange vor der Essensausgabe reicht durch das ganze Treppenhaus bis zur Eingangstür. Auch der Student mit Sonnenbrille wartet hier – und stellt sich als Caden vor.
„Mir ist bewusst, dass das Wort ‚Bekehrung‘ manchmal mit Zwang verbunden wird“, sagt er über sein Plakat. „So sollte das nicht sein. Ich liebe Jesus und ich möchte ohne Zwang allen Menschen über ihn erzählen.“
Wegen seines Weltbildes gehöre er schon seit zwei Jahren nicht mehr zur Germania-Verbindung, betont Caden. Der Redner auf der Kundgebung habe das auch gewusst, aber bewusst falsch gesagt. ...
Am Abend erscheint die nächste Stellungnahme zum Thema, diesmal von der Leitung der Hochschultage: „Wie wir mit unseren Aktionen niemandem religiöse Ansichten aufzwingen, erbitten wir im Gegenzug dieselbe Toleranz für uns."
Valentin Schmid, freier Journalist.
(Schmid, V., 2024, Juni 13. Streit um Bildung und Bekehrung. Evangelische Zeitung. Abgerufen am 18. Juni 2024, von evangelische-zeitung.de/streit-um-bildung-und-bekehrung)
"Kundgebung gegen die Tübinger Hochschultage" | „Bildung statt Bekehrung! Keine Missionierung auf unserem Campus!“ | 11. Juni 2024, 18:15 Uhr | Vorplatz des Kupferbaus Tübingen.
Bündnis „Keine Missionierung auf unserem Campus“: Grüne Hochschulgruppe Tübingen, Linksjugend ['solid] Tübingen, Queeres Zentrum, Arbeitskreis kritischer Jurist*innen Tübingen, Münze 13 e.V., Befreiungstheologisches Netzwerk Tübingen, Katholische Hochschulgemeinde Tübingen KHG u. Evangelische Studierendengemeinde Tübingen ESG [Evangelische Landeskirche in Württemberg].
Grüne Hochschulgruppe Tübingen.
(Grüne Hochschulgruppe Tübingen, 2024, Juni 10. Abgerufen am 19. Juni 2024, von ghg-tuebingen.de/2024/06/10/bildung-statt-bekehrung)
Evangelische Landeskirche in Württemberg | elk-wue.de
"Die Evangelische Studierendengemeinde (ESG) [Evangelische Landeskirche in Württemberg] und Katholische Hochschulgemeinde (KHG) beobachten mit Sorge, wie bei den sogenannten Hochschultagen unter dem Banner von Christ:innentum und Glaube Referent:innen eine Bühne geboten wird, die wiederholt antipluralistische, fundamentalistische, queerfeindliche und antifeministische Botschaften verbreiten.
Die Veranstalter:innen der sog. Hochschultage bezeichnen sich selbst als „Vereinigung christlicher Hochschulgruppen“ [Hochschul-SMD, Campus Connect u. Albrecht-Bengel-Haus].
Es ist uns als Hochschulgemeinden der evangelischen Landeskirche Württemberg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart wichtig, uns von den Veranstalter:innen und deren Verständnis von Glaube und Christ:innentum klar zu distanzieren. ...
Jana Hochhalter, eine der prominentesten Redner:innen der sog. Hochschultage, hetzt in ihrem Podcast „In Zeiten wie diesen“ und auf ihrem Instagram-Account gegen Queere Christ:innen, Abtreibung und die Gleichberechtigung von Mann und Frau. ...
Als ESG und KHG verstehen wir christlichen Glauben als stetiges Hinterfragen, eine Pluralität von Haltungen und Meinungen und sind der festen Überzeugung, dass Diskriminierung jeglicher Art keinen Platz in unseren Gemeinden haben darf. ...
Wir rufen zur Teilnahme an der Gegenkundgebung am Dienstag, 11.6. um 18:15 Uhr vor dem Kupferbau auf."
Evangelische Studierendengemeinde (ESG) Tübingen und Katholische Hochschulgemeinde (KHG) Tübingen, Hochschulgemeinde der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und Hochschulgemeinde der Diözese Rottenburg-Stuttgart.
(ESG Tübingen u. KHG Tübingen, 2024, 10. Juli. Abgerufen am 18. Juni 2024, von esg-tuebingen.de/nachrichten/statement-der-esg-und-khg-zu-den-hochschultagen-tuebingen-2024)
"Von 2018 bis 2020 war Highholder mit einem Youtube-Kanal namens „Jana glaubt“ auch offiziell für die evangelische Kirche im Einsatz. Das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) und die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend (aej) verantworteten ihn gemeinsam. Er sollte junge Menschen mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot für christliche Inhalte begeistern.
Allerdings wurden schon zu dieser Zeit in Christ & Welt Vorwürfe gegen die Influencerin laut: Highholder sei ein „trojanisches Pferd“, das „biblizistische und evangelikale Positionen“ propagiere, so die evangelische Pfarrerin Hanna Jacobs.
Inzwischen gehen die Verantwortlichen auf Distanz zu ihrem früheren Star. Das GEP unterstützt mit dem evangelischen Contentnetzwerk yeet lieber Influencer*innen, die ein vielfältiges Bild des Christentums vermitteln. Besonders eindrucksvoll zeigen zum Beispiel die queeren Pastorinnen Steffi und Ellen Radtke als „Anders Amen“ ihren Familienalltag in Osnabrück.
Aber während Highholder und Neubauer bei Instagram ohne institutionelle Unterstützung auf rund 60.000 und 70.000 Follows kommen, ist die Öffentlichkeit von Anders Amen mit 24.000 viel geringer. Und es warten neue Herausforderungen: Auf Tiktok hat der Wettbewerb der religiösen Influencer*innen gerade erst begonnen. Jasmin Neubauer ist schon dort und ihr erfolgreichstes Video wurde 185.000-mal angeschaut."
Louis Berger, Journalistisches Volontariat an der Katholischen Journalistenschule ifp München.
(Berger, L., 2024, 19. April. Christliche Influencer*innen: Insta, Youtube, Gott. taz. Abgerufen am 26. Juni 2024, von taz.de/Christliche-Influencerinnen/!6002078)
JANA & JASMIN – In Zeiten wie diesen... | Tübinger Hochschultage, UNUM und Herzschmerz
jana-jasmin-in-zeiten-wie-diesen.simplecast.com/episodes/tubinger-hochschultage-unum-und-herzschmerz (17. Juni 2024)
"Vom 10. bis 13. Juni fanden in einigen Uni-Städten Deutschlands und auch in Heidelberg zum wiederholten Mal die Hochschultage statt, zu denen die christlichen Hochschulgruppen Friedrich-Hauss-Studienzentrum, hochschul_smd heidelberg, Campus Connect, Entschieden für Christus Heidelberg und sfc mit üppiger Plakatierung, in Uni-Veranstaltungen über Professor*innen und mit Straßenmalkreide eingeladen haben.
Im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe fanden an jedem der Tage öffentliche Vorträge zu christlichen und theologischen Themen statt. Als Referent für gleich drei der vier Vorträge wurde Gernot Zeilinger eingeladen. Das finden wir als ESG hochproblematisch.
Denn Herr Zeilinger ist in der Vergangenheit öffentlich (u.a. über YouTube) mit homo-, queer- und transphoben sowie antifeministischen, antipluralistischen und fundamentalistischen Positionen aufgetreten, die aus unserer Sicht dem christlichen Menschenbild zutiefst widersprechen. … Dabei beruft er sich auf seine Glaubensposition, die aus einem aus unserer Sicht nicht reflektierten und daher fundamentalistischen Bibelverständnis hervorgeht.
Als ESG [Studierendengemeinde d. Evangelischen Landeskirche in Baden] können wir solchen menschenverachtenden Haltungen, die sich angeblich auf die biblische Botschaft berufen, keinesfalls zustimmen! Wir distanzieren uns ausdrücklich von Argumentationen und Positionen, die die Würde eines jeden Menschen – welche nach Art. 1 GG an erster Stelle unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zu stehen hat – auf solche Weise untergräbt. …
„Mission“ und „Bekehrung“ im von den christlichen Hochschulgruppen verstandenen, traditionellen Sinn, lehnen wir aus seelsorglichen und diversitätssensiblen Gründen ab, da diese Begriffe und die dahinterstehenden Konzepte aus unserer Sicht im Zusammenhang mit einem toxischen Religionsverständnis und unterdrückerischen und geistlich-missbräuchlichen Strukturen stehen.
Wir sind enttäuscht, dass uns von Vertreter*innen der „Hochschultage“ im Zuge der Straßenmalkreide-Aktion mit den Worten „Gelangweilt von Kirche? Probier mal Jesus!“ vor der Peterskirche vorgeworfen wird, dass wir als Evangelische Studierendengemeinde einer Landeskirche nichts mit Jesus zu tun hätten. …
Es sei klargestellt, dass wir uns mit dieser Stellungnahme explizit nicht generell von den oben genannten christlichen Hochschulgruppen als solchen distanzieren, da wir durch persönliche Kontakte und Freund*innenschaften wissen, dass diese Gruppen – so wie wir auch – in sich nicht homogen sind und nicht alle Menschen aus den jeweiligen Gruppen dieselbe Haltung und Glaubensansicht vertreten.
Wir sind gern offen für Gespräche auf Augenhöhe, in denen wir uns über theologische Selbstverständnisse, die Rolle der Bibel und die jeweiligen Glaubensverständnisse austauschen können."
Gemeinderat der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) Heidelberg, Hochschulgemeinde der Evangelischen Landeskirche in Baden.
(Gemeinderat ESG Heidelberg, 2024, 13. Juni. Stellungnahme der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) Heidelberg zu den Heidelberger Hochschultagen christlicher Hochschulgruppen. Abgerufen am 18. Juni 2024, von esg-heidelberg.de/stellungnahme-zu-den-hochschultagen)
Evangelische Landeskirche in Baden | ekiba.de
"Das Recht auf freie Ausübung der Religion ist im deutschen Grundgesetz Artikel 4 fest verankert. … Wie wir mit unseren Aktionen niemandem religiöse Ansichten aufzwingen, erbitten wir im Gegenzug dieselbe Toleranz für uns und die Hochschultage. … Wir laden jede und jeden ein, mit uns ins Gespräch zu treten. Genau dieser Dialog ist integraler Bestandteil der Hochschultage. ...
Uns ist wichtig, niemandem unsere Sichtweise aufzuzwingen und niemanden zu manipulieren. Wir freuen uns über jeden, der sich zu einem Leben als Christ entschließt; genauso achten wir aber auch Menschen mit anderen Überzeugungen. ...
Die in der Öffentlichkeit uns gegenüber erhobenen Vorwürfe sind haltlos, wir weisen sie hiermit zurück. Als Christinnen und Christen glauben wir, dass Gott sich in Liebe durch Jesus Christus jedem Menschen zuwendet. Als Geschöpf Gottes erfährt jeder Mensch Würde und Bestimmung.
Diese Liebe und Würde gilt unabhängig von Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, Abstammung, Sprache, Herkunft, Weltanschauung oder Glaube, religiöser oder politischer Anschauung und psychischen oder körperlichen Fähigkeiten. ...
Es ist unser Ziel, dass Menschen bei den Hochschultagen eine Atmosphäre der Liebe und Annahme erfahren. Leitend dafür sind das Beispiel, das Jesus uns selbst vorgelebt hat, und die Orientierung an Gottes Wort, der Bibel."
Das Leitungsteam der Hochschultage Tübingen.
(Das Leitungsteam der Hochschultage Tübingen, 2024, 12. Juni. Pressemitteilung zu den Hochschultagen Tübingen. Abgerufen am 17. Juli 2024, von hst-tuebingen.de/aktuelles und campus-connect.de/wp-content/uploads/2024/06/Pressemitteilung.pdf)
"An den deutschen Universitäten bläst Christen seit Jahren ein rauer Wind ins Gesicht. … In Tübingen und Heidelberg … luden christliche Gruppen wie Campus Connect und Hochschul-SMD (früher Studentenmission in Deutschland) zu ihren Hochschultagen ein.
Wie seit Jahren machten linke Gruppen dagegen mobil und organisierten sogar eine Gegenkundgebung. Aber zum ersten Mal beteiligten sich in Tübingen auch die Evangelische Studierendengemeinde (ESG) und die Katholische Hochschulgemeinde (KHG) an der Kampagne."
Daniel Scholaster, Master of Arts in Vergleichende Geschichte der Neuzeit.
(Scholaster, D., 2024, Juli 17. IDEA Redaktion Süd. Abgerufen am 17. Juni 2024, von idea.de/artikel/universitaeten-bekenntnis-im-rauen-wind)
"Die Regenbogenkirche bricht mit dem Bekenntnis. … Unter dem Druck der Kirchenleitungen geraten Pfarrer und Gemeinden, die sich am Wort Gottes orientieren und Trauungen gleichgeschlechtlicher Paare ablehnen, in allen evangelischen Kirchen in Deutschland in Bedrängnis."
Pfarrer Ulrich Parzany, Theologe u. Buchautor, seit 2016 Vorsitzender Netzwerk Bibel und Bekenntnis, 1991-2005 Leiter u. Redner ProChrist e.V., 1987-2005 Mitglied im Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz, 1984-2005 Generalsekretär CVJM-Gesamtverband Deutschland.
(Parzany, U., 2024, Juli. Die Regenbogenkirche bricht mit dem Bekenntnis. Abgerufen im Juli 2024, von bibelundbekenntnis.de/ak-wuerttemberg/regenbogenkirche/)
"Wir fordern eine Trauung für alle sowie die Abschaffung des Gewissensschutzes bei der Trauung von homosexuellen Paaren.
Wir fordern die Abschaffung des „Magnus Consensus“ bei Pfarrer*innen, was bedeutet, dass künftig auch homosexuelle Partner ohne Zustimmung des Kirchenvorstands zusammenleben dürfen. ... Wir fordern mehr Ressourcen für das Referat für Chancengleichheit – und ein Schuldbekenntnis."
[Beschluss der Landessynode der Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern vom 25. April 2024: Der Magnus Consensus ist abgeschafft.]
Benedikt Kalenberg, Evangelische Jugend Bayern (ejb) | Amt für Jugendarbeit der Evang.-Luth. Kirche in Bayern.
(Kalenberg, B., 2023, November 30. Queere Menschen in der Kirche. Evangelische Jugend Bayern. zettMagazin. Abgerufen im Juli 2024, von zettmagazin.de/queere-menschen-in-der-kirche/)
"Der Druck auf junge Christen wird immer stärker. … Nach sieben Jahren Ausbildung – Einstellungsgespräch für den Pfarrdienst. Frage: „Wie halten Sie es mit der Trauung homosexueller Paare?“ Die Bewerber haben jetzt die Wahl: Wahrheit oder Pfarrstelle? …
Als Ausweg könnte erscheinen, politisch korrekt zu antworten und so unter dem „Radar“ durchzuschlüpfen. Aber das halte ich für riskant. Man muss die „korrekte“ Rolle ja durchhalten. … Darum ist mein Rat: Ehrlich bleiben! … Ich bin fest überzeugt: Wen Gott zur Verkündigung des Evangeliums beruft, dem gibt er auch den rechten Platz dafür. …
Die liberalen Kräfte wenden eine Salamitaktik an … Zuerst … die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare … mit Gewissensschutz für Geistliche, die das ablehnen. Inzwischen ist der Gewissensschutz an vielen Stellen aufgehoben worden. Oder er wird offen als vorläufig bezeichnet. Man drängt auf verpflichtende Einführung der „Ehe für alle“. Wer seinem Gewissen folgt, muss sich rechtfertigen – wie ein Straftäter vor Gericht. …
Daniel Scholaster: Raten Sie theologisch konservativen Christen zum Kirchenaustritt?
Nein. Die Kirche sind doch wir. Nicht die, die Bibel und Bekenntnis bestreiten und verdrehen. ... Dazu ist Kirche da: Dass jeder das Evangelium hört. Darum: Nicht austreten, sondern auftreten! … Bibeltreue Christen haben nur dann eine Chance, wenn sie fest zusammenstehen. Denn einen kann man feuern, aber nicht alle auf einmal."
Pfarrer Johannes Frey, Vorsitzender der Bekenntnisbewegung „Kein anderes Evangelium“.
(Frey, J., 2024, 30. Juni. Wohin steuert die Bekenntnisbewegung? Abgerufen am 1. Juli 2024, von idea.de/artikel/wohin-steuert-die-bekenntnisbewegung)
"In ihrem Beitrag führt Claudia Baumann in die Entwicklung des Themas Gender Diversity in der Evangelischen Landeskirche in Baden ein – sowohl in Bezug auf hauptamtlich Tätige als auch auf das ekklesiologische Verständnis einer Kirche, die vielfältig Kirche ist. Zum Ende ihres Beitrags verweist sie auf die Rechtslage in der EKIBA zum Thema Gender Diversity." ...
* "Ein diskriminierendes Verhalten stellt beispielsweise dar:
die Verweigerung von Kirche und Kanzel; eine Beschlussfassung des Ältestenkreises, die eine Trauung in der eigenen Gemeinde ablehnt;
eine Homepage-Gestaltung, die explizit oder implizit nicht-binäre Paare durch die alleinige Fokussierung auf „Mann und Frau“ von der Trauung ausschließt;
eine theologische Abwertung der Liebe des Paares"
Pfarrerin Claudia Baumann, Beauftragte für Gleichstellung und Diversity der badischen Landeskirche.
(Baumann, C., 2021, August. Vielfältig,es, Kirche-Sein. Pfarrvereinsblatt, 8-9/2021. Abgerufen am 01. Juli 2024, von epv-baden.de/wordpress/?p=1014)
Artikel 4 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, v. Klaaschwotzer | Lizenz CC0
(1) "Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich."
(2) "Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet."
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 4, Bundesverfassung, Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland.
(Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 1949, Mai 23. Artikel 4. Abgerufen im Juli 2024, von gesetze-im-internet.de/gg/art_4.html)
"Eine Verantwortung, die zu einem Handeln wider das Gewissen zwingt, würde sich selbst verurteilen … Die Missachtung des Gewissensrufes muss eine Zerstörung … des eigenen Seins, ein Zerfallen der menschlichen Existenz zur Folge haben."
Pfarrer Dr. Dietrich Bonhoeffer, evangelisch-lutherischer Theologe, Vertreter der Bekennenden Kirche und Beteiligter am Widerstand gegen den Nationalsozialismus.
(Bonhoeffer, D., 1949. Ethik, 5. Aufl., S. 276f., Gütersloher Verlagshaus, 2006)
[DBK | EKD | Text 28] "Religion ist ein wesentlicher Teil des Menschseins. Sie bietet die Möglichkeit, sich sowohl in der Welt als auch über das Hier und Jetzt hinaus zu verorten. Der Glaube motiviert, Gesellschaft zu gestalten. Und im Glauben finden Menschen Kraft für Zeiten, in denen das Leben an sich in Frage gestellt ist. ...
Religion ist überall auf der Welt auf den Schutz vor Feindseligkeiten und Übergriffen angewiesen. Als Kirchen wertschätzen wir deshalb den hohen Standard, mit dem die Religionsfreiheit in Deutschland geschützt ist. ...
Wenn wir als Kirchen der Religions- und Weltanschauungsfreiheit besondere Aufmerksamkeit widmen, so geschieht dies nicht losgelöst vom größeren Kontext der allgemeinen Menschenrechte. Einschränkungen der Religionsfreiheit betreffen in der Regel so gut wie immer auch andere Grundrechte, z. B. die Meinungs- oder Versammlungsfreiheit."
Präses Dr. h.c. Annette Kurschus, Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), und Bischof Dr. Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.
(Kurschus, A., & Bätzing, G., 2023, Juli. 3. Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit weltweit 2023. Abgerufen im Juli 2024, von ekd.de/ekd_de/ds_doc/religionsfreiheit_ekd_dbk_2023.pdf)
[DBK | EKD | Text 28] "Nicht alle Anliegen, die im Namen der Religionsfreiheit vorgebracht werden, können sich mit gutem Grund auf dieses Menschenrecht berufen. …
Zwar haben Menschen das Recht, religiös oder anders motivierte persönliche Vorbehalte gegen die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu artikulieren und auch öffentlich gewaltfrei für ihre Positionen zu werben. …
Gleichzeitig wäre es verfehlt, die Religionsfreiheit zu einem „Supergrundrecht“ zu stilisieren, das von seinem Charakter und innerhalb der übergreifenden Grundrechtssystematik grundsätzlich von den anderen Grundrechten zu unterscheiden und über sie zu stellen wäre.
Die spezifische Bedeutung der Religionsfreiheit erschließt sich im Zusammenhang mit allen anderen Grundrechten und im Kontext einer freiheitlich-demokratischen, rechtsstaatlichen Verfassungsordnung."
Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und Evangelische Kirche in Deutschland (EKD).
(Deutsche Bischofskonferenz & Evangelische Kirche in Deutschland, 2023, Juli. 3. Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit weltweit 2023. Abgerufen im Juli 2024, von ekd.de/ekd_de/ds_doc/religionsfreiheit_ekd_dbk_2023.pdf)
"Auch in der UN wird das Recht auf Religionsfreiheit instrumentalisiert und wie ein „Stoppschild“ (Prof. Dr. Heiner Bielefeldt, Menschrechtsexperte) gegen die Rechte von Frauen und LSBTIQ* eingesetzt. …
So werden die Menschenrechte von queeren Menschen, also Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans*- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTIQ*) im Namen von Religion negiert oder eingeschränkt, die Religion zu politischen Machtzwecken instrumentalisiert und LSBTIQ* systematisch an ihrem Recht auf Ausübung des Glaubens gehindert. …
Bei echten religiösen Vorbehalten helfen nur religiöse Argumente, wie etwa vermittelt in einem Workshop „Mit der Bibel gegen Homophobie“. Solche Angebote gibt es in Deutschland … Alle arbeiten daran, diskriminierende Narrative auf der Grundlage religiöser Schriften zu widerlegen. …
Das Thema brennt überall und die Weltkirchen drohen zu zerbrechen. „Wenn wir als Christen beieinanderbleiben wollen, müssen wir im Dialog sein“, formulierte ein Theologe in einer unserer Veranstaltungen. … Die Köpfe und Herzen der Menschen sind nur im direkten Austausch zu gewinnen – gegen die Dämonisierung von LSBTIQ* helfen persönliche Begegnungen. ...
Erst wenn Kirchen, Gemeinden und die Institutionen des Glaubens sichere Orte für LSBTIQ* sind, ist das Recht auf Religionsfreiheit gewährleistet."
Hirschfeld-Eddy-Stiftung, Stiftung für die Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender, Lesben und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) e.V.
(Hirschfeld-Eddy-Stiftung, 2023, Dezember 26. Erst wenn Kirchen sichere Orte für LSBTIQ sind, ist das Recht auf Religionsfreiheit gewährleistet. Abgerufen im Juli 2024, von blog.lsvd.de/erst-wenn-kirchen-sichere-orte-fuer-lsbtiq-sind-ist-das-recht-auf-religionsfreiheit-gewaehrleistet/)
"Es ist an der Zeit, endlich auch christlichen Fundamentalismus und sein extremistisches Potenzial ernst zu nehmen – trotz und gerade auch wegen der verfassungsrechtlich geschützten Religions- und Weltanschauungsfreiheit! …
Die zunehmenden Bedrohungen unserer offenen demokratischen Gesellschaft (auch) durch christlichen Fundamentalismus müssen frühzeitig ernst genommen werden! Wir fordern, sich nicht eins zu machen mit menschenfeindlichen Bewegungen sondern sich aktiv dagegen zu stellen! …
Unsere Forderung richten wir daher auch direkt an christliche Menschen, Gruppen, Organisationen und Kirchen, aufmerksam zu sein, entsprechende Bestrebungen ihrem Umfeld und in ihren eigenen Reihen zu erkennen und ihnen aktiv entgegenzutreten. ...
Lediglich ein anschauliches – aber äußerst beunruhigendes – Beispiel für diese Entwicklung ist die oberflächlich harmlos wirkende „UNUM24 – EINS SEIN Konferenz“ [Beiträge zur UNUM24].
Auf dieser wurden mehrere tausend Teilnehmende erwartet die sich aufmachen sollen, „Deutschland zu verändern“. Diese Konferenz, wird bundesweit von etwa 80 (!) verschiedenen und untereinander weitgehend gut vernetzten christlichen Gruppen und Organisationen unterstützt. Darunter auch Vertreter der großen Kirchen. die sich so eins machen mit menschenfeindlichen Fundamentalist*innen, statt sich abzugrenzen und klar Haltung dagegen zu zeigen.
Einer der „Star-Sprecher“ der Konferenz ist der fundamentalistische rechte US-Pastor Bill Johnson. Seine Heimatkirche ist die Megakirche „Bethel-Church“ aus Redding (USA). … Er sei gegen … gleichgeschlechtliche Hochzeiten … weil dies alles Gottes Willen widerspreche."
Christian Lohwasser, Sozialpädagoge, VäterNetzwerk München e.V., Fördermitglied der Initiative „Regenbogenväter“.
(Lohwasser, C., 2024, Juni 24. Keine Chance für christlichen Fundamentalismus und Nationalismus! Abgerufen im Juli 2024, von weact.campact.de/petitions/keine-chance-fur-christlichen-fundamentalismus-und-nationalismus)
"Religionsfreiheit ist ein elementares Grundrecht. ... Es ist nicht von der Religionsfreiheit gedeckt, LSBTI die Grundrechte abzusprechen.
Kein heiliger Text steht über den Rechten, die unser Grundgesetz garantiert. In allen Religionen gibt es liberale und orthodox-konservative Auslegungen. Die Religionsgemeinschaften sind aufgefordert, sich auf das Liebesgebot ihrer Religion zu besinnen und in diesem Licht ihre ablehnende Haltung gegenüber gleichgeschlechtlicher Liebe und der Vielfalt geschlechtlicher Identitäten zu überdenken und weiterzuentwickeln. ...
Die Evangelische Kirche in Deutschland und viele ihre Landeskirchen haben sich in den letzten Jahren von früherer Ausgrenzung distanziert und sich nach oft heftigen inneren Debatten für LSBTI geöffnet – in der Gemeinde wie im Pfarrhaus. Die meisten evangelischen Landeskirchen [Stand Juli 2024: alle Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland | EKD] bieten gleichgeschlechtlichen Paaren heute kirchliche Trauungen oder zumindest Partnerschaftssegnungen an. ...
Insbesondere die Katholische Amtskirche und evangelikale Organisationen haben aber in Deutschland bisher jede rechtliche Verbesserung für LSBTI massiv politisch bekämpft und tun dies auch heute noch. Sie tragen schwere Schuld an vergangener wie fortdauernder Diskriminierung. ...
Wir fordern alle Religionsgemeinschaften auf, sich für LSBTI zu öffnen, zum Beispiel schwulen und lesbischen Paaren, die dies wünschen, eine religiöse Trauung anzubieten."
Lesben- und Schwulenverband (LSVD) e.V., Programm des LSVD.
(Lesben- und Schwulenverband, LSVD e.V., 2018, April 22. Verantwortung der Religionsgemeinschaften einfordern. Abgerufen im Juli 2024, von lsvd.de/de/politik/miteinander/verantwortung-von-religionsgemeinschaften-einfordern)
"Am 7. Mai 2020 wurde im deutschen Bundestag ein Gesetz beschlossen, das Konversionsbehandlungen verbietet, wenn die betroffene Person minderjährig ist, oder bei Volljährigen, wenn ihre Einwilligung auf einem "Willensmangel" beruht.
Allerdings wird auch verboten, solche Maßnahmen anzubieten, für diese zu werben oder diese zu vermitteln. Bei der Durchführung einer solchen Behandlung droht eine Gefängnisstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Wer für solch eine wirbt, muss mit einer Geldstrafe von bis 30.000 Euro rechnen.
Dieses Gesetz betrifft nicht nur Therapeuten, sondern ausdrücklich alle Personen. Ausdrücklich mit eingeschlossen sind auch Angebote von Gemeinden und Seelsorge."
Pastor Johannes Traichel, evangelischer Theologe, FeG Donaueschingen.
(Traichel, J., 2022, Juli 11. Evangelikale und Homosexualität: Für eine Kulturreform. jOTA Publikationen.)
"Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen | KonvBehSchG
§ 1 Anwendungsbereich des Gesetzes
(1) Dieses Gesetz gilt für alle am Menschen durchgeführten Behandlungen, die auf die Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung oder der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität gerichtet sind (Konversionsbehandlung). …
§ 2 Verbot der Durchführung von Konversionsbehandlungen
(1) Es ist untersagt, eine Konversionsbehandlung an einer Person durchzuführen, die unter 18 Jahre alt ist.
(2) Bei Personen, die zwar das 18. Lebensjahr vollendet haben, deren Einwilligung zur Durchführung der Konversionsbehandlung aber auf einem Willensmangel beruht, ist eine Konversionsbehandlung ebenfalls untersagt. …
§ 3 Verbot der Werbung, des Anbietens und des Vermittelns
Es ist untersagt, für eine Konversionsbehandlung zu werben oder diese anzubieten oder zu vermitteln.
§ 5 Strafvorschriften
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen § 2 eine Konversionsbehandlung durchführt. …
§ 6 Bußgeldvorschriften
(1) Ordnungswidrig handelt, wer entgegen § 3 für eine Konversionsbehandlung wirbt oder diese anbietet.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro geahndet werden."
Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen (KonvBehSchG), 2020, Juni 12. Abgerufen im Juli 2024, von gesetze-im-internet.de/konvbehschg/BJNR128500020.html
"Seit 2020 sind viele Konversionsbehandlungen verboten, doch nicht alle. Expert*innen fordern strengere Gesetze – und damit mehr Schutz für Betroffene.
Expert*innen verschiedener queerpolitischer Verbände fordern einen besseren Schutz queerer Menschen vor Therapien zur „Behandlung“ von Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit. In einem Schreiben an die Bundesregierung, das der taz vorliegt, kritisiert die Expert*innengruppe, das geltende Gesetz zum Schutz von Konversionsbehandlungen habe Schwachstellen.
Konversionsversuche sind Praktiken, die queere Menschen „heilen“ sollen. Sie zielen darauf ab, die sexuelle Orientierung oder die geschlechtliche Identität der Betroffenen zu ändern oder zu unterdrücken. In Deutschland gilt seit 2020 ein Gesetz, das solche Therapien für Minderjährige und Erwachsene mit Einschränkungen untersagt.
„Wir brauchen ein Vollverbot“, sagt Matti Seithe im Gespräch mit der taz. Seithe ist einer der unterzeichnenden Expert*innen, er arbeitet bei der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld. Bislang verbietet das Gesetz nur Konversionsversuche an unter 18-Jährigen und solche, bei denen die Durchführung „auf einem Willensmangel“ von Erwachsenen beruht. Die Expert*innen fordern deshalb: Diese „Interventionen sind grundsätzlich unethisch und menschenrechtswidrig.“ Sie müssten altersunabhängig verboten sein.
Die Expert*innen fordern außerdem, von „Maßnahmen“ statt von „Behandlungen“ zu sprechen."
Antonia Groß, freie Journalistin.
(Groß, A., 2024, März 25. Mehr Schutz für Queers: Gegen „Heilung“ und „Beratung“. taz. Abgerufen im Juli 2024, von taz.de/Mehr-Schutz-fuer-Queers/!5999797/)
"Ich persönlich halte es weder für ratsam, generell Veränderungen auszuschließen noch sie in jeder Situation für möglich zu halten. Ob die Veränderung der sexuellen Orientierung als ein weiterer Schritt anzustreben ist, das ist eine Frage, die nur von der betroffenen Person selbst zu beantworten ist.
Hier hat weder ein Seelsorger die Person zu drängen noch der Gesetzgeber die Person zu bevormunden, indem er diese an ihrer freien Entscheidung hindert. Beides wäre ein unethisches Verhalten und letzteres wäre einer freiheitlichen Demokratie unwürdig. Es betrifft die freie Entscheidung des Betroffenen. Er allein trägt am Ende die Entscheidung und Verantwortung, wie er mit einer konflikthaft erlebten sexuellen Anziehung umgehen wird. ... Wer dies den Menschen verbieten möchte, ... wenn sie selbst den Wunsch dazu haben ... überschreitet die Grenzen einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung."
Pastor Johannes Traichel, evangelischer Theologe, FeG Donaueschingen.
(Traichel, J., 2022, Juli 11. Evangelikale und Homosexualität: Für eine Kulturreform. jOTA Publikationen.)
United Nations | OHCHR via Wikimedia Commons
Es gilt der englische Text. Die deutsche Übersetzung wurde maschinell generiert (ChatGPT-4).
A/HRC/53/37 | 7 June 2023 | Original: English
Human Rights Council | Fifty-third session | 19 June–14 July 2023 | Agenda item 3
Report of the Independent Expert on protection against violence and discrimination based on sexual orientation and gender identity
A/HRC/53/37 | 7. Juni 2023 | Original: Englisch
Menschenrechtsrat | Dreiundfünfzigste Sitzung | 19. Juni-14. Juli 2023 | Tagesordnungspunkt 3
Bericht des unabhängigen Experten zum Schutz vor Gewalt und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität
Summary
The present report is submitted to the Human Rights Council pursuant to Council resolutions 32/2, 41/18 and 50/10. The Independent Expert on protection against violence and discrimination based on sexual orientation and gender identity, Victor Madrigal-Borloz, examines the intersection between freedom of thought, conscience and religion or belief and protection from violence and discrimination based on sexual orientation and gender identity. …
Zusammenfassung
Der vorliegende Bericht wird dem Menschenrechtsrat gemäß den Resolutionen 32/2, 41/18 und 50/10 des Rates vorgelegt. Der unabhängige Experte für den Schutz vor Gewalt und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität, Victor Madrigal-Borloz, untersucht die Schnittstelle zwischen der Freiheit des Denkens, des Gewissens und der Religion oder Überzeugung und dem Schutz vor Gewalt und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität. …
12. Limitations on FoRB [Freedom of Religion and Belief] must be proportionate to a legitimate aim, “strictly interpreted,” and not imposed for discriminatory purposes or applied in a discriminatory manner; and the Special Rapporteur on FoRB concluded that “religious beliefs” cannot be “invoked as a legitimate ‘justification’ for violence or discrimination on the basis of sexual orientation or gender identity.”
The European Union guidelines on the promotion and protection of freedom of religion or belief similarly rejected all FoRB-based justifications of violence and discrimination, and further recognized that: “States have a duty to protect all persons within their jurisdiction from direct and indirect discrimination on grounds of religion or belief,” including “on the basis of their sexual orientation or gender identity”. ...
12. Einschränkungen der FoRB [Freedom of Religion and Belief | Freiheit der Religion und des Glaubens] müssen einem legitimen Ziel angemessen sein, "streng ausgelegt" werden und dürfen nicht zu diskriminierenden Zwecken auferlegt oder auf diskriminierende Weise angewendet werden; und der Sonderberichterstatter für FoRB kam zu dem Schluss, dass "religiöse Überzeugungen" nicht als legitime "Rechtfertigung" für Gewalt oder Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität "herangezogen" werden können.
Die Leitlinien der Europäischen Union zur Förderung und zum Schutz der Religions- oder Glaubensfreiheit lehnten ebenfalls alle auf FoRB basierenden Rechtfertigungen für Gewalt und Diskriminierung ab und erkannten weiterhin an, dass: "Die Staaten haben die Pflicht, alle Personen in ihrer Gerichtsbarkeit vor direkter und indirekter Diskriminierung aufgrund von Religion oder Glauben zu schützen", einschließlich "aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität". ...
27. Under certain circumstances, the State is obliged to prohibit the advocacy of hatred against LGBT people where it constitutes incitement to discrimination or violence. ...
27. Unter bestimmten Umständen ist der Staat verpflichtet, die Hetze gegen LGBT-Menschen zu verbieten, wenn sie eine Anstiftung zur Diskriminierung oder Gewalt darstellt. ...
42. Noting that opposition to same-sex marriage is at times based on religious convictions, the Inter-American Court of Human Rights has argued that such convictions cannot be used as an interpretative guide when determining the rights of human beings ...
42. Es wird darauf hingewiesen, dass die Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Ehe manchmal auf religiösen Überzeugungen beruht. Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte hat jedoch argumentiert, dass solche Überzeugungen nicht als interpretativer Leitfaden herangezogen werden können, wenn es um die Bestimmung der Rechte des Menschen geht ...
IV. Access to spirituality for LGBT persons
50. For the last six years the Independent Expert has received testimony from LGBT persons on an almost daily basis. Frequently, they have referred to the moment (or succession of moments) when they realized that, should they pursue happiness by embracing their sexual orientation or gender identity, the religion in which they were born would consider them as sinful, or evil; as inherently immoral, or not worthy of transcendence.
Often, another realization followed immediately: that they would be rejected by their family, their community, their region, or their country. These moments often led to a life-long struggle between various forms of identity (religious, sexual, and gender) that are equally important in a person’s life. ...
IV. Zugang zur Spiritualität für LGBT-Personen
50. In den letzten sechs Jahren hat der unabhängige Experte fast täglich Zeugenaussagen von LGBT-Personen erhalten. Häufig bezogen sie sich auf den Moment (oder eine Reihe von Momenten), in dem sie erkannten, dass sie, sollten sie ihr Glück verfolgen, indem sie ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität annehmen, von der Religion, in die sie hineingeboren wurden, als sündig oder böse angesehen würden; als von Natur aus unmoralisch oder nicht würdig der Transzendenz.
Oft folgte unmittelbar eine weitere Erkenntnis: dass sie von ihrer Familie, ihrer Gemeinschaft, ihrer Region oder ihrem Land abgelehnt würden. Diese Momente führten oft zu einem lebenslangen Kampf zwischen verschiedenen Formen der Identität (religiös, sexuell und geschlechtlich), die im Leben einer Person gleichermaßen wichtig sind. ...
52. The “option to leave” response to discrimination within religious institutions can also fail to appreciate that many individuals are born into a religion, and membership of their religious community can feel immutable. It is part of their familial and social upbringing before they have emotional and financial independence and remains so when others depend on them.
Leaving a faith community in many cases is impractical or impossible; and where a person has little or no social, economic, or personal independence from a religious group, or where they risk custody of their children, the right of exit is downright illusory. ...
52. Die "Option zu gehen" als Antwort auf Diskriminierung innerhalb religiöser Institutionen kann auch versäumen zu würdigen, dass viele Menschen in eine Religion hineingeboren werden und die Mitgliedschaft in ihrer religiösen Gemeinschaft unveränderlich erscheinen kann. Sie ist Teil ihrer familiären und sozialen Erziehung, bevor sie emotionale und finanzielle Unabhängigkeit haben und bleibt es, wenn andere von ihnen abhängig sind.
Das Verlassen einer Glaubensgemeinschaft ist in vielen Fällen unpraktisch oder unmöglich; und wo eine Person wenig oder keine soziale, wirtschaftliche oder persönliche Unabhängigkeit von einer religiösen Gruppe hat, oder wo sie das Sorgerecht für ihre Kinder riskiert, ist das Recht auf Austritt geradezu illusorisch. ...
A. Inclusive and/or supportive approaches
55. The extent to which same-sex intimacy is condemned by different religious traditions is a matter for theological debate; for example, some scholars question the interpretation of passages in the Hebrew Bible and Quran used to condemn modern LGBT sexualities and identities ...
A. Inklusive und/oder unterstützende Ansätze
55. Inwieweit gleichgeschlechtliche Intimität von verschiedenen religiösen Traditionen verurteilt wird, ist eine Frage der theologischen Debatte; zum Beispiel stellen einige Gelehrte die Interpretation von Passagen in der Hebräischen Bibel und dem Koran in Frage, die dazu verwendet werden, moderne LGBT-Sexualitäten und -Identitäten zu verurteilen ...
70. The limits established in the very design of FoRB – including the fundamental rights and freedoms of LGBT persons – are the key to full compatibility of FoRB and all actions that are necessary to combat violence and discrimination against them, alongside the strong and clear framework for hate speech that has been crafted within the United Nations under the Rabat Plan of Action.
Respect for the right of all human persons to thought, conscience and religion or belief is a must; at the same time, all stakeholders have a responsibility to ascertain when these noble freedoms have historically been – and continue to be – instrumentalized to nurture, perpetuate or exacerbate violence and discrimination against lesbian, gay, bisexual, and trans and gender diverse persons. ...
70. Die in der Konzeption von FoRB festgelegten Grenzen - einschließlich der grundlegenden Rechte und Freiheiten von LGBT-Personen - sind der Schlüssel zur vollen Kompatibilität von FoRB und allen Maßnahmen, die notwendig sind, um Gewalt und Diskriminierung gegen sie zu bekämpfen, neben dem starken und klaren Rahmen für Hassreden, der im Rahmen des Aktionsplans von Rabat innerhalb der Vereinten Nationen entwickelt wurde.
Der Respekt für das Recht aller menschlichen Personen auf Gedanken, Gewissen und Religion oder Glauben ist ein Muss; gleichzeitig haben alle Beteiligten die Verantwortung zu ermitteln, wann diese edlen Freiheiten historisch gesehen - und weiterhin - instrumentalisiert wurden, um Gewalt und Diskriminierung gegen lesbische, schwule, bisexuelle und trans- und geschlechtsdiverse Personen zu nähren, zu perpetuieren oder zu verschärfen. ...
VI. Recommendations
71. The Independent Expert recommends that States:
(a) carry out necessary analysis and reform to ensure that legislation and public policy complies with human rights standards, including the principle of non-discrimination;
(b) ensure that any law or public policy relating to the frameworks of religious exemptions or conscientious objection is compatible with international human rights standards and does not negate the access of LGBT and other gender diverse persons to fundamental rights, services and goods, including health, education, employment, housing and political participation;
(c) ensure the bodily autonomy and sexual and reproductive health and rights of LGBT and gender diverse persons, as well as comprehensive sexuality and gender education in line with international standards;
(d) working in collaboration with feminist and LGBT-led and LGBT-serving civil society, including religious groups who work on an inclusive basis, apply principles of inclusion and intersectionality, and challenge essentialist conceptions around sexual and gender identities under both the FoRB and SOGI frameworks;
(e) dismantle laws and policies that criminalize same-sex intimacy or gender identity and repeal laws criminalizing offenses such as blasphemy;
(f) create a safe environment in which all persons who manifest their religion or belief, including LGBT and other gender diverse persons, are free from fear of violence and discrimination and are aware of the distinction between protected speech and hate speech;
(g) refrain from justifying with religious narratives any act of violence and discrimination based on sexual orientation and gender identity; prevent and investigate such acts, and ensure the accountability of perpetrators and the provision of effective remedies for damages. In particular, do so by
(g I) enacting preventive legislation and public policy, including educational programs that promote non-discrimination against LGBT and other gender diverse persons, and ensuring that these are developed with the participation of LGBT-led and LGBT-serving organizations,
(g II) supporting initiatives of dialogue between leaders and other persons of an ample spectrum of faith and opinion, including persons who are LGBT or otherwise gender diverse and persons who are not;
(h) encourage religious institutions to consider inclusive approaches that facilitate the participation and recognition of LGBT and other gender diverse persons;
(i) engage with faith-based leaders on avenues in which their religious institutions can use their moral standing to prevent and combat violence and discrimination against LGBT and other gender diverse persons;
(j) encourage religious institutions to consider the ways in which representatives will be held responsible in cases in which they promote discrimination against LGBT and other gender diverse persons; and
(k) condemn incitement to violence and discrimination against LGBT and other gender diverse persons, and those who defend their rights, by religious leaders and adherents.
VI. Empfehlungen
71. Der unabhängige Experte empfiehlt den Staaten:
(a) Führen Sie die notwendigen Analysen und Reformen durch, um sicherzustellen, dass Gesetzgebung und öffentliche Politik den Menschenrechtsstandards entsprechen, einschließlich des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung;
(b) Stellen Sie sicher, dass jedes Gesetz oder jede öffentliche Politik, die sich auf die Rahmenbedingungen für religiöse Ausnahmen oder Gewissenseinwände bezieht, mit internationalen Menschenrechtsstandards vereinbar ist und den Zugang von LGBT und anderen geschlechtlich vielfältigen Personen zu grundlegenden Rechten, Dienstleistungen und Gütern, einschließlich Gesundheit, Bildung, Beschäftigung, Wohnen und politischer Teilhabe, nicht negiert;
(c) Stellen Sie die körperliche Autonomie und die sexuellen und reproduktiven Gesundheits- und Rechte von LGBT und geschlechtlich vielfältigen Personen sicher, sowie eine umfassende Sexualitäts- und Geschlechterbildung im Einklang mit internationalen Standards;
(d) Arbeiten Sie in Zusammenarbeit mit feministischen und LGBT-geführten und LGBT-dienenden zivilgesellschaftlichen Organisationen, einschließlich religiöser Gruppen, die auf inklusiver Basis arbeiten, wenden Sie Prinzipien der Inklusion und Intersektionalität an und hinterfragen Sie essentialistische Vorstellungen über sexuelle und geschlechtliche Identitäten im Rahmen sowohl der FoRB- als auch der SOGI-Rahmen;
(e) Beseitigen Sie Gesetze und Politiken, die gleichgeschlechtliche Intimität oder Geschlechtsidentität kriminalisieren, und heben Sie Gesetze auf, die Straftaten wie Blasphemie kriminalisieren;
(f) Schaffen Sie eine sichere Umgebung, in der alle Personen, die ihre Religion oder Überzeugung manifestieren, einschließlich LGBT und anderen geschlechtlich vielfältigen Personen, frei von Angst vor Gewalt und Diskriminierung sind und den Unterschied zwischen geschützter Rede und Hassrede kennen;
(g) Verzichten Sie darauf, jede Form von Gewalt und Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität mit religiösen Erzählungen zu rechtfertigen; verhindern und untersuchen Sie solche Handlungen und stellen Sie die Verantwortlichkeit der Täter und die Bereitstellung wirksamer Abhilfemaßnahmen für Schäden sicher. Insbesondere tun Sie dies durch
(g I) Erlass von präventiver Gesetzgebung und öffentlicher Politik, einschließlich Bildungsprogrammen, die Nichtdiskriminierung gegenüber LGBT und anderen geschlechtlich vielfältigen Personen fördern, und stellen Sie sicher, dass diese mit der Beteiligung von LGBT-geführten und LGBT-dienenden Organisationen entwickelt werden,
(g II) Unterstützung von Initiativen zum Dialog zwischen Führungskräften und anderen Personen eines breiten Spektrums von Glauben und Meinung, einschließlich Personen, die LGBT oder anderweitig geschlechtlich vielfältig sind und Personen, die es nicht sind;
(h) Ermutigen Sie religiöse Institutionen, inklusive Ansätze in Betracht zu ziehen, die die Teilnahme und Anerkennung von LGBT und anderen geschlechtlich vielfältigen Personen erleichtern;
(i) Engagieren Sie sich mit religiösen Führungskräften über Wege, auf denen ihre religiösen Institutionen ihren moralischen Standpunkt nutzen können, um Gewalt und Diskriminierung gegen LGBT und andere geschlechtlich vielfältige Personen zu verhindern und zu bekämpfen;
(j) Ermutigen Sie religiöse Institutionen, die Wege in Betracht zu ziehen, auf denen Vertreter in Fällen, in denen sie Diskriminierung gegen LGBT und andere geschlechtlich vielfältige Personen fördern, zur Verantwortung gezogen werden; und
(k) Verurteilen Sie Anstiftung zu Gewalt und Diskriminierung gegen LGBT und andere geschlechtlich vielfältige Personen und diejenigen, die ihre Rechte verteidigen, durch religiöse Führer und Anhänger. ...
Annex | Activities 2022–2023
1. Violence and discrimination based on sexual orientation and gender identity are never justified and must be prevented, investigated, prosecuted and, if relevant, punished and be at the base of measures of reparation. ...
Anhang | Aktivitäten 2022–2023
1. Gewalt und Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität sind niemals gerechtfertigt und müssen verhindert, untersucht, strafrechtlich verfolgt und, falls relevant, bestraft werden und die Grundlage für Wiedergutmachungsmaßnahmen bilden. ...
Dr. Victor Madrigal-Borloz, Jurist und Unabhängiger Experte der Vereinten Nationen für sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität.
(Madrigal-Borloz, V., 2023, Juni 7. Report of the Independent Expert on protection against violence and discrimination based on sexual orientation and gender identity. Abgerufen am 03. Juli 2024, von ohchr.org/en/documents/thematic-reports/ahrc5337-report-independent-expert-protection-against-violence-and)
"Nahezu jede Zeile des Berichts von Madrigal-Borloz ist beunruhigend. ... Wenn man nur die Freiheit hat, bestimmte, von LGBT anerkannte religiöse Überzeugungen und Praktiken zu vertreten und auszuleben, dann hat man überhaupt keine Religionsfreiheit."
Ron Kubsch, evangelischer Theologe, Studienleiter am Martin Bucer Seminar München, Generalsekretär von Evangelium21.
(Kubsch, R., 2023, Juli 29. Experte: Religionsfreiheit muss LGBTQ±Interessen untergeordnet werden. Abgerufen im Juli 2024, von theoblog.de/un-experte-religionsfreiheit-muss-lgbtq-interessen-untergeordnet-werden/39748/)
"Die Welt ist im Wandel. Ich spüre es im Wasser. Ich spüre es in der Erde. Ich rieche es in der Luft. [Fußnote: Aus dem Intro der Film-Trilogie »Herr der Ringe«]
Wir erleben Zeiten der Veränderung und Erschütterung. Zeiten von neuen Aufbrüchen, aber auch von Auflösungen. ...
So sehr sich der Wunsch nach Einheit intensiviert, so häufig fallen immer wieder neue Hindernisse auf. Gräben, die früher (noch) nicht gesehen wurden, werden sichtbar. Während früher unterschiedliche Lehrfragen in der Dogmatik Gemeinden dazu brachten, verschiedene Wege zu gehen, ist heute die Ethik ein trennendes Element. ...
In den heutigen Debatten halte ich zwei Gefahren für bezeichnend, die zu umschiffen sind. Die eine Gefahr ist die Lieblosigkeit und Verachtung. Es ist eine Sünde von uns Evangelikalen, wie wir mit homosexuell Empfindenden umgegangen sind. Hier ist eine Umkehr notwendig. Wir dürfen nie vergessen, dass es hier um wunderbare Menschen geht, für die Jesus aus Liebe gestorben ist. ...
Gott liebt homosexuell empfindende Menschen unendlich. Die Aufgaben der Christen ist es, homosexuell empfindende Menschen zu lieben, wie sich selbst! Hier darf es keine Abstriche geben. ...
Die zweite Gefahr ist eine ethische Beliebigkeit, wenn die Liebe (oder was dafür ausgegeben wird) gegen die Wahrheit ausgespielt wird. ...
Ich wünsche mir und bete für eine Rückbesinnung und neue Konzentration auf die Werte, die in der Kirchengeschichte die Erfolgsgeschichte der evangelikalen Bewegung begründet haben: Den persönlichen Glauben und die begeisterte Nachfolge von Christus, das Vertrauen, dass sein Wort, die Bibel, Wahrheit ist und unser Leben bestimmt und den Heißhunger nach diesem lebendigen Wort Gottes. Das Gebet um Erweckung und Erneuerung. Die brennende Liebe zur Welt ...
Ich vertrete folgende These: Die Kirche der Zukunft wird theologisch konservativ und in ihren Formen vielfältig und kreativ sein, oder sie wird gar nicht sein.
Die Kirche der Zukunft wird eine ethische Kontrastgesellschaft sein, die sich aus dem Wort Gottes her definiert und sich auf Gottes Weisungen ausrichtet, auch wenn sie damit im Widerspruch zum Zeitgeist steht.
Die frühe Kirche ist diesen Weg gegangen. Die Geschichte der frühen Christen war auch deshalb eine Erfolgsgeschichte, weil sie die biblische Ethik im Kontrast zur Umwelt lebten. Die gläubigen Juden und Christen lebten gerade auch in der Sexualethik eine ethische Kontrastgesellschaft. Sie lehrten und lebten es aus, dass Sexualität ihren Platz in einer Ehe von Mann und Frau hatte. Daran hielten sie auch fest in einem heidnischen Umfeld ...
Gooding und Lennox folgern zutreffend: „Im Hinblick auf die Sexualmoral ähnelte die griechisch-römische Welt, in die das Christentum hineingeboren wurde, stark unseren heutigen freizügigen Gesellschaften. ...
Stand heute ist es nicht abzusehen, wie die Entwicklung in der evangelikalen Welt verlaufen wird. Meine persönliche Prognose ist, dass es zu Brüchen kommen wird und dass die liberal/progressive Richtung sich mit der Zeit vom Hauptstrom der evangelikalen Christenheit abtrennt und neue Allianzen im liberalen protestantischen und liberalen katholischen (in Deutschland) Spektrum schmiedet. ...
Der Wunsch nach einer verbindenden geistlichen Einheit ist tief, aber er erscheint mir gleichzeitig wie eine verblassende Utopie. ... Die christlich evangelikale Welt steht in Deutschland am Vorabend einer großen Weichenstellung."
Pastor Johannes Traichel, evangelischer Theologe, FeG Donaueschingen.
(Traichel, J., 2022, Juli 11. Evangelikale und Homosexualität: Für eine Kulturreform. jOTA Publikationen.)
"Gibt es nicht andere Themen, die uns dringender beschäftigen sollten als die Frage nach der Beurteilung homosexueller Beziehungen? Können wir es uns leisten, so viel Zeit und Kraft in die Auseinandersetzung um diese Frage zu investieren? Und verlieren wir dabei nicht das Zentrum unseres Glaubens, Jesus Christus, aus dem Blick? ...
Was tun wir hier gerade? Was treibt uns an, wo immer wir in dieser Diskussion auch stehen?"
Prof. Dr. Christoph Raedel, Systematische Theologie und Theologiegeschichte, Freie Theologische Hochschule Gießen (FTH).
(Raedel, C., 2024, März 29. Bunt wie ein Regenbogen? Die christliche Ehe in theologisch-ethischer Perspektive. In A. Goddard & D. Horrocks (Hrsg.), Homosexualität: Biblische Leitlinien, ethische Überzeugungen, seelsorgerliche Perspektiven (ergänzte Ed., S. 153). VGTG.)
Postevangelikale (von lateinisch post ‚hinter‘, ‚nach‘)
"Die »Post-« ist da. Auch wenn die altehrwürdigen Filialen aus vielen Dörfern verschwunden sind, scheint die Post in aller Munde: »postmodern«, »postfaktisch«, »postkolonial«, postevangelikal« – die »post-« schwirrt herum in unseren Köpfen und füllt Zeitungsspalten und Buchseiten. Spaß beiseite: Das Wort ist ursprünglich lateinisch und bedeutet »nach-«.
Es zeigt an, dass sich irgendetwas in unserer Gesellschaft, unseren Köpfen, unserer Welt verändert hat. Man kann die Zeit vor und nach dieser Veränderung unterscheiden.
In der Menschheitsgeschichte hat es schon mehrere kulturelle Umbrüche dieser Art gegeben – der Übergang von der Antike zum Mittelalter, vom Mittelalter zur Neuzeit oder »Moderne«. Und jetzt? Wir leben in irgendwas danach. Und in was wir leben, das kam über uns wie eine Welle mit Ansage.
Friedrich Nietzsche (1844–1900), der oft der »Philosoph der Postmoderne« genannt wird, hat diese Welle schon vor fast 150 Jahren kommen sehen. … »Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wir haben den Horizont weggewischt!« …
Sie hatte sich angekündigt – ganz sachte zuerst, wie ein Spiel im seichten Wasser. Was war das noch nett, als wir so ungefähr vor dreißig Jahren aufhörten, uns zu streiten, was »Wahrheit« ist, und stattdessen akzeptierten, dass es »meine« und »deine« Wahrheit gibt. … Meine Wahrheit ist halt meine und nicht deine. Und wir hatten schließlich noch genug gemeinsame Wahrheiten, die uns einen sicheren Stand ermöglichten.
Wir waren wie die Schwimmer in der beginnenden Ebbe, die noch sicheren Boden unter den Füßen wähnten und gar nicht merkten, wie sie sachte ins Meer hinausgezogen wurden, während sich die Welle aufbaute, in der die subjektiven Wahrheiten immer umfassender und bestimmender wurden und die noch vorhandenen gemeinsamen Wahrheiten Stück um Stück dekonstruierten.
Die Welle, die sich in den Zirkeln der Philosophen und Soziologen, der Sprach- und Literaturwissenschaftler aufgebaut hatte, brach dann in voller Breite über die harmlos in »meiner« und »deiner« Wahrheit Planschenden herein.
Wenn ich mich umhöre, in welchem Themenzusammenhang die Menschen zuerst wahrgenommen haben, dass sich die Spielregeln des Debattierens gerade ändern, wird sehr oft der Bereich von Ehe, Familie und Sexualität genannt. …
»Wahr« ist nicht wahr, sondern nur ein verborgenes »Wir wollen«. Und nun wollen wir halt etwas anderes. ...
Der Horizont, an dem sich Himmel und Erde, Luft und Ozean unterscheiden, ist weggewischt. Wahrheitsansprüche sind nur noch Machtansprüche, nichts weiter. … Diskursive Macht (Empörung und Shitstorms) ersetzte die Debatte. Und ein neues Bonmot kam in die Welt, das das angeblich postmoderne Anything goes ersetzte:
»Das geht gar nicht!« …
Es gab Menschen, die meisterhaft auf dieser Welle zu reiten verstanden und sie vor allem über die Medien in die Öffentlichkeit brachten.
Und es gab Menschen, die sich von dieser Welle überspült fühlten – das waren die, die sich selbst als »konservativ« verstanden. Sie fanden sich selbst plötzlich in der Rolle der Unmenschen und die Werte, die sie vertraten, als delegitimierte Unmöglichkeiten am Rande der Gesellschaft.
Sie hatten die Welle nicht erwartet und sie waren nicht vorbereitet. Die Nichtkenntnis der neuen Regeln, die jetzt plötzlich galten, war der entscheidende Vorteil derer, die als Avantgarde gekonnt auf der Welle der Postmoderne surften – darunter auch viele Christinnen und Christen mit bibelkritisch-liberaler Einstellung.
Für sie war die neue Philosophie ein Mittel, um Vorgegebenheiten der herkömmlichen Glaubenslehre als menschliche Machtwirkungen zu dekonstruieren und durch zeitgemäße Vorstellungen zu ersetzen.
Es war ein tolles Gefühl von Macht und Einfluss: Wir machen den neuen Horizont, an dem sich Glaube und Gesellschaft orientieren sollen."
Dr. theol. Gerrit Hohage, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Gundelfingen.
(Hohage, G., 2024, März 22. Tief verwurzelt glauben: Wie man heute christlich denken kann. SCM R. Brockhaus.)
"Postevangelikale distanzieren sich vom Fundamentalismus im Allgemeinen und vom fundamentalistischen Schriftverständnis im Besonderen. Sie legen großen Wert auf intellektuelle Redlichkeit."
Prof. Dr. Thorsten Dietz, Theologe u. Autor, PD Systematische Theologie Philipps-Universität Marburg, seit 2022 Erwachsenenbildung: Fokus Theologie - Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (Zürich), Hauptreferent bei Worthaus, 2005-2022 Lehrauftrag Ev. Hochschule Tabor.
(Dietz, T., 2022. Menschen mit Mission: Eine Landkarte der evangelikalen Welt. SCM R. Brockhaus.)
"Persönlich möchte ich hier von einem „offenen Pietismus“ sprechen, der bewusst zurückgreift auf Traditionen VOR dem Entstehen der evangelikalen Bewegung, die sich in den heutigen Herausforderungen als fruchtbar erweisen können.
In diesem, aber nur in diesem Sinne, ist es dann auch vertretbar, dass ich die Ehre hatte, im von Thorsten Dietz und Martin Hünerhoff verantworteten Podcast „Das Wort und das Fleisch“, als „Coverboy“ für die Folge „Der Postevangelikalismus“ ausgewählt zu werden."
Dr. Michael Diener, Theologe und Autor, Dekan, seit 2015 Mitglied im Rat der EKD, 2009-2020 Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, 2012-2016 Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz.
(Diener, M., 2021. Raus aus der Sackgasse! Wie die pietistische und evangelikale Bewegung neu an Glaubwürdigkeit gewinnt. adeo Verlag.)
"Post-Evangelikale lesen die Bibel differenziert, lieben Ganzheitlichkeit, sind weltoffen, setzen Beziehung vor Organisation, suchen ein glaubwürdiges Christsein und haben die Liebe Gottes als Hauptantrieb im Glauben.
Evangelikale, von denen sich Post-Evangelikale abgrenzen, lesen demzufolge die Bibel vermutlich undifferenziert, sind einseitig geistlich und gegen soziales Engagement, sehen die Welt als böse, setzen Strukturen vor Menschen, leben ein unglaubwürdiges Christsein und kennen vor allem einen strafenden Gott. …
Ich glaube ..., dass es ein mitunter bewusst eingesetztes Narrativ gibt, das die evangelikale Bewegung diskreditieren möchte. … Also was ist hier los? … Was früher klar war, ist es jetzt nicht mehr. Das ‘Christliche’ ist nicht mehr plausibel, und zwar bis in die Fundamente hinein. ...
Natürlich gibt es in evangelikalen Gemeinschaften diese Gruppen und Personen, welche die Bibel undifferenziert lesen, gegen Ganzheitlichkeit sind, weltverschlossen bleiben usw. Vielleicht sind die Post-Evangelikalen solchen Leuten begegnet und reagieren gegen diese ungesunden Ausprägungen in der großen und vielfältigen evangelikalen Landschaft.
Umso wichtiger wäre es, die wirklichen evangelikalen Wurzeln wieder zu entdecken. ... Schaffen wir in allen evangelikalen Gemeinschaften Räume, in denen unsere Jugend, unsere Zweifler, Denker und Fragenden ihre Gedanken wirklich äussern können. Und erschlagen wir ihre Fragen nicht mit vorschnellen, platten Antworten, sondern treten wir in eine begleitende, liebevolle Beziehung mit ihnen ein.
In der Bibel sehen wir, dass Gott kein Problem mit ehrlich fragenden Gläubigen hat. Im Gegenteil kritisiert Gott unehrliche Religion.
In unserer Gemeinde machen wir Abende mit dem Titel ‘Keine Frage ist tabu’. Aber noch wichtiger als diese Abende sind die persönlichen Gespräche. In diesen erlebe ich, wie Christen und Nichtchristen sich trauen, ihre wirklichen Zweifel und Fragen zu formulieren. …
Wenn es abgesehen von ungesunden Auswüchsen NICHT stimmt, dass evangelikale Christen die Bibel undifferenziert lesen, eine einseitige Betonung der geistlichen Dimension leben, die Welt nur als böses Umfeld sehen, kirchliche Systeme vor Menschen stellen, unglaubwürdig glauben und nur den strafenden Gott kennen, dann sollte man das da und dort auch sagen. …
Was ich mir wünsche ist, dass leitende Personen in Kirchen und theologischen Ausbildungsstätten das Framing der Evangelikalen nicht nur kritiklos stehen lassen. Ich erlebe (abgesehen von Ausnahmen) viele evangelikalen Leiter, die in der ‘großen Mitte’ stehen, als nahezu mundtot. Wir dürfen auch mal entspannt äußern, dass ein sehr einseitiges Framing stattfindet.
Wir dürfen und sollen das framende Narrativ auch kritisch hinterfragen, und zwar um jener Christen Willen, die tatsächlich Zweifel und Fragen haben. Wenn Leiter keine kritischen Fragen einfließen lassen und den Menschen nicht helfen, selbst kritisch zu denken, laufen sie mit dem irreführenden Narrativ.
Und dieses Narrativ lautet aktuell häufig, dass Evangelikale umfassend weltfremde, menschenfeindliche, apokalyptische Dualisten sind. Dieses Narrativ stimmt einfach nicht. …
Jesus sagt: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. (Joh 20:21)
Ich sehne mich danach, mit vielen Christen aller Couleur und Herkunft, diesen ganzheitlichen Auftrag auszuleben! Kirche zu leben, in der die Botschaft von Jesus so gepredigt wird, dass Menschen von einem Leben ohne oder sogar gegen Jesus umkehren, um mit ihnen zusammen Jesus Christus anzubeten! ...
Ich wünsche mir, dass Christen aller Schattierung und Herkunft, auch Post-Evangelikale Christen am Schein der Medien und irreführenden Narrative vorbei schauen und mit einsteigen in das Abenteuer der Christenheit, Jesu ganzheitliches Heil zu empfangen und weiterzugeben!"
Pastor Paul Bruderer, evangelischer Theologe, Dozent für Dogmatik am Theologischen Seminar St. Chrischona, Pastor der Chrischona Gemeinde Frauenfeld, Elektroingenieur.
(Bruderer, P., 2021, März 14. Die evangelikalen Post-Evangelikalen. Abgerufen am 07. Juni 2024, von danieloption.ch/featured/die-evangelikalen-post-evangelikalen/)
"Wir haben in den letzten zwanzig bis dreißig Jahren mehr Veränderungen erlebt, als Menschen früherer Jahrhunderte in ihrem ganzen Leben.“
Prof. Dr. Carl R. Trueman, Grove City College, Pennsylvania, USA.
(Trueman, C. R., 2024, Juni 17. Hoffnungsvoll trotz gesellschaftlicher Veränderungen. Evangelium21-Konferenz Hamburg. Abgerufen am 17. Juni 2024, von idea.de/artikel/hoffnungsvoll-trotz-gesellschaftlicher-veraenderungen)
"Wir machen alles so wie alle anderen auch, nur 20 Jahre später."
Pfarrer Rudolf Westerheide, Bundespfarrer des Jugendverbands „Entschieden für Christus“ (EC).
(Westerheide, R., 2007, Mai. Hauptamtlichen-Kongress des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbands, Vereinigung Landeskirchlicher Gemeinschaften.)
"Positionen der historisch-kritischen Bibelexegese sind nicht mehr des Teufels; auch unter den Evangelikalen wird über Widersprüche und Irrtümer in der Schrift debattiert. ...
Tendenziell wachse die Zahl der Progressiven seit etwa 20 Jahren kontinuierlich und die der Konservativen gehe langsam zurück … Flügelkämpfe sind programmiert."
Gernot Facius, Journalist.
(Facius, G., 2008. Die „Frommen“ sind auf dem Vormarsch. DIE WELT. Abgerufen im Juli 2024, von welt.de/welt_print/article1702892/Die-Frommen-sind-auf-dem-Vormarsch.html)
"Christen leben ihr Leben oft im Modus des Kampfes. Aber wenn der Glaube nur noch kämpft, dann wird er kraftlos und freudlos."
Pfarrer Dr. Friedemann Fritsch, Studienleiter für Praktische Theologie am Albrecht-Bengel-Haus.
(Fritsch, F., 2024, Juni 19. TurmTreff: Zweifel nicht zum Prinzip erheben. Theologisches Studienhaus ermutigte zu einem selbstbewussten Glauben. IDEA SPEKTRUM, 25.2024, S. 25.)
"Wir leben in einer Welt, in der unsere Seelen viel zu oft in Alarmbereitschaft sind. Das Leben ist komplex geworden ... Ständig wechseln wir die sozialen Settings, laufend wird ein anderes Verhalten von uns verlangt. … Wir sind … oft sehr unter Druck. Wir zeigen das nicht nach außen …
Unsere Welt wird immer verrückter und ich finde, wir sollten darüber reden. Schließlich haben wir nur dieses eine Leben und wir dürfen nicht zulassen, dass es dem Wahnsinn zum Opfer fällt. … Was ist los mit mir? Verwandle ich mich gerade in eine kalte, lieblose Person? …
Unsere Welt ist außer Kontrolle, und wenn wir nicht achtsam sind, reißt sie unsere Seele mit sich in den Abgrund. Ob es einen Ausweg aus diesem Dilemma gibt? Ich glaube, wir bräuchten mehr von Gott in unserem Leben, das würde helfen. … Immerhin ist er die Quelle des Lebens.
„Menschen suchen Zuflucht im Schatten deiner Flügel. Sie dürfen den Reichtum deines Hauses genießen, und aus einem Strom der Freude gibst du ihnen zu trinken. Bei dir ist die Quelle allen Lebens, in deinem Licht sehen wir das Licht“ (Psalm 36,8-10).
Wenn mehr von seinem übersprudelnden Leben durch uns strömen würde, wäre das eine Wohltat für unsere gequälten Seelen. … Das schnelle und von Informationen überflutete Leben setzt der Seele so zu, dass sie nicht mehr in der Lage ist, sich an der Quelle, beim Schöpfer, zu erfrischen und aufbauen zu lassen.
So scheint die Lage in zweifacher Hinsicht aussichtslos. Nachdem ich festgestellt hatte, wie sehr meine Seele schon gelitten hatte, machte ich mich auf die Suche nach Abhilfe. Schnell erkannte ich: Gottes Nähe ist das Heilmittel. Wenn ich mehr von ihm erfüllt bin, kann ich dem Alltag besser standhalten.
Also tat ich, was man als Christ so tut: beten, Bibel lesen, Gott anbeten, Abendmahl feiern. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass meine Beschäftigung mit Gott sich nur oberflächlich auswirkte. …
Glücklicherweise hörte Jesus auch meine oberflächlichen Gebete. Er kam mir zu Hilfe …
Langsam begann meine Seele, sich zu erholen … Mein Leben mit Gott begann, mir wieder Freude zu machen, und schließlich erlebte ich dieses Mehr von ihm, das ich mir so sehr gewünscht hatte. Leben kehrte in meine Seele zurück. …
„Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Ruhe geben. Vertraut euch meiner Leitung an und lernt von mir, denn ich gehe behutsam mit euch um und sehe auf niemanden herab. Wenn ihr das tut, dann findet ihr Ruhe für euer Leben. Das Joch, das ich euch auflege, ist leicht, und was ich von euch verlange, ist nicht schwer zu erfüllen“ (Matthäus 11,28-30 Hfa). ...
Unsere Seelen sind trüb geworden, verletzt, besudelt. Trotzdem können wir immer noch lieben, hoffen und träumen. …
Wir können uns das Leben zurückerobern und wieder frei und unbeschwert leben. Die Welt bleibt grausam, aber Gott ist sanft; er weiß, was es heißt, in dieser Welt zu leben. …
Es tut so gut, an den Gott erinnert zu werden, den wir lieben – sich wieder darauf zu besinnen, wie er wirklich ist, wie gütig und freundlich sein Herz ist."
John Eldredge, Autor.
(Eldredge, J., 2020. Wo die Seele atmen kann: Wege zur Entschleunigung. Brunnen Verlag Gießen.)
"Aufruhr unter evangelikalen Christen." (FAZ)
"Dem sogenannten Mainstream in Deutschland die Stirn zu bieten ist für die rund 600.000 evangelikalen oder pietistischen Christen in Deutschland nichts Ungewöhnliches. Dass sie dabei darüber streiten, wie strikt die Bibel auszulegen ist, ist ebenfalls nicht unüblich. Der Aufruhr, der allerdings derzeit in den evangelikalen Verbänden herrscht, geht über die üblichen Differenzen weit hinaus.
Im Zentrum der Debatte, die sich wieder einmal am Thema Homosexualität festmacht, steht Michael Diener. Der 53 Jahre alte Theologe aus der Pfalz steht nicht nur dem Gnadauer Gemeinschaftsverband vor, in dem etwa 300.000 innerhalb der evangelischen Landeskirchen organisierte Pietisten zusammengeschlossen sind. Diener ist seit einigen Jahren auch Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz, des Dachverbands der evangelikal, pietistisch oder charismatisch orientierten Christen.
Innerhalb dieses weiten Spektrums vertritt Diener eher liberale Auffassungen. Seit Jahren kritisiert er die Fokussierung seiner Bewegung auf das Thema Homosexualität nicht nur als einseitig, sondern auch als wenig zuträglich für das Grundanliegen, Menschen für den Glauben zu gewinnen."
Reinhard Bingener, evangelischer Theologe und FAZ-Korrespondent.
(Bingener, R., 2016, Januar 20. Aufruhr unter evangelikalen Christen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 17, S. 8.)
"Die evangelikale Bewegung zerlegt sich: Die einen gehen auf Schmusekurs mit der Amtskirche, die anderen halten eine Annäherung schon für einen Sündenfall. Steht der Protestantismus vor einer neuen Spaltung? …
Gerade ist ihr Spitzenmann Michael Diener in die Führung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt worden. … Die Hälfte, so schätzen Kenner, liegt wahrscheinlich auf Dieners Reformkurs."
Hannes Leitlein und Wolfgang Thielmann, Redakteure bei Christ & Welt.
(Leitlein, H., & Thielmann, W., 2016, Januar 23. Wertestreit: Im Glauben zerrissen. Christ & Welt, Ausgabe 04/2016.)
"Einer der wesentlichen Punkte … ist die hermeneutische Frage. Wie verhält sich die ja auch kirchlicherseits immer wieder betonte umfassende Autorität der Heiligen Schrift zu ihrer gegenwartsbezogenen Auslegung?
Aus der Beantwortung dieser Frage ergeben sich fast alle Spannungsfelder. Aktuell könnte ich da die Diskussionen um das Verständnis des Sühnetodes Jesu nennen, aber natürlich auch die bleibenden ethischen Differenzen, etwa in der Bewertung der Homosexualität."
Dr. Michael Diener, Theologe und Autor, Dekan, seit 2015 Mitglied im Rat der EKD, 2009-2020 Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, 2012-2016 Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz.
(Diener, M., 2012, 19. Januar. Landeskirchen und Evangelikale kann man nicht trennen. Abgerufen 2012, von evangelisch.de)
"Inzwischen ist das Spektrum universitärer Theologie ebenso wie die Auslegungspraxis an freikirchlichen und missionarischen Werken sehr viel breiter geworden. Der Respekt vor dem kanonischen Endtext und die Anerkennung der Bibel als Wort Gottes ist auch im Bereich der EKD üblicher geworden, ebenso wie historische und wissenschaftliche Schriftauslegung in evangelikalen Kreisen."
Prof. Dr. Thorsten Dietz, Theologe u. Autor, PD Systematische Theologie Philipps-Universität Marburg, seit 2022 Erwachsenenbildung: Fokus Theologie - Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (Zürich), Hauptreferent bei Worthaus, 2005-2022 Lehrauftrag Ev. Hochschule Tabor.
(Dietz, T., 2022. Menschen mit Mission: Eine Landkarte der evangelikalen Welt. SCM R. Brockhaus, 1. Edition, S. 269.)
"Die evangelikale Welt wackelt" …
"Man kann durchaus über historisch-kritische Methoden diskutieren, aber … es reicht uns nicht aus, nur eine Kirche im Dialog zu sein, die die Einheit in Vielfalt beschwört. Eine Kirche, die alle theologischen Meinungen erlaubt, gibt keine Orientierung mehr. …
Den Postevangelikalismus mit seiner Dekonstruktion des Evangeliums gibt es nicht nur im BEFG [Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland], sondern auch in anderen Bünden. Die evangelikale Welt wackelt und sortiert sich neu."
Pastor Alexander Rockstroh, evangelischer Theologe und Betriebswirt, Geschäftsführer des ChristusForums, Mitglied des Präsidiums des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland.
(Rockstroh, A., 2024, April 17. Die evangelikale Welt wackelt. Droht ein Scheidungskrieg zwischen Baptisten und ChristusForum? IDEA – Das christliche Spektrum, 16, S. 17f.)
"Ich glaube, dass ich sagen kann - für unsere Bewegung [Evangelische Allianz], dass die Zahl derjenigen, die die Bibel Wort für Wort wörtlich nehmen - die sagen jedes Wort, jeder Buchstabe ist verbal von Gott inspiriert – und die Bibel ist sozusagen vom Himmel gefallen, dass der Kreis derjenigen nicht allzu groß ist."
Ernst Geldbach, Diskussionsteilnehmer über christliche Fundamentalisten in Deutschland.
(Geldbach, E., 2007, Oktober 7. Hardliner Gottes - die Diskussion. Diskussion mit Meinhard Schmidt-Degenhard über christliche Fundamentalisten in Deutschland. Hessischer Rundfunk, HR Horizonte. Fernsehsendung.)
"Heutzutage gibt es nicht mehr allzu viele Fundamentalisten. Ich weiß nicht, ob Sie das wissen oder nicht, aber sie sind eine kleine Minderheit. ...
Nun, das Wort "Fundamentalist" kommt tatsächlich aus einem Dokument aus den 1920er Jahren mit dem Titel “Die 5 Fundamente des Glaubens”. [Irrtumslosigkeit der Bibel, Jungfrauengeburt, Sühneopfer, leibliche Auferstehung u. Wiederkunft Christi]
Und das ist eine sehr gesetzliche, enge Sicht des Christentums"
Dr. Rick Warren, evangelikaler Theologe.
(Warren, R., 2005, Mai 23. 40 Tage Leben mit Vision. Pew Forum on Religion.)
"Fundamentalismus ist eine Angstreaktion auf die Verunsicherung der Moderne. Für einen Fundamentalisten ist die Bibel das Fundament des Glaubens, in allen Aussagen völlig irrtumslos und unfehlbar. …
Der Pietist sagt: „Ich glaube an Jesus Christus, von dem in der Bibel Zeugnis abgelegt wird." Der Fundamentalist glaubt sowohl an Jesus Christus als auch an die Bibel."
Pfarrer Dr. Christoph Morgner, Theologe, 1989–2009 Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbands.
(Morgner, C., 2009, August 26. Pietisten sind keine Fundamentalisten. ideaSpektrum, 35, S. 15.)
Warren sagt voraus, dass der Fundamentalismus in allen Spielarten "einer der großen Feinde im 21. Jahrhundert sein wird."
"Muslimischer Fundamentalismus, christlicher Fundamentalismus, jüdischer Fundamentalismus, säkularer Fundamentalismus – sie werden alle von Furcht angetrieben."
Dr. Rick Warren, evangelikaler Theologe.
(Warren, R., 2006, Januar 8. The Purpose-Driven Pastor. The Philadelphia Inquirer.)
Dr. Rick Warren (23. Februar 2006)
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"Tatsächlich besteht eine der schlimmsten Sünden des Christentums darin, die Bibel zum Gegenstand des Glaubens gemacht zu haben. …
Dabei ist der Gegenstand des christlichen Glaubens doch gerade nicht die Schrift, sondern Jesus. Mit der Behauptung, dass die Bibel Wort für Wort von Gott inspiriert sei, hat man die historische Kritik an der Bibel erst heraufbeschworen und damit die Krise des traditionellen Christentums mit erzeugt."
Prof. Dr. Herbert Schnädelbach, Philosoph.
(Parzany, U., 2009. Das Streitgespräch. ideaSpektrum, 13/2009, S. 18.)
"Es muss unter uns dem Missverständnis gewehrt werden, als sei das Bibelbuch das Fundament unseres Glaubens.
Paulus sagt uns anderes: Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus (1Kor 3,11). Damit wird die Basis unseres Glaubens markiert. ...
Unser Glaube ist Personglaube, der sich auf Jesus Christus richtet. Betrachten wir dagegen die Bibel als unser Glaubensfundament, kommen wir aus der ständigen Defensive nicht heraus.
Dann werden uns die Zeitgenossen genüsslich auf manche Stellen im Alten Testament hinweisen, in denen von göttlich legitimierter Gewalt die Rede ist. Dann haben wir mit Abwehr und Apologetik, z.B. in der Schöpfungsfrage, genug zu tun,